Zärtlicher Hinterhalt
ist schon seit der Tudorzeit hier in der Gegend ansässig, und mancher würde sagen, sie hätten das Recht, um sich selber zu kreisen.«
»Sie sterben sowieso aus«, stellte Tante Isabel fest. »Ihnen fehlen Erben.«
Dougald knetete Hannahs Rock mit der bandagierten Faust. »Sie haben doch erzählt, Tante Spring, die Burroughs hätten den einzigen Sohn verloren, kurz nachdem sie ihm die Erlaubnis verweigert hatten, eine gewisse Miss Carola Thomlinson zu heiraten?«
Hannah hörte so plötzlich zu zerren auf, dass sie beinahe rückwärts auf Dougald gestürzt wäre. Sie fing sich gerade noch, bevor sie auf seinem Schoß landete, und schoss wütend herum.
Da thronte er auf seinem Stuhl, kalt und unerbittlich, der Mann, der über all ihre Geheimnisse Bescheid wusste. Der Mann, der wusste, an welchen Fäden er bei Hannah zu ziehen hatte. Der Mann, der den Namen ihrer Mutter kannte und wusste, wie verzweifelt Hannah nach ihrer Familie suchte. Hannah wollte um jeden Preis herausfinden, ob sie noch Angehörige hatte. Dougald hatte gewusst, dass sie nach Lancashire kommen und bleiben würde, was immer er auch sagte oder tat – weil sie sich erhoffte, wenigstens ihre Großeltern zu finden. Vermutlich war er auch derjenige, der ihre Nachforschungen sachte in diese Richtung gelenkt hatte.
Kein Wunder, dass er so zuversichtlich wirkte.
»Burroughs«, probierte sie den Namen aus. »Burroughs.« Der Nachname ihres Vaters. Der Name, den sie nie herausbekommen hatte. Ihre Mutter hatte ihr den Namen nie verraten. Hannah hatte immer wieder nachgehakt; doch es hatte ihrer Mutter solchen Schmerz bereitet, dass Hannah wartete und wartete – bis es zu spät gewesen war und ihre Mutter ihr nichts mehr erzählen konnte.
Dougald kannte den Namen ihrer Großeltern, der Eltern ihres Vaters. Sie wandte sich an Tante Spring und konnte jene gierige Verzweiflung nicht verbergen, die nur ein Waisenkind empfindet. »Können Sie mir sagen, wo sie leben?«
Tante Spring lächelte. »Kennen Sie die Burroughs denn, meine Liebe?«
»Nein. Nein, aber ich …«
»Freunde der Familie, zweifellos«, bemerkte Tante Ethel.
»Ja.« Hannah sah sich um und fand aller Augen auf sich gerichtet. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sich erklären zu müssen. Warum auch? Sie hatte damit gerechnet, über einen längeren Zeitraum diskrete Nachforschungen anstellen zu müssen. Niemals hatte sie erwartet, in Raeburn Castle auf Dougald zu treffen – was es ihr unmöglich machen würde zu bleiben. Und genauso unmöglich zu gehen. »Obwohl es so viele Jahre her ist, vermute ich doch … Sie wissen sicher nichts von mir.«
Geheucheltes, freudiges Erstaunen in der Stimme, sagte Dougald: »Tante Spring, ich habe eine Idee. Warum laden wir die Burroughs nicht ein, uns zu besuchen. In, sagen wir, einem Monat? Bis dahin hat sich Miss Setterington in ihre neue Position eingelebt, und wir wissen mehr über sie und ihre Beziehung zu diesen Leuten.«
Tante Spring klatschte in die Hände. »Großartig, Dougald! Ich schreibe ihnen auf der Stelle.«
»Aber schreiben Sie nichts von Miss Setterington«, instruierte er sie. »Wir wollen sie nicht zu früh ankündigen.«
»Es wird aufregend werden, ihre Gesichter zu sehen«, stimmte Tante Spring zu. »Wäre das akzeptabel für Sie, Miss Setterington?«
Hannah schaute Tante Spring ins Gesicht, das vor Vorfreude strahlte. Sie sah die Tanten, die vergnügt ihren Bescheid erwarteten. Auch Sir Onslow beobachtete sie. Sie registrierte Charles und Mrs. Trenchard, die die Szene verfolgten – wie alle Bediensteten es zu tun pflegten –, als hinge ihr eigenes Schicksal davon ab.
Und sie starrte finster Dougald an, selbstgefällig und zufrieden, wie er war; angeschlagen, aber unschlagbar und wie immer siegesgewiss.
Sie beugte sich dem Unausweichlichen und sagte: »Das wäre mir recht, Tante Spring. Es wäre mir sehr recht.«
Kapitel 12
Hatte sie wirklich geglaubt er werde sie gehen lassen?
Dougald schaute Hannah nach, wie sie, umgeben von den alten Damen, die er unter seine Fittiche genommen hatte, den kleinen Speisesaal verließ, und lachte leise. Bitter.
Schon kurz nachdem Hannah ihn verlassen hatte, hatte er sich daran gemacht, die Identität ihrer Großeltern herauszufinden. Er hatte sich ausgemalt, ihr sein Ergebnis wie ein Geschenk zu überreichen; daraus sollte sie entnehmen, dass es richtig war, zu ihm zurückzukehren. Nur war sie nie zurückgekehrt, und nun behielt er sein Wissen wie ein Geizhals für sich. Sie würde ihn
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