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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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Eltern,
es wirkte, wenn auch unbeabsichtigt, so aufgesetzt, dass du ärgerlich
dachtest: Er kannte sie doch gar nicht. Und wie gesagt, du hattest kein
schlechtes Gewissen.
    Als du auf Peter zugingst,
hast du dich dicht an Michaels Seite gehalten; der Gepäckwagen, den er vor sich
herschob, war dir wie ein Schutzschild. Du hast Peter nicht angesehen, bis du
vor ihm standest, du hast während des kurzen Weges auf das Geräusch deiner
Absätze gelauscht und sinnlose kleine Dinge zu deinem Mann, deinem Sohn gesagt,
auf die sie nicht geantwortet haben. Und dann habt ihr, Peter und du, im
gleichen Moment Hallo gesagt, eure Stimmen gingen eine in der anderen unter, du
hättest nicht sagen können, ob es tatsächlich Peter war, der dich begrüßte, ob
tatsächlich du es warst, aus deren Mund ein »Hallo« kam. Und so warst du
erschrocken, als du dein folgendes »Na« zwischen all den Stimmen um euch herum
deutlich, überlaut hörtest, als wäre dir etwas Persönliches, ein Medikament,
ein Tampon, durch Ungeschicklichkeit aus der Handtasche gefallen, auf das sich
nun ausgerechnet die Aufmerksamkeit richtete, obschon sich niemand traute, es
aufzuheben. Dann umarmte dich Peter. Durch sein schlechtes Aftershave hindurch,
für das du sofort seine unbekannte Frau verantwortlich machtest, konntest du
jenen Geruch wahrnehmen, der dich mit schmerzvollen, gro ben Stichen wieder an einen
verblichenen Fetzen anheftete, den du dir vor langer Zeit mit einem Ruck
abgerissen hattest, und er war erschreckend viel größer als damals. Peter gab
Michael und Paul, die beide nicht wussten, ob sie lächeln sollten, die Hand, er
sagte, ein wenig zu leise: »Na, denn wollen wir mal.«
     
    ELLA
     
    Ich habs ja gesagt. Aber immer
erst mit den Augen rollen, hab ich übrigens genau gesehen, weißte, immer erst
so tun wie, immer erst denken, sie ist ja Romy Plötz, aus der Stadt, und was
geht denn sie das an, was hier passiert. Lass die man reden, die Dorftrottel.
Und dann hat sie ihn doch angestarrt, angestarrt, jawoll, genau wie ich heut
morgen. Ich hab erst gedacht, was is nu los, weil die erst gar nichts gesagt
hat zu ihm. Vielleicht hat sie n Schreck gekriegt, dass ich nun doch keinen
Scheiß erzählt hab, dass das stimmt mit dem, Paul heißt er ja, hat er dann auch
noch mal gesagt, wie heut Morgen, aber da hab ich das gar nicht so
mitgeschnitten. Kann nicht wahr sein, hab ich gedacht, die sagt ihm nicht mal,
wer sie ist, also hab ichs ihm gesagt, und da hat sie erst komisch geguckt.
Aber ist doch scheiße, nur so rumzustehn, was soll der denn denken, dass wir
hier nicht mal sprechen können oder was. Aber na ja, da ist nun mal einer
gekommen zum Anstarren, und zwar nach Bresekow, und nicht nach Anklam. Da kommt
nämlich auch keiner hin, normalerweise. Das machen sie doch auch bald dicht, da
braucht sie sich gar nichts einbilden drauf. Hier ist sowieso Feierabend. Kein
Schwein zieht hierher, freiwillig, die hauen doch alle ab, sobald sie können.
Ich will nach Berlin, wie Thorsten. Oder in die Schweiz, später. Wie ist es eigentlich
in Irland so? Er hat sich jedenfalls hergetraut.
    Den ganzen Nachhauseweg musste
ich ihn angucken, er kam mir ein bisschen vor wie ein fremdes Tier, also
irgendwie artfremd oder wie man das nennt, wie n ausgebüxter Wellensittich
oder so was. Da hatt ich beinah n bisschen Angst um ihn. Das sieht man doch
gleich, dass der nicht hierher gehört, hab ich gedacht. Die machen ihn fertig.
Wenn die von der Elpe ihn erst mal zu sehen kriegen, ist es aus, da soll er
bloß einen Bogen rum machen. Wenn, na zum Beispiel, wenn Ecki das spitzkriegt,
dann stachelt der doch gleich die andern Idioten auf, und wenn Paul denn
vielleicht noch was Falsches sagt... Als ob man bei denen überhaupt was sagen
könnte, was nicht falsch war. Die halten das doch nicht aus, wenn einer anders
aussieht als sie, nämlich besser, besser riecht vor allem, und auch sonst, das
sind doch nichts als feige Ratten. Die haben doch ... »Jaa, verdammt noch mal!«
    Mann! Hat sich grade erst zum
Mittagsschlaf hingelegt und schreit schon wieder nach mir, das geht jetzt den
ganzen Nachmittag so. »Ella«, immer diese »Ella«-Jammerei, und dann sagt sie
am Ende wieder, dass sie schon ganz heiser ist, und guckt mich an, als war das
auch noch meine Schuld. Ich weiß ja, sie meint das nicht so, nicht so wie Mutti
oder Vati, und sie kommt auch nicht wie die mit solchen doofen Aufgaben an,
irgendwelcher Haushaltskram, bloß weil sie selber zu faul sind dazu. Wenn

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