Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
Nummern, mit denen man mich irgendwie hätte in Verbindung bringen können – weder geheim noch offen.
Trotzdem war ich froh, dass sie sich so lange mit dem Fon beschäftigt hatten, denn das eröffnete mir nun die Möglichkeit der Kommunikation mit der Außenwelt. Ich legte mich in Griffweite des Fons auf den Boden und drehte das Gerät auf den Rücken. Ich steckte noch immer in großen Schwierigkeiten, aber durch einen kurzen Anruf bei Ixil würden die anderen zumindest erfahren, dass die Patth hier und auf der Jagd waren. Mit einem letzten flüchtigen Blick zur Tür schaltete ich das Gerät ein und streckte den Finger zur Tastatur aus.
Und hielt inne.
Das Ganze war zu einfach. Viel zu einfach. Wieso war nicht schon längst Verstärkung herbeigeeilt, um mich wieder an die Leine zu legen? Wieso fummelten diese zwei Iykams an meinem Fon herum, statt dass es von einem qualifizierten Fernmeldetechniker untersucht wurde? Und wieso gab es nur zwei Wächter?
Ich schaltete das Gerät aus und drehte es wieder um, wobei ich es so platzierte, dass ich einen guten Blick auf die freiliegenden Schaltkreise hatte. Und weil ich diesmal wusste, wonach ich suchen musste, wurde ich auch schnell fündig.
Meine schlauen kleinen Spielgefährten hatten einen Repeater-Chip in die Übertragungsleitung eingebaut, der dem Verschlüsselungssticker vorgeschaltet war. Ich vermochte das »Kleingedruckte« auf dem Chip zwar nicht zu lesen, aber es war im Grunde auch egal. Beim einfacheren Chip der Serie VI hätten sie jedes Gespräch mitzuhören vermocht, das ich führte. Bei der fortschrittlicheren Version IX – und mit einem entsprechend ausgestatteten Fon an einem anderen Standort in der Stadt – hätten sie aber nicht nur mitzuhören vermocht: Sie wären auch noch imstande gewesen, per Dreieckspeilung über das lokale Fon-System die Position der Gegenstelle zu ermitteln. Ich hatte mich geirrt: Sie wollten gar keinen Voodoo-Zauber mit mir veranstalten; nein, sie wollten die Ikarus auf die billige Tour erwischen.
Ich war durchaus bereit, Wächtern entgegenzukommen, denen daran gelegen war, dass ich Schwierigkeiten machte – aber noch weiter ging meine Kollaboration mit dem Feind nun wirklich nicht. Deshalb rollte ich mich wieder auf die Knie, ließ das Fon liegen und versuchte mir die Plasmawaffe zu greifen, die neben meinem ID-Etui lag.
Ich wollte mich gerade hinunterbeugen und sie aufheben, als die Tür aufgestoßen wurde.
Instinktiv ließ ich mich fallen und schnappte mit ausgestrecktem Arm die Waffe; dabei schlug ich so hart auf dem Boden auf, dass der stechende Schmerz mir wieder durch den Kopf schoss. Ich ignorierte den roten Schleier, den ich plötzlich vor den Augen hatte, und drehte mich mit der Plasmawaffe in der Hand zur Tür um.
Es war, wie ich gestehen musste, ein eindrucksvoller Anblick. Vier Iykams standen im Halbkreis direkt in der Türöffnung, und jeder von ihnen hielt eine dieser scheußlichen Koronaentladungs-Waffen in der Hand. Die wachsame Reglosigkeit verlieh ihnen die Anmutung solcher Fabelwesen wie Gargoyles. Ich sah, dass hinter ihnen noch zwei von den hässlichen Viechern in der Tür standen. Sie waren zweifellos begierig, mir eins überzubraten.
Und genau in der Mitte der Türöffnung, zwischen den zwei Gruppen, stand ein grau gewandeter Patth.
»Die Waffe können Sie getrost vergessen, Mr. McKell«, sagte er. Seine Stimme war typisch Patth: Sie vereinte Aufrichtigkeit, Verachtung und Schmalzigkeit in einem Sound, der ebenso einmalig war wie Chorts craeanisches Pfeifen. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir Ihnen eine funktionsfähige Waffe dagelassen hätten, oder?«
»Nein – nicht nach diesem ziemlich raffinierten Trick mit dem Fon«, pflichtete ich ihm bei. Ein genaues Zielen war zwar schwierig, da die Waffenhand an die Armlehne gekettet war, aber ich richtete die Plasmawaffe trotzdem auf die Mitte seines Körpers. »Jedenfalls nicht mit Absicht. Habt ihr schon mal von einem ›Power-Kondi‹ gehört?«
Das bewirkte eine leise, aber doch wahrnehmbare Regung unter den Gargoyles. »Ich glaube nicht«, sagte der Patth und reicherte das schmalzige Spektrum seiner Stimme mit ein wenig Belustigung an. »Aber ich bin sicher, dass Sie es kaum erwarten können, es mir zu erzählen.«
»Eine treffliche Wortwahl«, pflichtete ich ihm bei. »Bei einem ›Power-Kondi‹, in der Fachsprache auch als Dreifachkondensator bezeichnet, handelt es sich um einen Hochleistungskondensator, der in die
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