Zahn, Timothy - Eroberer-Trilogie\1 - Eroberer
alle voneinander getrennt »Aber das ist ihr Teil des Krieges«, sagte sie. »Stimmt's?«
»Stimmt«, sagte Holloway. »Sparen Sie sich Ihre mentale Energie lieber für unseren Einsatz.« Er zögerte. »Falls es Ihnen hilft: Denken Sie daran, wie gut wir uns gegen sie behauptet haben, nachdem sie uns abgeschossen hatten.
Wenn sie wirklich so schlecht auf den Kampf gegen uns vorbereitet waren, dann werden sie auf Edo oder Avon wohl erst recht ihr blaues Wunder erleben.«
Er hob die Hand, und Melinda sah ein fahles Flackern, als er die Uhrzeit ablas. »Aber ich habe Sie sowieso schon zu lange aufgehalten. Mit dem Rest der Autopsie und wahrscheinlich noch ein paar Operationen wird Ihr Tag wahrscheinlich genauso anstrengend werden wie meiner.«
Operationen ... »Ja, das stimmt«, sagte Melinda mechanisch, und plötzlich kam ihr ein seltsamer Gedanke. Eine vage Erinnerung an die erste Untersuchung der Eroberer-Leiche. »Ich will versuchen, bis morgen Abend die Berichte über die Scheibe und die Leiche des Eroberers fertigzustellen.«
»In Ordnung«, sagte Holloway, fand die Lücke im Vorhang und führte sie aus der Dunkelheit ins trübe Licht der medizinischen Station. »Wissen Sie, wo Sie schlafen sollen?«
»Ja, ich weiß Bescheid«, versicherte sie ihm. »Vorher möchte ich aber noch etwas überprüfen.«
»In Ordnung. Gute Nacht, Doktor.«
»Gute Nacht.«
Die Pioniere der Friedenstruppen hatten eine leere Transportkapsel in einen Sarg für die Leiche des Eroberers umfunktioniert und ein überzähliges Icefire-Triebwerk in ein Kühlaggregat. Sie hatten es an der Peripherie der Kammer, ein paar Meter vom Autopsiebereich entfernt, aufgestellt. Leider allzu peripher - ein Umstand, den Melinda nicht genügend berücksichtigt hatte, als sie diesen kleinen Abstecher plante. Aber das war nun auch nicht mehr zu ändern. Dieser Abschnitt unter dem Felsüberhang war noch nicht gegen Einblicke aus der Außenwelt abgeschirmt, und Holloway hatte ausdrücklich verboten, dass hier Licht gemacht wurde, bevor diese Abschirmung hergestellt worden war. Sie würde sich also mit dem diffusen Sternenlicht behelfen müssen, das durch die Bäume gefiltert wurde oder die Sache bis morgen aufschieben.
Aber sie erreichte den Behälter ohne größere Blessuren als ein paar Stöße gegen Füße und Schienbein. Hobson hatte den überzähligen Ausrüstungswagen direkt danebengestellt; und nachdem sie vorsichtig herumgetastet hatte, fand sie eine Atemschutzmaske und ein Paar neue Handschuhe. Sie zog beides an und klappte den Deckel auf.
Die Leiche des Eroberers lag mit dem Gesicht nach oben auf einem Metallblock, den die Pioniere durch Punktschweißen in der Kapsel angebracht hatten. Sie hob den Kopf an, schob ihn von sich weg und folgte dann mit der Hand der Wölbung des Hinterkopfs. Wenn sie sich richtig erinnerte ...
Und da war es auch schon: die typische Glätte von Narbengewebe. Ein vertikaler Einschnitt, etwas von der Mitte versetzt, der sich fast über die ganze Strecke zwischen dem Schädel und der Oberseite des Knochengrats erstreckte, der den oberen Ansatzpunkt des Rückgrats des Aliens bildete. Dieser etwa fünf Zentimeter lange Einschnitt war glatt und sehr professionell ausgeführt.
Und hatte genau die richtige Größe, dass ihm etwas mit dem Durchmesser dieser Wurstscheibe entnommen worden sein konnte.
Langsam und vorsichtig brachte sie den Kopf wieder in die Ausgangslage und schloss den Deckel des Behälters.
Sie wusste, es war lächerlich. Geradezu lachhaft. Und doch ...
Sie schnaubte hinter der Maske. Nein; es war lächerlich. Die Eroberer hatten schließlich Geschlechtsorgane -da würden sie sich doch nicht durch Zellteilung fortpflanzen. Und sie pflanzten sich wohl schon gar nicht auf irgendeine Art und Weise fort, die chirurgische Eingriffe erfordert hätte. Sie wandte sich ab und führte die behandschuhte Hand zur Dichtung der Atemschutzmaske ...
Und erstarrte. Dort, nicht mehr als zehn Meter entfernt, driftete irgendetwas in der Lagerzone langsam durch die Luft. Ein irrlichternder Schemen in fahlem Weiß bewegte sich zwischen den Boxenstapeln und der Ausrüstung.
Ein Geist.
Melinda spürte, wie die Hände auf den Wangen zu zittern begannen, und alle Gespenstergeschichten, mit denen Aric und Pheylan sie als Kind in Angst und Schrecken versetzt hatten, schlugen in einer Woge der Panik wieder über ihr zusammen. Sie wich unwillkürlich einen Schritt zurück und blieb stehen, als sie mit dem Rücken gegen den
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