Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
heiraten, auch nicht, wenn Sie sie liebten?«
»Liebe?«, spottete er. »Vielleicht haben die Leute dort, wo Sie herkommen, Zeit für solchen Blödsinn, aber dies ist ein raues Land, Emmeline. Hier draußen ist die Ehe eine praktische Sache, eine Art Partnerschaft, und Liebe hat verdammt wenig damit zu tun.« Er legte eine Pause ein und betrachtete sie ernst. »Ich will eine eigene Familie, und ein Mann hat keine Kinder mit einer Prostituierten.«
Emmeline verspürte den starken Drang, aufzuspringen und schnell und weit fortzulaufen, vielleicht den ganzen Weg zurück über die Berge, Ebenen und Täler, die sie durchquert hatte, um hierher zu gelangen, doch sie blieb wie versteinert sitzen. »Eine Partnerschaft?«, entgegnete sie und fühlte sich jetzt mehr als ein bisschen gereizt, nachdem ihr Traum, die geliebte Ehefrau eines Mannes zu sein, so gründlich zunichte gemacht worden war. Sie hatte während der scheinbar endlosen Fahrten mit Zug und Postkutsche in den Zeitungen von Suffragetten gelesen und dabei haarsträubende Dinge erfahren. Jetzt würde sie ein Schild malen und an einem Protestmarsch für die Sache der Suffragetten teilnehmen, wenn einer vorbeigekommen wäre. »Ich würde es kaum so bezeichnen. Wenn eine Frau verheiratet ist, wird sie der Besitz ihres Mannes, genauso wie ein Hund oder ein Wagen. Wenn sie Geld oder Besitz hat, kann er ihr das wegnehmen und sie dann in Schnee und Kälte wegschicken. Er kann sie wie ein Maultier arbeiten lassen und sie als Gebärmaschine für seine Babys benutzen. Er kann sie schlagen, wenn er das will, sie ins Irrenhaus stecken und ihre Kinder wie Kätzchen eines Wurfes fortgeben ...«
»Autsch«, murmelte Rafe und schüttelte lachend den Kopf. »Wenn Sie meinen, so sieht das Schicksal einer Ehefrau aus, warum haben Sie dann überhaupt unterschrieben?«
Das war eine gute Frage, doch die Antwort war Emmeline zu peinlich. Sie hatte die möglichen Nachteile einer Ehe nicht bedacht, und nun war es zu spät. Jetzt hielt sie den Mund, weil ihr sonst nichts anderes übrig bleiben würde, als um Gnade zu betteln.
»Ich habe nicht vor, Ihnen so etwas anzutun, Miss Emmeline«, versicherte Rafe sehr ernst, als sie schwieg. »Ich schlage eine Art Vertrag vor, da Sie offensichtlich nichts von dem Wort Partnerschaft hören wollen. Hier ist er, klar und einfach: Sie gründen ein Heim mit mir und schenken mir Kinder, und ich werde dafür sorgen, dass es Ihnen für den Rest Ihres Lebens nie an irgendetwas mangelt. Ich erwarte natürlich im Gegenzug, dass Sie für mich kochen wie jede Frau und gewiss das Bett mit mir teilen. Ich werde nicht fremdgehen, und Gott helfe Ihnen, wenn Sie mich mit einem anderen Mann betrügen.« Er lächelte selbstzufrieden und breitete die Hände aus, um anzuzeigen, dass er keine weiteren Bedingungen stellen würde. »Das scheint mir ein fairer Handel zu sein.«
Emmeline war froh darüber, dass sie keine Waffe zur Hand hatte. Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze und bemühte sich, vernünftig zu sein. Jetzt war es an der Zeit, ihm von Holt zu erzählen, von dem Baby, das sie möglicherweise in sich trug. Wenn diese Dinge später herauskamen, würde er ihr bestimmt niemals verzeihen. Obwohl sie das wusste, konnte sie es nicht über sich bringen auszusprechen, was sein musste; sie hatte nicht den Mut, und außerdem war sie zu wütend. »Angenommen, Sie betrügen mich mit einer anderen Frau?«, fragte sie herausfordernd.
Er blickte sie bestürzt an. »Das ist nicht das Gleiche«, erwiderte er.
Emmeline verlor die Beherrschung. Sie sprang auf die Füße, die allmählich kalt wurden, denn sie trug nur ein Paar von Concepcions Pantoffeln. »Wie bitte? Wollen Sie mir sagen, Sir, dass Sie nicht vorhaben , unser Eheversprechen zu ehren? «
Sein gut aussehendes Gesicht verhärtete sich leicht. »Ein Mann hat Bedürfnisse und ...«
Emmeline ließ ihn nicht aussprechen. Sie legte beide Hände auf seine Brust, und bevor er reagieren konnte, gab sie ihm einen heftigen Stoß. Er stürzte rückwärts, landete mit dem Allerwertesten im feuchten Gras, und der Absatz eines Stiefels verhakte sich an einem Aststumpf des Baumstamms.
Emmeline rührte keinen Finger, um ihm zu helfen. Sie war ernsthaft versucht, ihm mitten ins Gesicht zu spucken. »Ich glaube, ich habe einen schlimmen Fehler begangen!«, rief sie.
Rafe erhob sich langsam und mit erzwungener Würde und rieb sich den Schmutz von der Kleidung. »Das haben Sie«, erwiderte er mit kalter Stimme.
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