Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
und reichte ihm die Fläschchen.
Er sah stirnrunzelnd auf die Etiketten. »Das hier ist Prindeclorin«, sagte er und hob die Flasche mit der braunen Flüssigkeit hoch. »Es handelt sich um ein antivirales Breitbandmedikament. Die andere Substanz ist Qohumet, ein Parasitenvertilgungspulver für gefiederte oder geschuppte Lebewesen wie unser Freund Chort. Ich habe aber keine Ahnung, was die beiden Substanzen zusammen hier zu suchen haben.«
»Ich schon«, sagte Ixil mit plötzlich sehr nachdenklicher Stimme, während er sich von der Koje erhob und zu Everett hinüberging. »Wenn man die beiden Substanzen mischt und das Gemisch dann entzündet, erhält man etwas sehr Interessantes.«
Ich fröstelte wieder. Ich kannte diesen Ton, den Ixil angeschlagen hatte. Kannte ihn nur zu gut. »Und das wäre?«, fragte ich ihn.
Er nahm Everett die Flaschen aus der Hand und warf einen Blick auf die Etiketten. »Zyanidgas.«
»Vielleicht wäre das eine mögliche Erklärung«, sagte ich und schaute finster auf die Anzeigen der Brücke. Es gab eigentlich keinen Anlass, finster zu blicken, denn die Anzeigen waren alle im grünen Bereich, aber ich verspürte eben das Bedürfnis, ein Gesicht zu ziehen. »Sie wurden als eine Warnung an uns dort hingestellt.«
»An uns?«, fragte Ixil pointiert vom Drehstuhl mir gegenüber. Das Sprechen fiel ihm jedoch schwer angesichts des riesigen Sandwiches, das er sich anscheinend in einer stetigen Schubbewegung einverleiben wollte. Das Heilungskoma der Kalixiri hatte auf jeden Fall seine Vorzüge, aber es zehrte den Patienten auch stark aus. Das war bereits Ixils zweites derartiges Sandwich, und er würde wahrscheinlich noch ein drittes verdrücken, bevor sein Hunger auch nur annähernd gestillt war.
»Na schön: Dann war es also eine Warnung an dich«, sagte ich und schaute noch finsterer drein. »Aber weshalb solltest du sie ernst nehmen? Was hätte unser Saboteur denn davon, wenn er uns – Verzeihung, dir – erst eine Zielmarkierung verpasste?«
»Falls es der Saboteur überhaupt war«, sagte er, brach ein Stückchen vom Sandwich ab und beugte sich hinunter, um Pax damit zu füttern. Beide Frettchen waren auf dem Boden: Pax hockte an einer Stelle, von wo aus er durch die offene Brückentür den Korridor sah, und Pix patrouillierte um Umfang der inneren Hülle entlang durch den Raum und versuchte eventuelle Lauschangriffe aus dieser Richtung zu erkennen. Ixil und ich hatten schon dafür gesorgt, dass die Gegensprechanlage, die während oder gleich nach meiner Borandis-Mission wie von Geisterhand wieder instandgesetzt worden war, nicht mehr gegen uns verwendet werden konnte. »Vielleicht wollte uns jemand auf diese Art warnen, dass ein Saboteur sich an Bord befindet.«
»In diesem Fall sollte die betreffende Person erst einmal lernen, sich vernünftig mitzuteilen«, sagte ich missmutig. »Betrachten wir die Sache mal aus einem anderen Blickwinkel. Wer an Bord hätte sonst noch über diesen Trick mit dem Qohumet und dem anderen Zeug Bescheid wissen können?«
»Prindeclorin«, sagte er mit dem Mund voller Sandwich. »Ist leider schwer zu sagen. Das war vor zwanzig Jahren ein Favorit von Salonrevolutionären; es wurde zusammen mit einer Reihe anderer Gemische aus handelsüblichen Chemikalien verwendet und erlangte durch Mundpropaganda einen ziemlich hohen Bekanntheitsgrad. Aber den großen Durchbruch erzielte es nie, weil man nämlich nur einen kleinen Bereich damit präparieren kann oder aber eine große Menge der entsprechenden Chemikalien mitführen müsste.«
»Und weil der Umstand, dass man es entzünden muss, die konspirative Einsatzmöglichkeit einschränkt?«
»Definitiv«, pflichtete er mir bei. »Wenn jemand eine helle Flamme sieht, die eine grünliche Wolke erzeugt, wird er wohl kaum bereit sein, die Wirkung des Qualms an sich zu testen.«
»Es sei denn, die fragliche Person liegt in einer Kabine von der Größe eines Schuhkartons in einem Kalixiri-Koma«, sagte ich und verzog dabei das Gesicht. »Glaubst du, dass sich noch mehr von diesen nützlichen Chemikalien an Bord befinden?«
Ixil legte eine Pause ein und kaute weiter. »Ich könnte mir vorstellen, dass fast alles in einer Krankenstation tödlich ist, wenn die Dosis nur hoch genug ist«, sagte er, als sein Mund wieder leer war. »Sofern du nicht alles über Bord werfen willst, können wir kaum etwas daran ändern.«
»Das wäre vielleicht gar keine schlechte Idee«, knurrte ich. »Allmählich frage ich mich nämlich, ob
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