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Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Titel: Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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unwürdig waren. Manche dieser Gerüchte standen freilich in Zusammenhang mit Poppy und ihrer überstürzten Hochzeit mit Harry. Poppy machte es unendlich traurig zu hören, was für ein Schlamassel Michael aus seinem Leben machte, und sie wünschte sich, sie könnte etwas dagegen unternehmen.
    »Das ist das einzige Thema, über das ich mit Harry nicht sprechen kann«, erzählte sie Leo, als sie ihn eines Nachmittags in seinem Haus besuchte. »Es bringt ihn in eine verdammt üble Stimmung – er wird sehr still und ernst, und letzte Nacht haben wir uns sogar darüber gestritten.«
    Leo nahm ihr eine Tasse Tee ab und hob höhnisch eine Augenbraue. »Schwesterherz, so gerne ich auch in allen Dingen deine Partei ergreifen würde … warum solltest du mit deinem Ehemann über Michael Bayning reden wollen? Und was zum Teufel gibt es darüber zu streiten? Dieses Kapitel in deinem Leben ist abgeschlossen. Wäre ich verheiratet – was gottlob nie der Fall sein wird –, würde ich dem Thema Bayning mit ebenso wenig Begeisterung begegnen wie Harry.«
    Poppy blickte stirnrunzelnd in ihre Tasse und rührte langsam ein Zuckerstück in den dampfenden bernsteinfarbenen Sud. Sie wartete, bis sich der Zucker ganz aufgelöst hatte, ehe sie antwortete. »Ich fürchte, Harry hat Anstoß an einer Bitte genommen, die ich vorgebracht habe. Ich teilte ihm mit, ich wolle Michael besuchen und ihm ein wenig Vernunft beibringen.« Und als sie Leos Gesicht sah, fügte sie verteidigend hinzu: »Nur für ein paar Minuten! Einen überwachten Besuch. Ich bot ihm sogar an, er könne mich gerne begleiten. Aber er untersagte es mir mit herrischer Geste, bevor ich ihm überhaupt erklären konnte, warum …«
    »Er hätte dich übers Knie legen sollen«, fiel Leo ihr ins Wort. Als ihr die Kinnlade herunterklappte, setzte Leo die Tasse ab und nahm ihre Hände in die seinen. In seinem Gesicht spiegelte sich eine merkwürdige Mischung aus Tadel und Mitgefühl. »Poppy, meine Liebe, du hast ein gütiges Herz. Und ich bezweifle nicht, dass ein Besuch bei Bayning für dich ein Akt der Barmherzigkeit ist, wie wenn Beatrix einen Hasen aus einer Falle befreit. Aber hier wird klar, dass du immer noch erschreckend wenig über uns Männer weißt. Da es nun einmal mir zufällt, dir zu erklären … wir sind nicht halb so zivilisiert, wie du zu glauben scheinst. Tatsächlich waren wir zu einer Zeit, in der wir einen Rivalen einfach mit der Lanze davonjagen konnten, sehr viel glücklicher. Harry also zu bitten, dir – der offenbar einzigen Person auf der Welt, die ihm etwas bedeutet – zu erlauben, Bayning zu besuchen und seine verletzten Gefühle zu beschwichtigen …« Leo schüttelte den Kopf.
    »Aber Leo«, protestierte Poppy, »du erinnerst dich doch noch an die Zeit, in der du die gleichen Dinge getan hast wie Michael jetzt. Ich hatte geglaubt, du hättest vielleicht Mitleid mit ihm.«
    Leo gab ihre Hände wieder frei und lächelte, aber seine Augen blieben davon unberührt. »Die Umstände waren ein wenig anders. Ich musste zusehen, wie ein Mädchen, das ich liebte, in meinen Armen starb. Und ja, in der Zeit danach habe ich mich sehr schlimm benommen. Sogar schlimmer als Bayning. Aber ein Mann auf diesem Weg ist nicht zu retten, liebste Schwester. Er muss den Sprung über die Klippe wagen. Vielleicht wird Bayning den Fall überleben, vielleicht nicht. In beiden Fällen … nein, ich habe kein Mitleid mit ihm.«
    Poppy hob die Tasse an ihre Lippen und nahm einen heißen, belebenden Schluck. Nun, da sie Leos Standpunkt kannte, fühlte sie sich unsicher und sogar ein bisschen verlegen. »Dann werde ich die Sache wohl fallenlassen«, meinte sie. »Vielleicht war es falsch von mir, das von Harry zu verlangen. Vielleicht sollte ich mich bei ihm entschuldigen.«
    »Und das«, sagte Leo zärtlich, »ist eine Eigenschaft, die ich schon immer an dir bewundert habe, Schwesterherz. Die Bereitschaft, etwas noch einmal zu überdenken und gegebenenfalls sogar deine Meinung zu ändern.«
    Nachdem sie sich von ihrem Bruder verabschiedet hatte, ging Poppy zum Juweliergeschäft auf der Bond Street. Sie holte ein Geschenk ab, das sie für Harry hatte machen lassen, und kehrte ins Hotel zurück.
    Glücklicherweise hatten sie und Harry für diesen Abend geplant, sich das Abendessen in ihr Apartment kommen zu lassen. Das würde ihr die Zeit und Privatheit geben, die sie brauchte, um über ihren Streit vom Vorabend zu sprechen. Und sie würde sich entschuldigen. In ihrem

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