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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Zahn
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dem ganzen Schiff eingeätzt – Nummern, die auf verschiedenen Listen in der gesamten Spirale verzeichnet waren. Wenn Cameron eine ordnungsgemäße Historie für seinen Phantom-Frachter angelegt hatte, würden diese Nummern sich in einer mit Ikarus beschrifteten Akte der Handelskammer befinden, und in dem Moment, wenn die Najiki sie überprüften, wären wir erledigt. Selbst wenn Cameron die Nummern nicht dokumentiert hatte, würde es nur etwas länger dauern, bis die Seifenblase platzte.
    Die Najiki warteten noch immer. »Natürlich«, sagte ich wieder, drehte mich um und ging zu Tera, die noch immer die Hand in Shawns linken Arm gekrallt hatte. Eine schwache Hoffnung bestand freilich noch: eine Hoffnung, die sich aus Bruder Johns beiläufiger Bemerkung speiste, die er kürzlich über die Najiki gemacht hatte und meiner -hoffentlich nicht zu zynischen – Interpretation dieser Bemerkung.
    »Lasst mich zuerst einmal die Luke öffnen, damit wir aus dem Regen ins Trockene kommen. Vor allem Geoff hier -es geht ihm nicht gut.«
    Irgendjemand in der Gruppe stieß ein Grummeln in einem tiefen Bass aus – die Najiki-Entsprechung eines schallenden Gelächters –, als ich Shawn am rechten Oberarm fasste. Das war gar keine so abwegige Reaktion angesichts der Tatsache, dass Shawn eher betrunken zu sein schien als krank, und ich deutete das als ein gutes Zeichen. Das Zollhauptamt mochte diese Angelegenheit vielleicht ernst nehmen, aber die Beamten hier schienen es eher locker zu sehen. Gemeinsam führten Tera und ich Shawn durch den Kordon der Najiki zum Fuß der Rampe. Ich gab den Zugangscode ein, und hinter Chort öffnete sich die Luke. Ohne erst auf die Erlaubnis der Najiki zu warten, bestieg ich mit den anderen die Rampe.
    »Weitergehen«, murmelte ich Tera zu. Dann ließ ich Shawns Arm los und hängte mich mit dem linken Arm bei ihm ein, so dass ich die Hand frei bekam, aber immer noch den Eindruck erweckte, als ob ich ihn stützen würde. Dann nutzte ich den Aktionsradius des Arms voll aus und steckte die Hand in die Seitentasche des Jacketts, wo ich den Stadtplan verstaut hatte. Mit der anderen Hand hatte ich bereits in die Innentasche des Jacketts gegriffen und tastete nach dem Stift; und als wir aus dem Regen in den Schutz der Verschalung traten, kritzelte ich etwas auf die Oberseite des Stadtplans.
    »Eine interessante Schiffskonstruktion«, bemerkte der gokra rechts hinter mir. Er war wohl so höflich, mir beim Betreten meines eigenen Schiffs den Vortritt zu lassen, aber das hieß nicht, dass er mir auch beim eigentlichen Prozedere die Initiative überlassen würde. »Ein Ylpea-Modell, vermute ich?«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, sagte ich. Doch wo er es nun erwähnte, erkannte ich in der Doppelkugel-Form der Ikarus tatsächlich die Handschrift der Ylpea mit ihrem Faible für französischen Barock. Ob es das gewesen war, wonach Cameron gesucht hatte? Auf jeden Fall sollte man das im Hinterkopf behalten. »Ich bin nur der Pilot, nicht der Eigner. Ich kenne die Geschichte des Schiffs nicht.«
    »Aha.«
    Wir hatten uns unter der Verschalung entlangbewegt und gelangten nun zur Hauptkugel. Hinter dem gokra war nun auch der Rest der Najiki an Bord gekommen, gefolgt von einem stummen Chort. »Aber ihr seid sowieso nicht wegen der technischen Historie des Schiffs hier«, fügte ich hinzu, zog das Etui mit meinem Personalausweis aus dem Jackett und schob zugleich den Stadtplan ins Etui. »Hier ist mein Ausweis.«
    Ich reichte ihn ihm und hoffte das Beste. Falls ich mich verkalkuliert hatte, würde ich in Schwierigkeiten stecken, bevor die Najiki überhaupt die Konsolennummern abgeglichen hatten.
    Er nahm das Etui und öffnete es. Die Multiplex-Augen blinzelten synchron, als er den Stadtplan darin erblickte; und dann blinzelte er nochmals, als er die Notiz sah, die ich darauf geschrieben hatte. Für eine Weile starrte er sie nur an. Und wieder spürte ich plötzlich den Druck der Plasmawaffe gegen die Rippen. Ich war mir voll und ganz bewusst, dass es selbstmörderisch gewesen wäre, in einem so engen Raum das Feuer auf einen ganzen Pulk bewaffneter Gegner zu eröffnen. Shawn neben mir schien den Atem anzuhalten, und bei Tera, die ihn auf der anderen Seite flankierte, spürte ich eine ähnliche Spannung.
    Doch dann schloss der gokra das Etui beinahe vorsichtig, ohne dass er auch nur einen Blick auf meine Personenkennung hinter dem Stadtplan geworfen hätte, und gab es mir zurück. »Vielen Dank«, sagte er fast betreten.

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