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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Zahn
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mich also vom Geflecht. Langsam und unmerklich; aber wo ich nun darauf achtete, sah ich deutlich, dass das Geflecht zurückwich. Und die einzige Erklärung dafür, dass ich mich zu bewegen vermochte, bestand darin, dass die kleine Sphäre plötzlich auch ein Schwerefeld wie der große Bruder nebenan entwickelt hatte.
    Ich schaute mich wieder um, wobei die Aufmerksamkeit insbesondere den Kabelschleifen galt, die auf meiner Seite des Geflechts hingen. Nein, das Feld glich nicht dem des großen Bruders, korrigierte ich mich. Es war vielmehr das genaue Gegenteil. Anstatt alles zur Außenwand zu ziehen, zog dieses Feld alles zum Mittelpunkt. Ich versuchte zu ergründen, wie das wohl möglich war, doch war mein Verstand damit überfordert.
    Außerdem hatte ich im Moment dringendere Probleme. Wenn das Feld auf den Mittelpunkt der Sphäre fokussiert war – und das stand fest, so, wie die hängenden Kabel nun nach innen wiesen –, würde ich dort feststecken, sobald ich den Nullpunkt erreichte. Dann wäre jede Richtung, in die ich mich drehte, oben – und weil es auch nichts gab, wogegen ich zu treten oder woran ich mich abzustoßen vermochte, wäre ich so unentrinnbar gefangen wie eine Fliege im Spinnennetz.
    Ich wählte einen anderen Fluch aus meinem Repertoire, diesmal einen richtig derben, und schwenkte die Lampe auf der Suche nach Erleuchtung. Da waren die hängenden Kabel, die nun natürlich eine größere Ähnlichkeit mit Lianen als mit treibendem Seetang hatten. Aber ohne dass ich wusste, was sie darstellten, hätte ich schon ziemlich verzweifelt sein müssen, um einen Schaden an der Ikarus oder an mir selbst zu riskieren, indem ich an ihnen zerrte. Zumal ich auf den zweiten Blick erkannte, dass sie sich nirgends innerhalb meiner Reichweite befanden.
    Nachdem ich die erste Panik wieder unter Kontrolle gebracht und mich gezwungen hatte, einen kühlen Kopf zu bewahren, wurde mir bewusst, dass ich keineswegs verloren war. Tera wusste schließlich, dass ich hier drin war, und wenn ich nicht bald wieder zum Vorschein kam, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis Ixil oder einer der anderen sich auf die Suche nach mir machte. Sie müssten nur ein Seil draußen befestigen und es durch das Gewirr der Leitungen zu mir herunterlassen, dann konnte ich mich durch das Geflecht ziehen und in Sicherheit bringen. Und dass Tera darauf bestanden hatte, dass ich etwas zu essen und zu trinken mitnahm, war vielleicht doch keine so schlechte Idee gewesen.
    Ich schien nun schneller zu driften, obwohl ich es nicht mit Sicherheit zu sagen vermochte. Auf einmal sah ich aus dem Augenwinkel ein gelbes Glühen; ich drehte mich um und stellte fest, dass auf einem der Flachmonitore, der bisher die gleichen roten Symbole wie alle anderen gezeigt hatte, plötzlich ein Gittermuster aus gelben und schwarzen Quadraten erschienen war. Während ich noch den Blick darauf gerichtet hatte, änderte sich eine andere Anzeige -diesmal in orangefarbene und schwarze Quadrate. Für eine Minute schaute ich abwechselnd auf die Monitore und versuchte ein Muster in der Anordnung der farbigen Quadrate zu erkennen. Aber wenn es eins gab, vermochte ich es nicht zu identifizieren.
    Ungefähr zwei Meter war ich vom Mittelpunkt entfernt und driftete noch immer in einem gemächlichen Tempo dahin, als mir plötzlich bewusst wurde, dass, wenn ich diesen Kurs beibehielt, ich direkt gegen den Gelenkarm prallen würde, der in meinen Pfad ragte.
    Ich bestrich den Ausleger mit dem Lichtkegel der Lampe und spürte, dass das Gesicht wieder von Schweiß überzogen wurde. Ich hatte gesehen, dass der Ausleger schwarzsilbern gestreift war; bisher war mir aber entgangen, dass das Ende des Auslegers auf einer Länge von etwa zwanzig Zentimetern in einem suspekt lumineszierenden Grau gehalten war. Der Felddetektor sprach nicht darauf an, aber ich war auch noch zu weit weg, als dass er Spannungen von weniger als ein paar Hundert Volt registriert hätte. Der Ausleger hatte keine Ähnlichkeit mit den Stromkabeln, zwischen denen ich mich hatte durchschlängeln müssen, doch in Anbetracht des fremdartigen Ursprungs dieses Orts war das auch kein großer Trost.
    Fest stand aber – und das war schon gar kein Trost –, dass, falls der Ausleger plötzlich so unter Strom gesetzt wurde, dass die Hölle in himmlischem Glanz erstrahlt wäre, ich unvermeidlich mit ihm kollidieren würde. Ich konnte höchstens versuchen, ihn beim Näherkommen vorsichtig zu ergreifen und mich wie am Reck darüber

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