Zärtlichkeit des Lebens
murmelte Dallas. »Ich dachte, das wäre erst nächstes Wochenende. Wir sind doch noch gar nicht nach Vegas gefahren.«
»Nein,
ich bin
in Las Vegas.« Sarah veränderte ihre Haltung in der Telefonzelle.
Das Geklacke der Slot-Maschinen drang durch das Glas.
»Dallas, hör zu. Ja?«
»Jaah.« Dallas gähnte.
»Ich heirate in einer Viertelstunde.«
»Okay.« Als sie mit Gähnen fertig war, klappten Dallas’ Augen weit auf. »Was?« Sie kam mühsam hoch, wobei sie Dennis verärgerte, weil sie ihm die Decke vom Rücken zog.
Brummend drehte er sich um.
Dallas schüttelte den Kopf, um klarer denken zu können.
»Was hast du gesagt?«
»Ich sagte, ich heirate in ungefähr einer Viertelstunde. In einer von diesen Ruckzuck-Traukapellen. Ich glaube, es gibt sogar ein Fenster für Trauungen vom Auto aus.«
»Du veralberst mich doch. Heiraten? In Las Vegas?«
»Ich stehe in einer Telefonzelle vor dem MGM-Casino«, sagte Sarah. »Ich wollte es dich nur noch wissen lassen, ehe…«
»Sarah, wen denn? Wen in aller Welt heiratest du in der Drive-In-Kapelle um halb elf am Samstagmorgen?«
Sarah rückte sich die Hutkrempe zurecht. »Byron Lloyd.«
»Ach, du große Scheiße.«
»Tja, ich wußte, daß dich das freuen würde.«
»Wann? Wie?« Dallas raufte sich die Haare. »Himmel noch mal, Sarah, sag doch was.«
»Das ist alles ganz schnell gegangen«, setzte Sarah an. »Erst heute morgen, ehrlich. Ich erzähl dir alles ganz genau, wenn ich mehr Zeit habe. Ich wollte nur nicht, daß du dir Sorgen machst.
Ich werde ein paar Wochen verreist sein.«
»Aber, Sarah, ich wußte nicht mal, daß du dich mit ihm triffst…«
»Hab’ ich auch nicht, nicht wirklich. Ach, Dallas, es ist alles so verflixt kompliziert. Es ist einfach
passiert.«
Sie spähte aus der Telefonzelle, aber Byron war noch nicht zu sehen. »Bitte, wünsch mir alles Gute oder gratulier mir oder was immer man jemandem vor seiner Hochzeit wünscht. Ich habe fürchterlich Schiß.«
»Ja, natürlich tu ich das.« Dallas setzte sich anders hin, entdeckte einen von Dennis’ Socken unter sich und warf ihn auf den Boden. »Aber willst du das denn auch? Ist alles mit dir in Ordnung?«
»Ja, ich will es wirklich. Nein, mit mir ist nicht alles in Ordnung. Ich war noch nie in meinem Leben so aufgeregt. Es ist lächerlich, aber ich komme mir vor wie eine achtzehnjährige Jungfrau.«
»Sarah.« Dallas senkte die fuchsfarbenen Brauen. »Bist du in ihn verliebt?«
»Ach, du liebe Güte, ja.«
Dallas’ Gesichtsausdruck hellte sich auf. »Toll. Ich kann’s nicht glauben.«
»Ich auch nicht. Ich muß jetzt los. Die schleusen die Brautpaare bestimmt so flott durch wie Colaflaschen in der Fabrik.«
Dallas merkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, und seufzte. »Alles Gute, Sarah. Und viel Glück.«
Sarah lächelte, weil sie Byron entdeckte. »Ich werde mein Bestes tun.«
25
Die Wüste war unermeßlich viel größer als in Sarahs Vorstellung. Hier wuchsen vielarmige, haushohe Riesenkakteen und grotesk anmutende buschige Opuntien. Habichte flogen durch die Lüfte, und obwohl Sarah sie nicht sehen konnte, wußte sie, daß auch alle möglichen Schlangen und Eidechsen hier lebten. Die Wüste erwies sich zudem so farbenprächtig, wie sie es nie erwartet hätte: sie sah Braun und Gold, Weiß und Grau in allen Schattierungen zusammen mit den Gelb- und Grüntönen der Kakteen. Tafelland erstreckte sich in weite Ferne, Spitzkuppen und Kammlinien in wundervoll variierten Formen ragten auf. Felssäulen schienen sich aus dem Nichts zu erheben, in einen Himmel vorzustoßen, der so unglaublich blau war, daß er hätte gemalt sein können. Die Luft war knochentrocken.
Sarah saß einfach da und ließ die Eindrücke auf sich wirken, während Byron den Wagen Richtung Norden lenkte.
Fünf Minuten, ein Formular, ein paar Worte und Barzahlung.
Kreditkarten willkommen. Sarah war verblüfft, daß es so wenig gebraucht hatte, sich rechtmäßig mit dem Mann neben ihr zu verbinden. Sie schaute auf den Ring an ihrem Finger. Auch das war eine Überraschung. Ein schmaler Silberring, dicht besetzt mit Diamanten und Smaragden. Sie hatte nicht damit gerechnet, daß Byron sich die Zeit nehmen würde, irgend etwas Aufwendigeres als einen einfachen Goldreif zu kaufen.
Jetzt fuhren sie nach Nordosten. Sie würden zwei Wochen in Byrons Haus am Rande des Navajo-Reservats verbringen. Sarah erschien der Gedanke, daß Byron ein Haus besaß, verwunderlich. Das Penthouse mit seiner kühlen,
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