Zärtlichkeit des Lebens
Brauen hoben sich bis in die zerzausten Locken.
»Es heißt, sie sind sexuell unersättlich.«
»Wirklich?« Dallas lachte übers ganze Gesicht und legte den ersten Gang ein. »Ich mach’ mich besser auf die Socken. Guten Flug.« Sie zischte wie der Blitz davon, und Sarah sah noch, wie sich Dallas auf wundersame Weise durch den Flughafenverkehr schlängelte, ehe sie das Terminal betrat.
Die Klimaanlage traf sie mit voller Wucht. Zitternd fragte sie sich, warum sich niemand mit vernünftigen 22 Grad zufriedengab, und stieß direkt auf Byron. Leute schwirrten um sie herum, über Lautsprecher wurden Starts und Landungen durchgegeben, aber sie starrte nur ihn an und verlor sich für einen Moment in seinen Augen.
Er hatte sie an den Armen gepackt, als sie sich zu ihm umgedreht hatte, und ließ sie noch immer nicht los. Etwas an ihrem überraschten, selbstvergessenen Blick gefiel ihm.
Während ihres Schweigens geschah irgend etwas, aber keiner von beiden gestand es sich ein. Der ganze Vorfall schien endlos, dauerte aber nicht länger als zehn Sekunden. Byron brach schließlich den Blickkontakt und musterte sie von oben bis unten. »Sie schauen aus, als kämen Sie gerade aus dem Windkanal.«
Sarah trat einen Schritt zurück, wobei sie sein kurzes Zögern spürte, ehe er ihren Arm freigab. »Ich bin mit dem Hochgeschwindigkeitszubringer aus der Stadt gekommen.
Eigentlich habe ich Sie hier nicht erwartet.«
Byron langte nach ihren Taschen. Als sie die Griffe nicht losließ, schaute er auf sie herunter. »Ich klaue sie Ihnen schon nicht, Sarah«, meinte er. »Ich will sie Ihnen nur tragen.«
»Sie sind nicht schwer.« Sie standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber, wobei seine Hände über ihren auf den Griffen lagen. Seine Handflächen fühlten sich auf ihren Handrücken hart an, härter, als man erwarten würde, wenn man ihn so in dem perfekt sitzenden schwarzen Anzug sah. Sarah pustete sich das Haar aus den Augen. »Hören Sie zu, Byron. Ich stehe schrecklich gern herum und halte einen kleinen Plausch, aber ich muß meine Maschine erwischen. Sie haben doch nichts dagegen?«
Der Lautsprecher verkündete, daß die Fluggäste nach Houston zum Flugsteig kommen sollten. »Ihre Reservierung für den Linienflug wurde storniert«, teilte er ihr mit. »Wir fliegen zusammen mit einer Firmenmaschine. Ich lasse Sie in L.A. raus, ehe ich nach Madrid weiterfliege.«
»Davon weiß ich ja gar nichts.«
»Dann wissen Sie es jetzt.«
Etliche Sekunden sagte keiner etwas. Byron bemerkte, daß sich der rosige Ton ihres Teints vertiefte und das Grün in ihren Augen heller leuchtete. Ihm kam der Gedanke, daß er sie auf der Stelle entlassen und auf diese Weise aus seinem Berufs- und Privatleben befördern könnte. Aber schon einen Augenblick später fiel ihm ein, daß er keineswegs die Absicht hatte, dies zu tun.
»Vielleicht gehen Sie lieber zu Fuß nach L.A., bevor Sie im selben Flugzeug wie ich sitzen wollen?«
Sarah öffnete den Mund, dann machte sie ihn wieder zu, ohne einen Ton von sich gegeben zu haben. Ihr Lächeln kam ganz langsam, zuerst sah man es in ihren Augen. »Tut mir leid.«
Sowohl das Lächeln wie auch die Entschuldigung brachten ihn durcheinander. Eine Sekunde verstrich, ehe er, merkte, daß sich ihre Hände unter den seinen entspannt hatten.
»Ich trage die Aktenmappe«, sagte sie. »All meine lebenswichtigen Besitztümer sind darin, wie meine Bürste und meine Umrechnungstabelle ins metrische System.« Als ihre Hände wieder frei waren, gab sie ihren Koffer preis und hakte sich bei ihm unter, um mit ihm durch das Terminal zu gehen.
An Bord musterte Sarah gründlich die Hauptkabine. Auf dem Boden lag ein dicker blauer Teppich. Die Möblierung bestand aus austernfarbenen Sesseln, einem großen Sofa und einer eingebauten Bar. Ein Komfort wie zu Hause. Sie wirbelte zu Byron herum und legte ihre Aktenmappe auf das Sofa. »Sehr elegant und überaus geschmackvoll. Gibt es keine heißen Bäder, aktuelle Filme oder Live-Unterhaltung?«
»Nur in dem großen Jet, den wir für P.R. benutzen.« Byron bedeutete ihr mit einer Geste, Platz zu nehmen. Er wartete, bis sie saß und angeschnallt war, ehe er sich auf den Platz ihr gegenüber setzte. Dann tippte er auf einen Schalter und gab damit dem Piloten das Signal. Sarah hörte das Aufheulen der Motoren und spürte das kraftvolle Vibrieren unter ihren Füßen.
Aufmerksam schaute sie aus dem Fenster, um den Start zu verfolgen; sie liebte das Gefühl, wenn der
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