Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight
festgelegt, und er schien nicht die Absicht zu haben, davon abzuweichen.
Die Veränderungen an ihm wurden vom Hotelpersonal am ersten regulären Tag nach seiner Rückkehr mit freudigem Staunen bemerkt. Poppy hatte für alle ein Geschenk mitgebracht: Töpfe mit frischem Honig für die Manager und die Empfangsleute, ein Stück Klöppelspitze für Mrs Pennywhistle, Hampshire Bauernschinken und Räucherspeckseiten für Küchenmeister Broussard und Küchenmeister Ruppert sowie das Küchenpersonal, und für Jake Valentine ein Schaffell, das von Hand gegerbt und mit glatten Steinen zu butterweichem Handschuhleder verarbeitet worden war.
Nachdem Poppy die Geschenke überreicht hatte, setzte sie sich in die Küche und plauderte lebhaft über ihren Urlaub in Hampshire. »… und wir haben ein Dutzend Trüffeln gefunden«, erzählte sie Küchenmeister Broussard, »jede einzelne fast so groß wie meine Faust. Und alle am Fuße eines Buchenbaums, knapp einen halben Zoll unter der Erde. Und raten Sie mal, wie wir die gefunden haben? Das Frettchen meiner Schwester hat sie entdeckt! Er rannte einfach darauf zu und fing an zu knabbern.«
Broussard seufzte versonnen. »Als ich ein Junge war, lebte ich eine Zeit in Périgord. Die Trüffel, die es dort gab, trieben einem die Tränen in die Augen. So köstlich und exquisit! Sie wurden im Allgemeinen nur von Adligen und ihren Mätressen gegessen.« Er sah Poppy erwartungsvoll an. »Wie haben Sie sie zubereitet?«
»Wir haben etwas Lauch kleingeschnitten, ihn in Butter und Sahne kurz angebraten, und …« Sie hielt inne, als das gesamte anwesende Personal in einem plötzlichen Anfall von Aktivität zu schrubben, zu hacken und zu rühren anfing. Ein Blick über die Schulter verriet ihr, dass Harry soeben die Küche betreten hatte.
»Sir«, sagte Mrs Pennywhistle, als sie und Jake aufstanden.
Harry bedeutete den beiden, sitzen zu bleiben. »Guten Morgen«, sagte er mit einem Lächeln. »Entschuldigen Sie die Störung.« Er ging zu Poppy, die auf ihrem Stuhl sitzen geblieben war. »Mrs Rutledge«, murmelte er, »ich frage mich, ob ich Sie für ein paar Minuten entführen dürfte. Es …« Er verstummte, als er in das Gesicht seiner Frau starrte. Sie hatte mit einem koketten Grinsen zu ihm hochgesehen, und darüber hatte er offensichtlich den Faden verloren.
Und wer konnte ihm das verdenken? , dachte Jake Valentine, der zugleich amüsiert und fasziniert war. Obwohl Poppy Rutledge schon immer eine schöne Frau gewesen war, ging von ihr nun ein besonderes Leuchten aus, und ihre blauen Augen funkelten wie nie zuvor.
»Der Kutschenmacher«, begann Harry, als er sich wieder gesammelt hatte. »Die Kutsche wurde soeben geliefert. Ich hatte gehofft, du würdest kurz mitkommen und sie dir ansehen, um sicherzugehen, dass alles zu deiner Zufriedenheit geschehen ist.«
»Sehr gerne!« Poppy nahm noch einen Bissen von ihrer Brioche, einem warmen runden Hefegebäck mit Zuckerglasur und einem Hauch von Butter und Marmelade. Sie hielt Harry das letzte Stückchen hin. »Der Rest für dich?«
Sie sahen alle voller Staunen zu, wie Harry den Leckerbissen bereitwillig in seinem Mund verschwinden ließ. Und während er mit einer Hand ihr Handgelenk festhielt, leckte er einen kleinen Marmeladenklecks von ihrer Fingerspitze. »Köstlich«, sagte er und half ihr vom Stuhl auf. Er warf den anderen einen Blick zu. »Ich bringe sie in Kürze wieder zurück. Und Valen-tine …«
»Jawohl, Sir?«
»Ich bin darauf aufmerksam geworden, dass Sie schon allzu lange keinen Urlaub mehr genommen haben. Ich möchte, dass Sie unverzüglich etwas für sich arrangieren.«
»Ich wüsste gar nicht, was ich im Urlaub tun sollte«, protestierte Jake, und Harry lächelte.
»Deshalb, Valentine, brauchen Sie einen.«
Nachdem Harry mit seiner Frau die Küche verlassen hatte, blickte Jake die anderen sprachlos an. »Er ist ein völlig anderer Mensch«, stellte er benommen fest.
Mrs Pennywhistle lächelte. »Nein, er wird immer Harry Rutledge bleiben. Nur ist er jetzt … Harry Rutledge mit einem Herz.«
Da das Hotel praktisch als Klatschzentrale fungierte, war Poppy über Skandale und persönliche Enthüllungen von Leuten aus allen Teilen Londons eingeweiht. Zu ihrer Bestürzung gab es auch immer wieder Gerüchte über den unaufhaltsamen Niedergang von Michael Bayning … seine häufige öffentliche Trunkenheit, seine Spielsucht, Schlägereien und alle möglichen anderen Verhaltensweisen, die einem Mann von seinem Rang
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