Zahltag
was Sie
mir über ihn erzählen. Zudem bleibt alles, was Sie aussagen, unter uns. Außer,
Sie würden irgendwann vor Gericht in den Zeugenstand gerufen, aber das ist
nicht sehr wahrscheinlich. Also, reden Sie frei heraus.«
»Ich stand bei ihm in Lohn und Brot, da gehört es sich nicht, nach
seinem Tod schlecht von ihm zu reden. Aber bei allem Respekt, eins kann ich
Ihnen sagen: Er war unausstehlich. Ich wundere mich selbst, dass ich es so
viele Jahre bei ihm ausgehalten habe. Er hat eben gut gezahlt. Diesbezüglich
kann man nichts Nachteiliges über ihn sagen.«
Sie bekreuzigt sich und flüstert: »Herr, behüte meinen [49] Mund und
bewahre meine Lippen!« Dann tritt sie an ein Küchenregal, reißt ein Blatt von
einem kleinen Schreibblock, das so aussieht wie Adrianis Einkaufszettel,
notiert eine Nummer darauf und überreicht sie mir.
»Das ist die Telefonnummer von Frau Soula, seiner geschiedenen Frau.
Sie erzählt Ihnen besser selbst, was sie in ihrer Ehe alles mitgemacht hat. Ich
sage nur: Es war das reinste Martyrium.«
»Wo arbeitet seine Exfrau?«
»Sie ist Mikrobiologin im Krankenhaus Elpis, ihr voller Name lautet
Soula Petropoulou.«
Was sie für sich behält, ist viel aufschlussreicher als das, was sie
mir erzählt. Ich beschließe, sie vorläufig nicht weiter zu bedrängen und mich
stattdessen im Haus umzusehen. Doch ich komme noch nicht dazu, denn Dimitrious
Truppe von der Spurensicherung platzt herein.
»Wo sollen wir loslegen?«, fragt Dimitriou.
Als wir zusammen aus der Küche treten, stutzt er plötzlich. »Sehen
Sie mal«, meint er und deutet auf eine alarmgesicherte Tür.
Ich rufe Frau Anna herbei und frage nach dem Zugangscode. Ohne ein
Wort zu sagen, gibt sie die Tastenkombination ein. Die Tür springt geräuschlos
auf. Frau Anna betätigt den Lichtschalter, und vor uns liegt hell erleuchtet
ein riesiger, spärlich möblierter Salon, der die Ausmaße eines Vortragssaales
hat. Links vom Eingang steht ein Sofa, in der gegenüberliegenden Zimmerecke
befinden sich zwei Sessel. Der ganze übrige Raum ist leer. Die drei Fenster
sind mit von innen verschließbaren Metallrollläden versehen, und die
Klimaanlage verbreitet eine angenehme Kühle.
[50] Weitaus interessanter als die Einrichtung sind jedoch die Wände:
Sie sind von oben bis unten mit Gemälden bedeckt. Lässt man seinen Blick
darüberschweifen, wird einem von all den Porträts, Landschafts- und Blumenbildern
ganz schwindelig.
Deshalb also die Alarmanlage an der Tür und die schwer gesicherten
Fenster. Hier drin muss ein Vermögen lagern.
»Wir brauchen einen Sachverständigen, der uns ein Wertgutachten
erstellt«, stellt Dimitriou fest.
»Er hat mir verboten, die Fenster zu öffnen«, erzählt Frau Anna. »Er
hat immer nur persönlich gelüftet. Ich durfte nur den Boden mit dem Staubsauger
reinigen, die Bilder aber auf keinen Fall anrühren.«
»Hat er Besucher hereingelassen?«, frage ich sie.
»Ab und zu sind ein paar Herren vorbeigekommen, haben sich die
Bilder angesehen und sind wieder gegangen.«
Jetzt verstehe ich, weshalb der Eingangsflur, gemessen am gesamten
Erdgeschoss, so schmal ist: um der Bildergalerie Platz zu lassen. Der daran
anschließende Raum ist nicht größer als ein gewöhnliches Wohnzimmer, hier
stehen ein Fernsehgerät, eine Sitzgruppe mit Sofa, Tischchen und zwei Sesseln,
und die Fenster sind mit normalen Fensterläden versehen. Als ich meine Neugierde
im Wohnzimmer befriedigt habe, steige ich in die erste Etage hoch.
Zwei von fünf Türen stehen offen. Die eine führt in ein Bad, die
andere in ein Schlafzimmer. Ein riesiges, tadellos gemachtes Doppelbett steht
darin, an der rechten Wand befindet sich eine Schrankwand, an der linken Bücherregale.
Als ich die erste Schranktür öffne, sehe ich mich einer [51] weiteren
Sammlung gegenüber. Diesmal handelt es sich um Herrenanzüge, schätzungsweise an
die zwanzig. Darunter befinden sich zwei große Schubladen mit Hemden, während
an der Innenseite der Türflügel die Krawattensammlung hängt. Hinter der zweiten
Schranktür verbergen sich Fächer mit Unterwäsche und Socken. Darüber stapeln
sich, fein säuberlich in Plastikhüllen verpackt, haufenweise Pullover. Der
dritte Teil des Wandschranks enthält Mäntel, Überzieher und Jacken.
Vom Fenster zwischen Schrank und Bett werfe ich einen Blick nach
draußen in den hinteren Teil des Gartens. Dort liegt ein Swimmingpool, der gut
und gern zu einem Fünfsternehotel gehören könnte. Zu beiden Seiten
Weitere Kostenlose Bücher