Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
ereignislos. Es fiel genug Licht hinter mir durch die Öffnung, trotz der Schwerelosigkeit vermochte ich mich ziemlich präzise zu bewegen, und ich hatte auch weitgehend freie Bahn bis zu der Lücke, auf die ich Tera hingewiesen hatte. Ich trug den E-Felddetektor wie eine Monstranz vor mir her und konzentrierte mich auf die Messwerte. Wenn der Zeiger auch nur zuckte, hielt ich inne und versuchte den Ursprung zu bestimmen.
Hier drin flossen tatsächlich Ströme – und zwar viele. Die stärkste Quelle schienen die Platten zu sein, die in unregelmäßigen Abständen an der Innenwand angebracht waren – das erleichterte mir immerhin die Navigation. Wegen der beschränkten Sicht, die ich vom Zugangsloch aus gehabt hatte, waren mir diese Platten ein Rätsel gewesen; aus der Nähe wurde dieses Rätsel allerdings auch nicht gelöst. Sie hätten Anzeigegeräte sein können, auf denen der aktuelle technische Status in einer fremdartigen, unverständlichen Schrift angezeigt wurde. Genauso gut hätte es sich aber auch um Stimmungslampen im Stil von Lichtorgeln handeln können, die der Erbauung desjenigen dienten, der nach Ansicht der geistlosen Elektronik hier Dienst schob. Ich kam zu dem Schluss, dass ich lieber beim Fliegen von Sternenschiffen bleiben und die esoterischen Alien-Evaluationen anderen überlassen sollte.
Nach ein paar Minuten erreichte ich die Lücke – nur um festzustellen, dass meine Interpretation ihrer Bedeutung doch nicht so stichhaltig war, wie ich zuerst geglaubt hatte. Das bloße Vorhandensein der Öffnung war keinesfalls ein Beweis dafür, dass jemand von der Größe eines Menschen hindurchgegangen war. Der ursprüngliche Trugschluss hatte einmal daraus resultiert, dass dieser Bereich übersichtlicher war als die umgebenden Bereiche, und zum anderen war die Stelle durch eine optische Täuschung offener erschienen, als sie in Wirklichkeit war.
Aber sie war nicht besonders offen. Es gab mindestens ein Dutzend Leitungen, die die Lücke einen halben Meter weiter hinten kreuzten und die ich von meiner vorherigen Position aus nicht zu sehen vermocht hatte. Falls Cameron diesen Weg genommen hatte, hatte er seine Spuren mit dem Geschick eines Indianerscouts verwischt.
Was weiterhin bedeutete, dass man nun nicht mehr wie selbstverständlich davon ausgehen konnte, dass Cameron hier eingestiegen war; ganz zu schweigen davon, dass er bewusstlos oder gar tot irgendwo herumschwebte.
Für eine Minute leuchtete ich mit der Lampe durch die Lücke in die Finsternis dahinter. Ich sah das Glitzern, als der Strahl von fremdartigem Metall oder Kunststoff oder Keramik reflektiert wurde, und fragte mich, was ich nun tun sollte. Falls Cameron überhaupt nicht hier drin war, dann wäre eine Fortsetzung der Exkursion nicht nur unnötig, sondern wahrscheinlich auch gefährlich.
Und wenn Cameron wirklich nicht hier drin war, dann wären wir wieder bei der spannenden Frage, wohin zum Teufel er verschwunden war. Falls er die Ikarus auf Potosi verlassen hatte – ob freiwillig oder nicht –, dann wäre er wahrscheinlich jetzt in einer schwierigeren Lage, als wenn er hier gewesen wäre. Bei näherer Überlegung wurde mir nun bewusst, dass seine Entführung auf Potosi vielleicht auch erklärte, wieso die Najiki die Ikarus vor Utheno so schnell identifiziert hatten. Möglicherweise hatte uns aber auch die Meldung des Zolls auf Potosi eingeholt.
Andererseits – ob Cameron hier war oder nicht –, wir mussten uns noch immer bezüglich der Funktionsfähigkeit des Stardrive vergewissern, wenn wir unseren Kopf aus der Schlinge der Patth ziehen wollten. Vernünftigerweise hätte ich mich an dieser Stelle zurückziehen und alle anderen Pläne auf Eis legen sollen, bis Pax zurückkam und Bericht erstattete.
Und dann, als ich den Raum gerade ein letztes Mal mit der Lampe bestrich, hörte ich einen leisen, entfernten Ton. Im Gegensatz zum Geräusch, das ich beim Gespräch mit Tera gehört hatte, klang da6 hier sehr vertraut. Es war der Schrei eines erschreckten Kalixiri-Frettchens -die Art einer akustischen Reaktion, die gewöhnlich schnell die Tonleiter hinauflief und genauso schnell wieder abschwoll.
Nur dass die Abfolge diesmal nicht eingehalten wurde. Der Ton erreichte die Hälfte der Tonleiter und brach dann abrupt ab.
Und bei der plötzlichen Stille, die mir in den Ohren klingelte, starrte ich in die Finsternis. Ich spürte, wie Schweiß auf der Stirn und im Nacken perlte. Dieser Ton war nicht einmal ausgehaucht worden – kein
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