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Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Titel: Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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obwohl die Sonne warm vom Himmel schien.
    »Michael«, flüsterte sie.
    Harry warf ihr einen scharfen Blick zu.
    Der sorgenfreie junge Mann, als den sie ihn einst kennengelernt hatte, hätte sich niemals zu einer derart schäbigen und unverantwortlichen Szene hinreißen lassen. Ein Teil von ihr sehnte sich nach ihm, ein Teil von ihr war entsetzt, und noch ein anderer Teil von ihr war einfach nur wütend. Er kam zu ihr nach Hause – denn als solches betrachtete sie das Hotel – und machte einen Aufstand, und das Schlimmste von allem, er brachte unschuldige Menschen in Gefahr. Er hätte jemanden ernsthaft verletzen, womöglich sogar töten können. Mein Gott, im Hotel gab es auch Kinder – hatte Michael denn überhaupt nicht an ihre Sicherheit gedacht? Und er hatte den armen Mr Lufton zu Tode erschreckt.
    Poppy schnürte es die Kehle zu, die Wut und der Kummer stachen wie Pfeffer in ihren Augen. Sie wünschte, sie könnte auf der Stelle zu Michael gehen und ihn anschreien. Und sie hätte auch Harry gerne angeschrien, weil niemand bestreiten konnte, dass der Vorfall eine Folge seines Verrats war.
    Beschäftigt mit ihren eigenen aufgewühlten Gedanken, war ihr nicht bewusst, wie viel Zeit verging, bis Harry schließlich das Schweigen brach.
    Er sprach in einer Weise, die sie am allermeisten hasste. Es war der leicht amüsierte, verächtliche und gefühllose Ton eines Mannes, der sich einen Dreck um alles scherte.
    »Er hätte seinen Mordversuch klüger anstellen müssen. Hätte er sich ein bisschen Mühe gegeben, dann hätte er eine wohlhabende Witwe aus dir machen können, und dann hättet ihr beide doch noch euer Happy End gehabt.«
    Harry wusste sofort, dass er das nicht hätte sagen dürfen – es war genau die Art kaltblütiger Sarkasmus, auf den er immer zurückgriff, wenn er glaubte, sich verteidigen zu müssen. Noch bevor er im Augenwinkel Merripen sah, der warnend den Kopf schüttelte und sich mit dem Finger die Kehle durchschnitt, bereute er es bereits.
    Poppy glühte, ihr Blick war finster. »Wie kannst du nur so etwas Scheußliches sagen!«
    Harry räusperte sich. »Tut mir leid«, sagte er knapp. »Ein dummer Scherz. Es war geschmack…« Er duckte sich, als etwas auf ihn zugeflogen kam. »Was zum Teufel …«
    Sie hatte etwas nach ihm geworfen, ein Kissen.
    »Ich will keine Witwe sein, ich will Michael Bayning nicht, und ich will nicht, dass du über solche Dinge Witze machst, du taktloser Trottel !«
    Als die anderen sie mit offenem Mund anstarrten, sprang Poppy auf und marschierte davon, die Hände zu Fäusten geballt.
    Unter dem Eindruck ihres Zornausbruchs starrte Harry ihr sprachlos nach. Dann stellte er die erstbeste Frage, die ihm in den Sinn kam: »Hat sie eben gesagt, sie will Michael Bayning nicht?«
    »Ja«, sagte Win, und ein Lächeln schlich um ihre Lippen. »Das hat sie gesagt. Lauf ihr nach, Harry.«
    Jede Faser seines Körpers verlangte danach, diesen Rat zu befolgen. Nur, dass er das Gefühl hatte, am Rand einer Klippe zu stehen, und das erste falsche Wort könnte ihn in den Abgrund hinunterschicken. Er warf Poppys Schwester einen verzweifelten Blick zu. »Was soll ich ihr sagen?«
    »Sei ehrlich zu ihr. Zeig ihr, was du wirklich fühlst«, schlug Win vor.
    Harry runzelte die Stirn, als er darüber nachdachte. »Und was ist die Alternative?«
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Merripen an Win gerichtet, bevor sie etwas antworten konnte. Er stand auf, schlang einen starken Arm um Harrys Schultern und ging mit ihm zum Rand der Terrasse. Poppys wütende Gestalt war in der Ferne auszumachen. Sie ging die Zufahrtsstraße zum Hausmeisterhäuschen hinunter, ihre Röcke und Schuhe wirbelten winzige Staubwolken auf.
    Merripen sprach in einem langsamen, freundlichen Ton, so als fühlte er sich gezwungen, einen glücklosen Freund vor einer drohenden Gefahr zu beschützen. »Hör auf meinen Rat, gadjo … Streite nie mit einer Frau, wenn sie in dieser Verfassung ist. Sag ihr, du hättest Unrecht und es täte dir wahnsinnig leid. Und versprich ihr, es nie wieder zu tun.«
    »Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was ich getan habe«, erwiderte Harry.
    »Das macht nichts. Entschuldige dich trotzdem.« Merripen zögerte, dann fügte er flüsternd hinzu: »Und wann immer deine Frau wütend ist … um Gottes willen, versuch es nicht mit Logik.«
    »Das habe ich gehört«, ertönte Wins Stimme von der Chaiselonge.
    Harry holte Poppy ein, als sie auf halber Strecke zum Hausmeisterhäuschen war.

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