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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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betrifft, so ist deren Mund ohnehin
versiegelt. Was glauben Sie, wie viele Kunstwerke auf Auktionen erworben
werden? Die meisten stammen aus Hehlerkreisen. Das Prinzip der Omertà gilt
nicht nur für die Mafia, sondern auch auf dem Kunstmarkt.« Nach einer kurzen
Pause fügt er hinzu: »Wenn man es genau bedenkt, können wir sogar von Glück
reden.«
    »Wieso?«
    »Weil er kein Kassenarzt war. Kassenärzte reden noch weniger als
Privatärzte, wegen der Geldbriefchen, die ihnen von den Patienten zugesteckt
werden. Selbst diejenigen, die selbst keine Zuwendungen annehmen, halten den
Mund. In einer Privatklinik gibt’s diese Praxis wenigstens nicht.«
    Ich denke an Fanis und gebe Gikas recht. Auch er verliert kein Wort
über die Kollegen, die Bestechungsgelder einstecken.
    Zurück im Büro, frage ich bei Vlassopoulos nach, ob die Sperrung des
Stadtzentrums aufgehoben wurde. Er weiß nichts Genaues, nur, dass die Lage
chaotisch und für die nächsten Stunden keine Besserung abzusehen ist. [56]  Notgedrungen hebe ich mir Korassidis’ Privatpraxis für den nächsten Tag auf.
Stattdessen beschließe ich, seiner Exfrau, Soula Petroupoulou, einen Besuch abzustatten.
    Die Petropoulou arbeitet ohnehin ganz in der Nähe von meinem Büro,
im Städtischen Krankenhaus Elpis. Ich muss also weder den Seat noch den
Streifenwagen nehmen, ich brauche nur die Dimitsanas-Straße hochzugehen, und
schon stehe ich vor dem Hospital. Den Hinweisschildern entnehme ich, dass die
Abteilung für Mikrobiologie in der vierten Etage liegt.
    Eine brünette Vierzigjährige hebt den Blick vom Mikroskop, als sie
ihren Namen hört. Nachdem ich mich vorgestellt habe, frage ich sie, wo wir uns
ungestört unterhalten können.
    »Ist etwas mit Michalis?«, fragt sie erschrocken.
    »Mit welchem Michalis?«
    »Na, meinem Mann.«
    »Nein, Ihrem Mann ist meines Wissens nichts zugestoßen.«
    Die anderen drei Mitarbeiterinnen des Labors haben die Köpfe
ebenfalls gehoben und mustern uns neugierig. Die Petropoulou seufzt erleichtert
auf, blickt sich – auf der Suche nach einer ruhigen Ecke – kurz um, öffnet dann
eine Tür im hinteren Teil des Labors und bedeutet mir einzutreten.
    »Das ist das Büro unserer Chefin, die ist heute nicht da«, erklärt
sie. Sie nimmt nicht hinter dem Schreibtisch, sondern im Ledersessel mir
gegenüber Platz. »Bitte sehr, ich höre.«
    »Es handelt sich um Ihren geschiedenen Ehemann Athanassios
Korassidis. Er ist heute Morgen tot aufgefunden worden.«
    [57]  »Wer war’s?«, lautet ihre spontane Reaktion.
    »Weshalb gehen Sie gleich von Mord aus? Ich habe doch nur gesagt,
dass er gestorben ist.«
    »Stimmt, warum eigentlich?«, fragt sie sich nun selbst, ganz
irritiert ob ihrer spontanen Reaktion. Sie verstummt und sucht nach einer
Erklärung. »Tja, vielleicht habe ich gleich an so etwas gedacht, weil er immer
vor Gesundheit strotzte. Vielleicht aber auch, weil ich ihm während unseres
Zusammenlebens so oft den Tod gewünscht habe. Da klang es vorhin für mich so,
als sei mein Wunsch endlich in Erfüllung gegangen. Obwohl, jetzt habe ich ja
gar nichts mehr davon…«
    »Nun, er ist tatsächlich Opfer eines Verbrechens geworden. Seine
Leiche wurde heute Morgen auf dem Kerameikos-Friedhof gefunden.«
    »Wieso gerade dort? Hat er nach unserer Scheidung begonnen, antike
Kunstwerke zu sammeln?«
    »Seiner Villa nach zu schließen, nein. Ihm wurde Gift injiziert, auf
den Täter haben wir allerdings noch keinerlei Hinweise. Das ist der Grund
meines Besuchs. Vielleicht können Sie mir ein paar Tipps geben.«
    »Was für Tipps? Seit meiner Trennung von Thanos vor zwölf Jahren
haben wir kein Wort mehr gewechselt. Ich habe keine Ahnung, wie es ihm all die
Jahre ergangen ist.«
    »Ja, aber Sie haben doch zwei gemeinsame Töchter. Da müssen Sie doch
auch vom Vater ab und zu etwas mitbekommen haben.«
    Die Petropoulou lacht bitter auf. »Da täuschen Sie sich, Herr
Kommissar. Wir haben keine gemeinsamen Kinder. Ich habe ihm die zwei Kinder
bloß geboren, und er hat sie [58]  großgezogen. Seit der Scheidung habe ich keinen
Kontakt mehr zu meinen Töchtern.«
    Ich versuche mir einen Menschen vorzustellen, dem nur Antipathie und
Hass entgegenschlugen. Ob auch seitens seiner Töchter, weiß ich nicht, aber
bisher habe ich keinen Einzigen getroffen, der Korassidis auch nur ein kleines
bisschen sympathisch gefunden hätte.
    »Was war denn Ihr geschiedener Mann für ein Mensch?«, frage ich die
Petropoulou. »Möglicherweise hilft uns das

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