Zaertliche Eroberung im Herrenhaus
könne sie verurteilen, weil sie so lange an ihrer unglücklichen Ehe festgehalten hatte, anstatt den Mut aufzubringen, sich und Charlie zu retten – ungeachtet der möglichen drohenden Konsequenzen.
Jarrett hatte kaum geschlafen. Er war früh aufgestanden und hatte sich mit belanglosen Tätigkeiten beschäftigt: die Sonntagszeitungen durchblättern, im Internet surfen und so viel Kaffee trinken, dass man mit dem Koffein einen Toten wiederbeleben könnte. Er wollte einfach nur die Zeit füllen, bis er endlich nach High Ridge Hall zu Sophia fahren würde.
Es war, als hätte sie ihn mit einem Zauber belegt. Jarrett konnte kaum noch an etwas anderes denken als an ihr wunderschönes Gesicht und daran, dass er in ihrer Gegenwart ein ganz anderer Mensch zu sein schien: ein Mensch, der viel besser Zugang zu seinen Gefühlen fand, als ihm dies sonst gelang. Die Vorstellung, gegenüber einer Frau so verletzlich zu sein, hätte ihn normalerweise schon längst in die Flucht geschlagen.
Und tatsächlich lief Jarrett bereits sein ganzes Leben lang davon. Immer hatte er sich eingeredet, es sei das Beste, einer dauerhaften Beziehung aus dem Weg zu gehen. Denn so müsste er nicht den Schmerz ertragen, wenn sie in die Brüche ging. Durch den Unfalltod seiner Eltern hatte er als Jugendlicher gelernt, dass Liebe kein Garant dafür war, die Menschen nicht zu verlieren. Also besser gar nicht erst das Risiko eingehen, noch einmal so etwas Schreckliches zu erleiden. Doch über das, was nun hinsichtlich Sophia mit ihm geschah, schien er absolut keine Kontrolle zu haben. Und obwohl es ihm Angst machte, war es auch das Schönste, was er je erlebt hatte.
Jarrett parkte seinen Wagen vor dem alten Herrenhaus und nahm den riesigen Strauß vom Rücksitz, den er Sophia mitgebracht hatte. Dieser bestand aus Blumen, die er selbst in seinem großen Garten gepflückt hatte. Zusammen mit seinem Gärtner war er die Steinplattenwege entlanggegangen und hatte aus den vielen Beeten die schönsten Gewächse ausgewählt.
Er lächelte und schüttelte ein wenig den Kopf, als ihm der betörende Duft der Blüten in die Nase stieg. Sogar sein Gärtner, der schon älter, aber sehr rüstig war, hatte ihm vielsagend zugezwinkert, als Jarrett ihn um Hilfe beim Zusammenstellen des Straußes für „eine Freundin“ gebeten hatte. Andächtig hatte er mit seinen knotigen, rauen Händen die Gartenschere eingesetzt und gesagt: „Ihre Freundin hat aber großes Glück, Mr Gaskill. Ich hoffe, das weiß sie auch.“
Jarrett stieg aus und ging zu dem rostigen Eisentor, das sich zwischen rosa und weiß blühenden hohen Hecken befand. Sein Herz schlug vor Vorfreude, und er hoffte, dass dieser Besuch gut verlaufen würde und er, Jarrett, seinem Wunschtraum einer tiefen Beziehung zwischen ihm und Sophia Markham näher kam.
Doch als er gerade das Tor öffnen wollte, kam Sophia zusammen mit einem gut aussehenden blonden Hünen aus dem Haus. Jarrett blieb wie erstarrt stehen, als der Mann die schlanke brünette Frau liebevoll in die Arme schloss. Dann zog er ihren Kopf an seine Brust und streichelte ihr zärtlich übers Haar.
Jarrett atmete so hörbar aus, als habe ihm jemand einen Schlag in den Magen versetzt. Sophia hatte ihn angelogen! In seinen Ohren begann es zu rauschen, und eine quälende Frage ließ ihn nicht mehr los: Stimmte es überhaupt, dass sie verwitwet war? Falls ja, dann hatte sie offenbar keine Zeit verloren und umgehend einen Nachfolger für ihren Mann gesucht – und gefunden.
Von heftiger Eifersucht und Wut erfüllt, beobachtete er mit angehaltenem Atem, wie Sophia einen Schritt zurücktrat, das Gesicht des fremden Mannes mit den Händen umfasste und ihn unendlich liebevoll anlächelte – als wäre er der wichtigste Mensch in ihrem Leben.
Schließlich konnte Jarrett den Anblick nicht mehr ertragen. Er war so aufgebracht, dass sich in seinem Kopf alles zu drehen schien. Wie hatte er nur so dumm sein können, auf Sophias hübsches Äußeres und ihre berückende Gesellschaft hereinzufallen? Abrupt wandte er sich um und ging zurück zu seinem Wagen. Der Wunsch, vor dieser Szene zu fliehen, war einfach übermächtig.
Auf dem Weg zum Range Rover ließ er den wunderschönen Strauß auf den Boden fallen.
„Warum ist Jarrett nicht gekommen und hat mit mir Kricket spielen geübt, Mummy?“, fragte Charlie traurig, als Sophia ihn ins Bett brachte.
Mit leicht bebender Hand strich sie das Federbett glatt und überlegte, wie sie diese Frage beantworten
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