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Zärtlicher Hinterhalt

Zärtlicher Hinterhalt

Titel: Zärtlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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hatte man außerhalb verscharrt. Nur die Blumen blieben mit hängenden Köpfen und verflogenem Duft zurück. Die Blumen, Dougald und Hannah.
    Sie saßen Seite an Seite alleine in der Kapelle, berührten einander nicht, und die schwere Stille dehnte sich so unendlich, dass Hannah am liebsten geflüchtet wäre.
    Endlich kommentierte Dougald: »Ein grausamer Tag!«
    Hannah war ihm dankbar, dass er am Ende doch noch etwas sagte. »Ich weiß nicht, irgendwie ist heute noch mehr begraben worden als Mrs. Trenchard und Tante Springs kleine Tochter.«
    Er wandte sich ihr zu, die schwarzen Brauen hochgezogen, bleich das Gesicht. »Und was?«
    Hannah erinnerte sich an letzte Nacht. Wie sie den winzigen Sarg entdeckt hatten, an Mrs. Trenchards Geständnis, an den Ohnmachtsanfall, den die Haushälterin auf der Treppe erlitten haben musste, und ihren fatalen Sturz hinunter. Nach den Ereignissen der letzten Nacht hatte Dougald guten Grund, alarmiert zu sein, wenn ohne sein Wissen etwas Weiteres zu Grabe getragen worden war. »Ich wollte nur sagen, dass Tante Spring und die Raeburn-Ländereien von einer großen Last befreit sind. Das Rätsel ist gelöst, der Makel bereinigt, und morgen ist ein neuer Tag.« Sie lächelte ihn in der Hoffnung an, dass er zurücklächeln würde. »Morgen heißen wir die Königin von England willkommen!«
    »Und zwar deinetwegen, Liebe.« Er lächelte nicht, und sein förmliches Lob ließ ihr kalt werden. »Weil du zugehört hast, als Tante Spring von ihrer verlorenen Liebe sprach.«
    Er trug einen schwarzen Anzug und eine unversöhnliche Miene zur Schau. Die Leichtigkeit, die gestern noch zwischen ihnen geherrscht hatte, war verschwunden. Sie wusste nicht, weshalb. Gestern Nacht, hier in der Kapelle, hatte sie die Verwandlung miterlebt. Er hatte sie angestarrt, durchdringend, immer nur sie. Dann meldete sich Seaton auf einmal zu Wort, und Dougald, der ihre Hand gehalten hatte, der zuhörte, wenn sie mit ihm redete, der ihre Meinung respektierte – diesen Dougald gab es plötzlich nicht mehr. An seine Stelle war wieder der alte, abweisende Dougald getreten, der Herr des Hauses.
    Bereute er, was er gestern gesagt hatte? All die Wahrheiten enthüllt zu haben? Hatte sie irgendetwas falsch gemacht, ihm ins Gedächtnis gerufen, wie sehr er die Heirat bereute?
    Hatte er vor, sie auf der Stelle zu verabschieden?
    Hannah ihrerseits benahm sich wie eine jede Frau, die damit rechnete, verstoßen zu werden. Sie saß gelassen da, den Rücken gerade, die Hände ruhig, und bemühte sich, ihren entspannten Gesichtsausdruck aufrechtzuerhalten. Kurz gesagt, sie benahm sich anmutig und würdevoll. »Tante Spring ist vielleicht manchmal verwirrt, aber nicht verrückt. Letzte Nacht hat sie um zwei Menschen geweint, heute hat sie sie beide in der Familiengruft bestattet, und bald wird sie oben im Handarbeitszimmer mit den anderen Tanten letzte Hand an den Wandteppich legen.«
    »Du magst Tante Spring, nicht wahr?«
    »Sehr sogar.« Hannah betrachtete die Nachmittagssonne, wie sie durchs Glasfenster fiel und Dougalds schwarzen Anzug und sein geliebtes Gesicht mit azurblauen, goldenen und karmesinroten Streifen überzog. »Die Tanten sind entzückend, und keine von ihnen schien sonderlich erstaunt, die Geschichte von Tante Springs Baby zu hören.«
    »Sie wird sie ihnen erzählt haben.«
    »Ich weiß nicht. Es ist schwer, über etwas so Schmerzliches zu reden. Aber die Wahrheit war immer da, wenn man nur zuhörte«, meinte Hannah.
    »Soll das heißen, ich höre nicht zu?«, fragte er abrupt.
    »Nein, das soll es nicht.«
    »Vermutlich stimmt es doch. Mein Vater hat niemals zugehört, und ich habe mich angestrengt, zu werden wie er. Bis vor kurzem ist mir das auch sehr gut gelungen.« Er lehnte sich vor, stützte die Ellenbogen auf die Oberschenkel und starrte den Altar an. »Hat meine Großmutter dir je von Vater und mir erzählt?«
    Hannah hielt den Atem an. Dougald wollte von sich selbst erzählen. Von der Vergangenheit. Von
ihr.
Sie bemühte sich um einen einigermaßen fröhlichen Ton: »Nein, als ich bei ihr nachhakte, sagte sie, dein Vater sei ein Heiliger gewesen und du ein kleiner Heiliger.«
    Er lachte wie erwartet, aber schaute sie immer noch nicht an. »Das sieht ihr ähnlich. Großmutter hat sich als die Friedensstifterin der Familie betrachtet, und wenn sie deswegen lügen musste, hielt sie die Lüge für gerechtfertigt.«
    Hannah betrachtete Dougalds Hände. Sie waren ineinander verschränkt und die Knöchel

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