Zärtlicher Hinterhalt
Frau!«
»Ja, und sie hat mich so gut erzogen, wie sie nur konnte. Sie hat mich mit ihrer Liebe überschüttet. Sie versuchte, mich stolz und stark zu machen, aber sie musste mich allein lassen, während sie arbeiten ging.« Sie verzog die Mundwinkel. »Weißt du, die ersten Worte, an die ich mich erinnere, sind ›He, Bastard, lass das!‹ Weil sich das Mädchen, das mich hütete, nicht an meinen Namen erinnern konnte. Und die anderen Kinder auch nicht. Also blieb es bei ›He, Bastard‹.«
Er stützte sich auf die Kirchenbank vor ihr. »Wusste deine Mutter davon?«
»Natürlich nicht, und ich habe es ihr nie erzählt.« Sie erinnerte sich, wie sie es Mutter anvertrauen wollte, es jedoch nicht gewagt hatte.
»Letzte Nacht dachte ich, du würdest Mrs. Trenchard an die Kehle gehen«, warf Dougald ein.
Sie hatte gehofft, er hätte es nicht bemerkt. Dumme Hannah, Dougald merkte alles. »Ich hatte es so lange nicht mehr gehört.
Bastard.
Sie hat mich einen Bastard genannt.« Sie legte die Hand an die Stirn, die Lippen, den Hals. Ihre Gestik verriet, wie aufgebracht sie war; aber sie konnte es nicht lassen, musste sich bewegen, den Schmerz abschütteln – oder die alte Kränkung würde erneut aufbrechen. »Ich dachte, ich hätte es hinter mir.« Sie ließ die Hände in den Schoß sinken, sagte leise und nachdrücklich: »Als Mrs. Trenchard das geäußert hat, wollte ich sie nur noch zum Schweigen bringen, bevor es endgültig alle erfuhren … bevor sich alle gegen mich wandten …«
»Nicht alle. Die Tanten lieben dich.«
»Ich weiß, ich weiß! Aber daran hab ich nicht gedacht. Ich wollte erst kämpfen und dann weglaufen.«
»Oh!« jetzt wurde es ihm klar. »So wie du es bei mir gemacht hast.«
»Da war diese Angst! Je mehr ich mich in dich verliebt habe, desto mehr begriff ich, dass mein Schmerz mich zerstören würde, wenn du mich verließest.« Es tat weh, ihm zu gestehen, wie verletzlich und ängstlich sie gewesen war. Und zu wissen, wie sehr sie es immer noch war. »Du hast mir fast einen Gefallen getan, mir meinen Modesalon zu verweigern. Mein Traum war nicht wirklich zerstört, aber du hast mir den Vorwand geliefert, nach dem ich gesucht hatte. Die Ausrede, die ich benötigte,
dich zu
verlassen.«
Er stand auf und setzte sich gleich wieder. »Himmel, wir hatten nie eine Chance!«
»Nein.« Sie war froh, dass er die Wahrheit erkannte, genau wie sie selbst in diesem Moment. Es hatte zwei gebraucht, ihre Ehe zu zerstören. »Bevor ich nicht wusste, dass ich Freunde haben konnte, dass ich nicht nur der kleine Bastard war, hatte unsere Ehe keine Chance. Und du … du musstest lernen, dass du nicht wie dein Vater sein wolltest.«
»Ich habe nicht
gelernt,
dass ich nicht wie mein Vater sein will. Lediglich gelernt habe ich, dass ich deinetwegen nicht wie mein Vater werden konnte. Wie hätte ich so kalt, gleichgültig und lieblos sein können, wenn du mich doch ständig herausgefordert und mich auf den Gipfel der Leidenschaft gebracht hast.« Vorsichtig nahm er ihre Hände und rieb sie zwischen den seinen. »Ein weiser Spruch besagt, dass man nie zweimal denselben Fluss überquert. Du kannst an der selben Stelle des Ufers stehen, aber das Wasser ist längst ins Meer geflossen. Wir stehen am Ufer eines Flusses, wo wir schon einmal waren. Aber der Fluss ist nicht der selbe.«
»Wir sind nicht mehr dieselben.« Sie drückte seine Hand. »Und ich würde gern wieder mit dir diesen Fluss überqueren.«
Ein Lächeln verzauberte Dougalds Gesicht. Ein offenes Lächeln, eines, das den alten, charmanten Dougald mit dem neuen schweigsamen vereinte. »Fragst du mich, ob ich dich heiraten will?«
Wenn sie jetzt nachgab, hatte er gewonnen, und sie gehörte für immer ihm. Doch der Dougald, der nun ihre Hände hielt, glaubte an sie. Er hatte ihr seine Vergangenheit dargelegt, hörte ihr zu, wenn sie sprach – hatte eine Kugel abgefangen, die für sie bestimmt gewesen war. Sie musste ihm ihr Vertrauen schenken. Vielleicht war es keine Liebe, vielleicht nicht mehr als Leidenschaft, aber es war Dougald, und er war, was sie wollte.
Also holte sie Luft und sagte: »Weißt du noch, als du zugegeben hast, dass du mich verliebt machen wolltest, um mich zu unterjochen und deine ehelichen Rechte durchzusetzen?«
Er rutschte unruhig herum. »Ja.«
»Gut … die Hälfte deines Plans ist aufgegangen.«
Stürmisch riss er sie in seine Arme, hielt sie fest, seine Wange an ihrem Haar. »Du hast mich glücklicher gemacht, als ich es
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