Zärtlichkeit des Lebens
– ein deutliches Zeichen für ihre Gefühlsaufwallung. Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuß, den sie willig erwiderte.
Gleich darauf schossen sie den schmalen, zweispurigen Highway hinunter. Trockene Wüstenluft brauste durch die Fenster herein. »Willst du einen?« fragte Sarah, als sie ihre Kekspackung aufbrach.
»Nicht ohne Milch.«
»Wir haben Traubennektar«, erinnerte sie ihn und angelte eine Flasche vom Rücksitz.
»Das«, meinte er im Brustton der Überzeugung, »ist ein widerliches Zeug.«
»Nein, es schmeckt wirklich ziemlich gut.« Wie zum Beweis spülte Sarah einen halben Keks mit einem großzügigen Schluck hinunter. »Und es ist vor allem ein absolut einzigartiges Hochzeitsmahl.«
Byron warf einen zweifelnden Blick auf die Kekspackung und den Traubennektar. »Vermutlich hätte ich anhalten sollen, um dich zu füttern.«
»Ich bin schließlich kein Pferd«, erklärte sie und hielt ihm die Flasche hin; nach kurzem Zögern nahm er sie. Schließlich hatten sie eine lange Fahrt im heißen Auto hinter sich. Sarah grinste bei seinem Gesichtsausdruck, nachdem er getrunken hatte, enthielt sich aber jeden Kommentars. »Ist es noch weit?«
»Ungefähr eineinhalb Kilometer.« Byron gab ihr die Flasche wieder zurück.
»Du bist hier in der Nähe aufgewachsen, nicht wahr?«
»Auf dem Reservat. Meine Mutter ist dort Lehrerin.«
Nicht die Information an sich überraschte sie, sondern die Tatsache, daß er freiwillig damit herausgerückt war. Sie kannte seine Wortkargheit, was diesen Lebensabschnitt betraf, der mit dem sie jetzt umgebenden Land verbunden war. Sarah zerkaute geräuschvoll einen Keks, während sie Byrons Profil betrachtete.
»Was unterrichtet sie denn?«
»Englisch. Sie hat sich auf englische Literatur spezialisiert.«
»Ach, dann hat sie dich also nach Lord Byron benannt.«
Sarah nahm noch einen ordentlichen Schluck Traubennektar.
»Ich habe mich deswegen schon gewundert. Liegt das Grundstück für die Bibliothek weit von hier weg?«
»Etwa fünfzehn Kilometer weiter nördlich.«
»Und das hier…« Das Haus, dem sie sich näherten, fesselte ihre Aufmerksamkeit.
Weiß, kühl und nüchtern stand es vor ihnen. Es war auf drei terrassenförmigen Ebenen gebaut. Jede Ebene, die nach Sarahs Schätzung ohne Patio etwa vierzehn Meter lang war, schaute in eine andere Himmelsrichtung und verfügte über eine eigene Terrasse. Die Blumen versetzten Sarah in Entzücken. Sie erkannte Sonnenblumen, Ringelblumen, Geranien und Stiefmütterchen.
Auf der Nordseite gab es einen überdachten Autostellplatz, aber Byron hielt unmittelbar vor dem Haus an.
»Byron, das ist schön, einfach wunderschön. Hat Cassidy…«
»Ja. Wahrscheinlich kannst du im ganzen Haus seine Handschrift erkennen.«
Sie schenkte ihm ein Lächeln voller Freude. »Ich weiß, es klingt so nach Klischee, wenn ich sage, daß es mir vorkommt wie ein Wunder. Aber ich sage es trotzdem. Es ist einfach fantastisch.«
Byron schaute ihr einen Moment in die Augen, ehe er sich um die Einkäufe kümmerte. Sie schob sich den Brautstrauß in die Schärpe ihres Kleides.
»Ich helfe dir«, bot sie sich an.
»Nein.« Er richtete sich auf, in jedem Arm hielt er eine Tüte.
»Die Koffer hole ich gleich.«
Achselzuckend ging Sarah vor ihm zu der großen Vorhalle beim Haupteingang. Korallenbäume in lebhaften Rot- und Goldtönen wucherten links und rechts davon. Sarah konnte den Geruch von Hitze und eine intensive Mischung verschiedener Blumendüfte wahrnehmen. Sie spürte Byrons Hand auf ihrer Schulter. Als sie sich umdrehte, sah Sarah, daß er die Tüten abgestellt hatte. Er steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch, stieß die Tür auf, dann hob er Sarah hoch. Verdutzt schaute sie ihn an, als er sie über die Schwelle ins Haus trug.
»Oh, Byron«, flüsterte sie, als sie den Mund zu dem seinen hob. »Ich liebe dich.« Byron spürte, wie eine Woge von Glück ihn erfaßte, als sie ihre Wange an seine schmiegte. Er küßte sie noch einmal, ehe er sie wieder absetzte.
»Wir sollten die Vorräte wegräumen«, meinte er. Dann streichelte er sie von den Schultern bis zu den Handgelenken, ehe er sich nach den Tüten umdrehte.
Sarah spazierte im Zimmer herum. Es war dunkel und kühl, weil die Jalousien vor den großen Fenstern heruntergelassen waren. Es gab zwei niedrige eierschalenfarbene Sofas mit dunkelbraunen Kissen. Auf dem Hartholzfußboden lag lediglich ein handgearbeiteter Navajoläufer. Sarah fielen die heimischen Töpferwaren auf
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