Zärtlichkeit des Lebens
accompli
handelt, hat es keinen Sinn, sich weiter darüber aufzuregen. Ich bitte dich lediglich, Sarah, dich in Zukunft auf architektonische Belange zu beschränken und die Verwaltungsaufgaben mir zu überlassen.«
»Und wenn du nicht zu erreichen bist?«
»Ich werde dafür sorgen, daß das nicht mehr passiert.«
»Na gut«, sagte sie kühl. »Nun weiß ich Bescheid.«
»Und jetzt…«, er machte einen Schritt auf sie zu, »legen wir unsere geschäftliche Meinungsverschiedenheit ad acta?« Er berührte sie mit dem Finger leicht an der Wange und lächelte.
Seine Augen waren wieder hell und klar.
Sarah fiel es nicht leicht, ihre Gefühle an- und abzuschalten.
Doch hier ging es nicht um Stolz oder Selbstwertgefühl, und so bemühte sie sich, ihre beruflichen und privaten Standpunkte zu trennen.
»Na schön, Januel.« In einem plötzlichen Anfall von Müdigkeit rieb sich Sarah die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. »Ich bin ja sowieso nur noch ein paar Wochen hier.
Das Problem wird wohl kaum noch einmal auftauchen.«
»Aber, meine Liebe, das ist doch nicht der passende Zeitpunkt, um von deiner Abreise zu sprechen.« Januel legte ihr den Arm um die Taille. »Komm, ich lade dich heute zum Abendessen ein, in das kleine Bistro, in das wir an unserem ersten Abend gegangen sind. Dann sind wir nur ein Mann und eine Frau, die einander zugetan sind. Wir sollten uns an einen Tisch draußen auf dem Boulevard setzen.« Er führte ihre Hand zu den Lippen. »Dir wird der Sternenhimmel gefallen.«
Sarah schaute ihm in die Augen. Sie konnte ihm einfach nicht böse sein. Wir sind bloß verschiedener Ansicht, dachte sie. Das ist alles. »Mit Champagner und Cognac?« fragte sie. Als er lachte, küßte sie ihn flüchtig. Dann machte sie sich aus seiner Umarmung frei. »Ja, das wäre nett, Januel.«
»Dann ist es also abgemacht, Liebes.«
15
Ihre Arbeitskluft hatte Sarah zusammengeknüllt in eine Schrankecke geworfen. Und jetzt saß sie, bekleidet mit einem hautfarbenem Spitzenbody, mit übereinandergeschlagenen Beinen auf ihrem Bett. Beim Haarebürsten dachte sie über Januel nach.
Satz für Satz ging sie ihr letztes Gespräch durch. Seine Einstellung verblüffte sie noch immer. Es war ihr überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß sie durch ihr eigenständiges Handeln seine Autorität untergraben hatte.
Warum sollte ein Mann in seiner Stellung und mit seinen Fähigkeiten so unsicher sein? Wie konnte ein so großzügiger und netter Mensch nur so kleinlich reagieren?
Vielleicht hatte sie vorschnell gehandelt. Hätte sie besser abwarten und erst mit Januel sprechen sollen, ehe sie die Leute nach Hause schickte?
Nein! Die Männer konnten nicht länger in diesem Backofen arbeiten. Und daß sie die Lieferung des Ersatzteils beschleunigt hatte, war für das Unternehmen wichtig gewesen.
Noch immer konnte sie nicht verstehen, warum Januel so heftig reagiert hatte. War er etwa tatsächlich der Ansicht, daß man auf Arbeiter keine Rücksicht zu nehmen brauchte? Vor ihrem geistigen Auge stieg Januels Bild auf; seine glatten, ebenmäßigen Gesichtszüge, sein hellblondes Haar, seine hellen Augen. Ich kann nicht glauben, daß er so denkt… nicht im Ernst.
Sie schüttelte den Kopf. Ich will heute abend nicht mehr daran denken, beschloß sie, stand vom Bett auf und ging an den Kleiderschrank. Da klopfte es, und Sarah sah verwundert hoch.
»Er kommt reichlich früh«, murmelte sie, während sie einen dünnen weißen Hausmantel vom Haken nahm. Den einen Arm im Ärmel, mit dem anderen sich noch hineinkärnpfend, machte sie die Tür auf. »Du kommst früh«, setzte sie lächelnd an.
»Oh…« Das Lächeln verwandelte sich in eine verdutzte Miene, als sie Byron Lloyd sah.
»Scheint so.« Er musterte sie von oben bis unten, ehe er ihr ins Gesicht schaute. »Sie erwarten wohl jemanden?«
»Mit Ihnen habe ich allerdings nicht gerechnet«, meinte sie.
»Ich dachte, Sie wären Tausende von Kilometern weit weg.«
»Ich bin soeben angekommen.«
»Nun, dann seien Sie willkommen, Reisender.« Sie bat ihn mit einer ausholenden Geste herein. »Ich habe Wein für Ihre Leute und Wasser für die Pferde.« Nachdem sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, drehte sie sich um und entdeckte, daß er kaum einen Schritt von ihr entfernt stand.
»Paris bekommt Ihnen gut«, bemerkte Byron nach einer Weile. Er machte keine Anstalten weiterzugehen und einen etwas üblicheren Abstand zwischen ihnen herzustellen. Sie roch noch immer so vertraut, und
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