Zaertliche Eroberung im Herrenhaus
gehen.“
Sophia spürte, wie sich das Gefühlschaos in ihrem Innern ein wenig beruhigte. Dabei war sie nach der furchtbaren Zeit mit Tom entschlossen gewesen, sich von nun an von Männern fernzuhalten, insbesondere von gut aussehenden. Mit zitternder Hand schob sie sich das lange wellige Haar zurück. „Also gut, ich gehe heute Abend mit dir essen. Bist du jetzt zufrieden?“, fügte sie hinzu, um nicht allzu begeistert zu wirken. Dabei freute sie sich unglaublich über die Einladung.
„Ob ich zufrieden bin?“, wiederholte Jarrett. „Nach diesem Kuss?“ Übertrieben gequält fügte er hinzu: „Ich bin bei Weitem nicht zufrieden, Liebling.“
„ Du hast doch aufgehört!“, erinnerte Sophia ihn.
„Ja, das stimmt.“ Plötzlich wirkte er sehr ernst. „Und trotz allem bin ich froh darüber. Ich möchte dich nämlich kennenlernen. Und ich möchte, dass du mich kennenlernst. So fangen gute Beziehungen doch an, oder? Mit einer Freundschaft?“
Starr blickte Sophia ihn an. Denn dieser Gedanke war ganz neu für sie: dass ein Mann und eine Frau Freunde sein konnten, bevor sie ein Paar wurden.
7. KAPITEL
Im gedämpften Licht des Restaurants und der Kerzen, die zwischen ihnen auf dem wunderschön gedeckten Ecktisch standen, stützte Jarrett das Kinn auf die verschränkten Finger und betrachtete die Frau aufmerksam, die ihm gegenübersaß.
Nicht nur die sanfte flackernde Beleuchtung machte ihre Züge so wunderschön: Jarrett wusste, er würde niemals genug davon bekommen, ihr Gesicht zu betrachten. Sophias Augen hatten die Farbe von frisch gemähtem Gras, ihre dunkelbraunen Wimpern waren unglaublich lang. Dann die schmale kleine Nase, der sinnliche markante Mund und die Kerbe im Kinn, die Charakterstärke verhieß. Und die hatte sie in der albtraumhaften Ehe sicher nötig gehabt.
Jarrett hatte noch immer nicht ganz verarbeitet, was sie ihm erzählt hatte. Es war noch viel schlimmer gewesen als erwartet. Bei der Vorstellung, wie sehr Sophia unter ihrem brutalen Ehemann gelitten hatte, konnte sogar ein so friedfertiger Mensch wie er, Jarrett, gewalttätig werden. Er fand, dass Tom ihr und Charlie tatsächlich einen großen Gefallen getan hatte, indem er gestorben war. Doch es machte ihm Sorge, dass sie vielleicht ihr Leben lang psychisch unter den Folgen dieser schlimmen Zeit leiden würde.
Deshalb hatte er sich während des unglaublichen Kusses sanft von Sophia gelöst: Sie sollte nicht glauben, dass er sie auf irgendeine Art ausnutzte. Aber noch nie war ihm etwas so schwergefallen wie die Entscheidung, diese Intimität zu beenden.
Er wollte Sophia nach allen Regeln der Kunst umwerben. Er würde ihr zeigen, dass er ihre Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche respektierte und über seine eigenen stellte. So lange Zeit hatte er auf die richtige Frau gewartet. Und Sophia bedeutete ihm so viel, dass er sie auf keinen Fall mit überstürztem Handeln in die Flucht schlagen wollte. Ein Vogel mit gebrochenen Flügeln konnte doch auch nicht sofort wieder fliegen, ohne dass seine Verletzungen zuvor verheilt waren.
„Worüber denkst du nach?“, fragte sie lächelnd.
„Über dich“, sagte er rau.
„Langweilig – das Thema hatten wir heute doch schon!“ Als sie ein Gesicht schnitt, kam einen Moment lang das kleine Mädchen in ihr zum Vorschein. Ein Mädchen, dem man unsagbar wehgetan hatte.
Jarretts Herz zog sich zusammen. Er verstand nun, warum sie sich beim geringsten Anlass sofort zur Wehr setzte. Sicher hatte die schreckliche Ehe mit Tom ihr jedes Gefühl der Sicherheit geraubt.
Er beugte sich vor und sah ihr in die Augen. „Du und langweilig? Das ganze Dorf stellt Mutmaßungen über dich an. Denn du bist völlig anders als die übrigen Menschen hier. Zugegeben, die Leute sind natürlich zum Teil deshalb neugierig, weil du eine unbekannte Größe bist – sozusagen. Aber sie sind auch neidisch auf dich.“
„Du weißt doch inzwischen, dass es nichts gibt, worauf sie neidisch sein könnten“, antwortete Sophia. „Außerdem möchte ich diese Art Aufmerksamkeit wirklich nicht. Lieber lebe ich wie ein Einsiedler in einer Höhle. Ich möchte mich einfach nur unbehelligt meinen Angelegenheiten und meinem Leben widmen können – ganz normal sein. Ich habe gar keine großen Wünsche und strebe vermutlich nach denselben Dingen wie die meisten Frauen hier: eine gute Mutter zu sein, für meine Arbeit anständig bezahlt zu werden und ein gemütliches Zuhause zu haben, das ich mir leisten kann“, fuhr sie fort.
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