Zahltag
des mit
gepflegten Hecken umwachsenen Beckens stehen Tischchen, Stühle und geschlossene
Sonnenschirme. Daneben erkenne ich Vlassopoulos und Dimitriou, die angeregt
miteinander reden.
Von der Prachtvilla über seine Kunstsammlung bis hin zu seiner
Garderobe schwamm Korassidis in Luxus und Überfluss. Er musste sich weder um
Gehalts- noch um Zulagenkürzungen Sorgen machen. Bevor er seine Patienten
aufschnippelte, räumte er ihnen das Portemonnaie leer. Bevor ich das
Schlafzimmer verlasse, werfe ich noch einen Blick auf das Bücherregal. Dort
stehen nur Bildbände über Malerei und Kataloge von Museen und Kunstsammlungen,
jedoch keinerlei medizinische Fachbücher oder Lexika.
Da mich das Badezimmer nebenan momentan nicht interessiert, öffne
ich eine der geschlossenen Türen und betrete einen weiteren Schlafraum, der
kleiner und schlichter [52] ist als der erste. Neben einem Einzelbett steht ein
zweitüriger Schrank, in dem nur ein paar Sommersachen hängen, aber keine
Unterwäsche oder weitere Kleidungsstücke zu finden sind. Offenbar gehört das
Zimmer einer von Korassidis’ Töchtern. Da kein Grund besteht, es genauer zu
durchsuchen, öffne ich die nächste Tür. Dahinter liegt das fast identische
Schlafzimmer der Schwester. Nur wurde hier das Bett in einen Zoo aus
Teddybären, Plüschtigern, Häschen und Hündchen verwandelt. Schon allein daraus
könnte man, wenn man wollte, Schlüsse auf die unterschiedlichen Charaktere der
beiden Schwestern ziehen.
Die beiden Badezimmer offenbaren erwartungsgemäß nichts Aufregendes,
und so kehre ich wieder ins Erdgeschoss zurück. Die Truppe der Spurensicherung
hat sich in der Gemäldegalerie an die Arbeit gemacht. Als mich Dimitriou die
Treppe herunterkommen sieht, tritt er auf mich zu. »Wie sieht es oben aus?«,
fragt er.
»Drei Schlafzimmer und zwei Bäder.«
Er wiegt den Kopf nachdenklich hin und her. »Das kostet uns zwei
Tage Arbeit, aber ich befürchte, es wird uns nicht viel weiterbringen.«
Dem kann ich nicht widersprechen. Wer auch immer Korassidis auf dem
Gewissen hat, die Tat wurde bestimmt nicht in seiner Villa verübt. »Na denn!«,
sage ich und rufe meine beiden Assistenten herbei.
Als wir aufbrechen wollen, tritt Frau Anna auf mich zu. »Brauchen
Sie mich noch?«
»Nein. Irgendwann müssen Sie zwar eine offizielle Aussage machen,
aber dazu erhalten Sie eine Vorladung. Die Eingangstür wird versiegelt, weil
wir das Haus durchsuchen [53] müssen. Allerdings braucht Herr Dimitriou noch den
Zugangscode.«
Nachdem wir uns verabschiedet und die Gartenanlage durchquert haben,
steigen wir in den Streifenwagen und fahren auf direktem Weg zurück zum
Präsidium.
[54] 7
Ich fahre gleich zu Gikas hoch, um zum Rapport anzutreten.
An Stella gehe ich mit einem kurzen Gruß vorbei, worauf ich eine entsprechend
einsilbige Antwort erhalte. Die Scherzworte und kleinen Vertraulichkeiten, die
früher mit Koula gang und gäbe waren, finden jetzt ausschließlich in der
unteren Etage statt.
Gikas schwelgt in der Naturlandschaft seines Computerbildschirms.
Mein Eintreten bringt ihn auf den harten Boden der Metropolenrealität zurück.
»Und, was ist mit diesem Arzt?«, löchert er mich schon, bevor ich überhaupt
Platz genommen habe.
Ich liefere eine ausführliche Darstellung von Korassidis’ Charakter,
meinem Besuch in seiner Villa und der dort vorgefundenen Gemäldegalerie. Als
ich kurz pausiere, folgt die unvermeidliche Frage: »Haben Sie schon einen
Verdacht?«
»Es ist noch zu früh für erste Hypothesen. Ein Mord durch eine
Giftinjektion könnte von einem Klinikangestellten begangen worden sein. Mit den
Ärzten habe ich noch nicht gesprochen, aber den Aussagen des Klinikchefs nach
konnte ihn niemand aus der Ärzteschaft oder vom Krankenhauspersonal leiden.
Andererseits kommt auch die Kunstsammlung als Tatmotiv in Frage. Dimitriou von
der Spurensicherung wollte sich um eine Einschätzung durch einen
Sachverständigen kümmern. Ich habe von Kunst keinen [55] blassen Schimmer, doch
die Alarmanlage deutet darauf hin, dass sie ein Vermögen wert ist. Daher möchte
ist erst einmal diesen beiden Fährten nachgehen.«
»Ihr Ansatz ist richtig, aber Sie werden
nicht weit damit kommen.«
»Wieso?«
»Weil sich nur schwer ein Arzt finden wird, der über einen Kollegen
die ganze Wahrheit erzählt. Er wird nur das Nötigste aussagen und den Rest
hinunterschlucken, genauso wie die Krankenschwestern. Sie werden mauern, um
ihre Ruhe zu haben. Was die Kunstsammler
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