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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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sie berüchtigt, die Plötzens. Dass die den Mund
nicht aufkriegen. Fällt mir ja sonst nicht schwer, einfach loszuquaddeln. Aber
so gut kennen wir uns nu auch nicht. Eigentlich gar nicht, wenn man sich das
recht überlegt. Könnt ich höchsten von Fußball anfangen, er geht ja sonnabends
auch immer hin. Aber das letzte Gurkenspiel, Mann, da gibts an für sich nix zu
zu sagen, Traktor Bresekow hat mal wieder vor sich hin gestottert...
    »Na, wat macht die Schule?«
    Die Schule? Wieso fragt er
ausgerechnet danach, ist ja nu das Letzte, wodrüber ich beim Feierabendbier
reden will. Kommt mir vor wie früher, als lütter Bengel, wenn Opa, mein
Polen-Opa, wenn Schorschki mich das gefragt hat, genau das gleiche. Bloß dass
der wirklich ne Antwort haben wollte, und zwar ne ausführliche, der hat sich
da immer sehr für interessiert. Ob sein Enkel nu auch das Zeug zum Viehdoktor
hat, heidiwitzka! Ich hatt vielleicht Schiss vor dem.
    »Muss ja«, sag ich.
    »Sag ma, der Workuta, der is
doch uch bei dir inner Klasse, oder, Rene Workuta, der da hinten beim
Sportplatz wohnt, neben dem Hanske-Haus?«
    »Ja, wieso?«
    »Nur so. Ick nehm den öfter
zum Angeln mit, der kommt immer und fragt, wann ick denn ma wieder angeln fahr.
Der is aber in Ordnung.«
    »Ja, das's n ruhiger
Vertreter.«
    Angeln! Das fehlte nu noch.
Das soll er mal nicht denken, dass er mich dafür begeistern kann, da dreh ich
mich aber lieber noch mal rum im Bett.
    »Übrigens, weißt dat schon,
dat se dat Haus nu verkaufen, dat dat nu einer kaufen will, mein ick?«
    Wovon in aller Welt redet der?
War wohl nicht son Geistesblitz, ausgerechnet mit Friedhelm Plötz Bier zu
trinken. Obwohl, mit Hansi...
    »Dat Hanske-Haus! Dat kauft nu
einer aus Berlin, glaub ick, dat soll schon alles in Papier und Tüten sein,
denn die wollen ja wieder zurück, oder, die Tochter ...«
    Die Tochter! Also wenn ich
über was nicht reden will, dann da, drüber. Aber irgendwie interessiert mich
das jetzt mal: »Sag ma, kennst du die eigentlich, Ingrid, von früher?«
    Dauert n bisschen, bis der
Groschen fällt. Er wusste anscheinend nicht mal, dass sie so heißt. Er weiß
anscheinend gar nix, oder bloß das, was jeder weiß.
    »Achso«, sagt er. »Nee, kaum.
Die war ja uch n Ende älter, oder, war die nich so alt wie du?«
    »Die is so alt wie ich, ja.
War in meiner Klasse.«
    »Und weißt du denn wat
dadrüber?«
    »Wodrüber?« Mann, hätt ich
bloß nicht damit angefangen. Ich weiß nix, gar nix.
    »Na, wie die in Westen
abgehauen is, die is doch denn in Westen, oder? Ick mein, einfach so, oder
hatte die n Ausreiseantrag oder so wat zu laufen?«
    »In Westen, achso. Nee, ihr
Vadder war doch da. Der is doch damals auch rüber, noch vor der Mauer, als das
noch ging, und der is denn gestorben, und da haben sie sie hinfahren lassen,
zur Beerdigung. Kannst ma sehen, dass die auch ganz schön mitm Klammerbeutel
gepudert waren, auf alle Hühneraugen blind, Mann. Das sah doch n Blinder mit
Krückstock, dass die nicht zurückkommt! Wie ich das hörte, Ingrid is im Westen,
da wusst ich, dass ich die, dass wir die nich mehr wiedersehn. Das wars.«
    Friedhelm zuckt mit den
Schultern. Der weiß nix, Mann! »Na ja, die hatte wohl nix zu verliern, wat, ick
mein, in dem Alter, da kann man so wat noch machen. Da hat doch so manch einer
drüber nachgedacht, oder? Ick mein, da hat man doch nu nich groß an seine Alten
gedacht.«
    »Na, das nich. Aber, ich mein
... Die hatte doch n Kind!«
    »Die hatte n Kind? Aber wieso,
der Bengel kann doch nich viel älter sein als Romy, oder wat? Sag ma, wie alt
isn der?«
    »Der doch nich, Mann! Henry!
Der Verrückte!«
    »Wat?« Nu fällt er aus allen
Wolken. »Doch nich der, der die alte Frau, wie hieß die denn noch ...«
    »Mehling! Der hat die Mehling
umgebracht, und was er vorher mit ihr gemacht hat, brauch ich dir ja wohl nich
zu erzähln, die Sau! Der war schon als Kind nich ganz dicht war der doch nich,
der hätt doch da schon weggeschlossen gehört! Aber die alte Hanske, die hatte
auch n Schuss, die war doch völlig überfordert mit dem. Und Ingrid ...«
    »Die is einfach abgehaun?«
    »Sag ich doch. - Übrigens, lass
ma dein Bier nich schal werden.«
    Er guckt mich an, ganz
abwesend. »Jaja«, sagt er und trinkt schnell n Schluck. »Aber da muss der doch
noch ganz lütt gewesen sein. Da kann die dat doch noch gar nich, ick mein, na,
gewusst haben, wat mit ihm los is, dat mit ihm wat nich stimmt!«
    »Wieso, denkst das merkt man
nich sofort, so als Mutter?

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