Zärtlichkeit des Lebens
ein. Er notierte sich in Gedanken, daß er mit dem Portier sprechen sollte. Dann drehte er sich um und musterte seinen Gast von den Zehenspitzen bis zum Scheitel. Ihre Haut war milchig weiß, ohne jede Spur von Sonnenbräune; die Beine, ein wenig kurz, aber wohlgeformt, führten zu einem runden, sanft geschwungenen Po. Ihr Busen mit den dunklen Brustwarzen war so voll, wie es die Hüften verhießen.
»Brandy?« fragte er im Plauderton und prostete ihr mit seinem Schwenker zu.
Gloria erhob sich lasziv. Sie hielt kurz inne, um sich das Haar auf den Rücken zu schleudern; dabei wiegten sich ihre runden Brüste. Sie schaute ihm in die Augen, während sie auf ihn zuging.
»Zu Jacks Lebzeiten hättest du mich nicht angefaßt. Ich habe dir nie gesagt, daß ich dich begehre, weil du sein Freund warst.
Jack ist jetzt seit sechs Monaten tot.« Sie ließ die Hände unter seinen Kimono gleiten und legte ihm die Handflächen auf die noch feuchte, dichtbehaarte Brust. Als sie weitersprach, klang ihre Stimme heiser. »Ich kann nicht ewig trauern, Byron. Das würde Jack auch gar nicht wollen.«
Byron nahm ihre Hände behutsam von seiner Brust, trank beiläufig einen Schluck Brandy und stellte dann sein Glas ab.
»Du hast keine sechs Minuten getrauert, geschweige denn sechs Monate. Jack hat dich aus einem elenden Sumpf in Louisiana herausgeholt und dir eine Handvoll Kreditkarten gegeben. Er wollte dich immer nur glücklich machen und dich vorzeigen – wie das eben ein alter Mann mit einer Schwäche für Spielzeug tut. Und du hast die fünf Jahre Ehe durchgehalten, weil du mit deinen gierigen kleinen Händen auch noch an den Rest seines Geldes kommen wolltest.«
Gloria senkte den Blick. Sie hatte Byron zu lange begehrt, als daß sie jetzt riskieren wollte, ihn zu verlieren. Nächtelang hatte sie schwitzend neben dem alten Mann gelegen und an Byron gedacht. »Byron, bitte.« Ihre Lippen strichen über seine Brust, dort wo sich die Kimonoblenden trafen. Nur mit Mühe beherrschte sie ihren Impuls, ihm über die Haut zu lecken. Ihre Finger fummelten an seinem Gürtelknoten. »Ich fühle mich so einsam. Und möchte wieder geliebt werden.«
Er hob mit der Hand ihr Kinn so weit hoch, bis sich ihre Blicke trafen. »Du bist seit Jacks Beerdigung ein Dutzendmal
geliebt
worden, und zweifellos auch schon zu seinen Lebzeiten heimlich ein paarmal. Ich kenne Hunderte wie dich.«
Wütend riß sie sich los, aber er packte sie am Arm. Ihr hilfloses Kleinmädchengesicht war durch den Zorn wie verwandelt. Die kühlen blauen Augen schimmerten so hart wie Diamanten.
»Du weißt, was du bist, Gloria, und solltest die Tatsache schätzen, daß ich es auch weiß und mich einen Dreck drum schere. Übrigens« – er zog sie näher zu sich heran, bis ihre Brüste sich an seinen Brustkorb preßten – »mag ich dich lieber ohne das Getue. Du bist hierhergekommen, weil du etwas wolltest. Nennen wir es doch beim Namen.«
Ihr Kopf fiel nach hinten, und sie schüttelte ihn, um sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht zu werfen. Dann lächelte sie, und ihr Lächeln war nicht länger unschuldig oder hilflos. So gefiel es ihr besser. Sie wollte lieber als Katze denn als Kätzchen behandelt werden. Nachdem sie fünf Jahre lang der Wunschtraum eines alten Mannes gewesen war, wünschte sie sich jetzt das erregende Erlebnis, die Wirklichkeit eines jungen Mannes zu sein. »In Ordnung.« Ihre Hände glitten unter seinen Seidenkimono und wanderten die Rippen hinunter. »Ich bin hergekommen, weil ich dich will. Ich begehre dich schon seit Jahren, vom ersten Augenblick unserer Bekanntschaft an. Es ist allgemein bekannt, daß du nicht mit verheirateten Frauen schläfst. Ich mußte also warten. Jedesmal, wenn ich mir einen Liebhaber nahm, stellte ich mir vor, du wärst es. Ich habe von dir geträumt – und von dem, was wir miteinander alles anstellen könnten. Du wirst nicht enttäuscht sein«, fügte sie flüsternd hinzu, während sie ihm die Hüften streichelte. »Ich bin wirklich sehr gut.«
»Darauf gehe ich jede Wette ein«, murmelte er.
Ein schmaler Sonnenstrahl fiel ihr schräg über das Gesicht.
Byron beobachtete, wie ihre Gesichtszüge fein und zart und ihre Lippen voller zu werden schienen. Selbst ihre Augenfarbe veränderte sich von Blau zu einem zarten, mit Grün gesprenkelten Braunton. Der plötzliche Wildblumenduft raubte ihm fast den Atem.
»Verdammt«, fluchte Byron. »Zum Teufel noch mal!« Er vergrub den Mund an Glorias Hals – und glaubte
Weitere Kostenlose Bücher