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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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am meisten hat mir dat eigntlich
angekotzt, dat dat n Zufall war, ick mein, dat dat einfach so passiert is, ohne
dat dat einer gemacht hat, ick mein, ohne dat dat einer wollte. Klar, is
scheiße, dat die Halle jetz weg is, dat wir da nich mehr hingehn können, wo
solln wir denn jetz hin, etwa zum Bussi? Ick mein, ick hätt doch uch nie die
Halle abgefackelt. Aber wenigstens war dat besser gewesen: wenn ick dat gemacht
hätt. Wenn dat alle gewusst hätten, und keiner hätt wat gesagt. Vielleicht
sogar, wenn dat keiner gewusst hätt. Nich ma Sabrina. Die kommt nich mehr, ick
weiß dat, die geht weg. Ick geh uch weg. Aber nich nach Anklam, und uch nich
nach Neubranden burg. Richtig, mein ick. Wird mein Vadder erst ma Kopp stehn. Ick hör
dat schon: Wat wist du denn woanders, du Vadderlandsverräter, wenn dat nu jeder
machen würd ... Na und! Wenn dat jeder machen würd, war dat hier bald ganz
schön tote Hose, ick mein, noch mehr wie jetz. Denn war dat hier total leer,
stell dir dat ma vor, denn haust hier vielleicht bloß noch ein oller Opa in
seine Hütte, und denn kratzt der am Ende uch ab, wat nich ma einer mitkriegt,
weil keiner mehr da is, denn is keiner mehr da, kein Schwein, denn wird dat
hier wieder Urwald oder so, wuchert die ganze Scheiße wieder zu, wie auffer
Elpe. Geil.
     
    DIE GEMEINDE
     
    Nee nee nee
    Dat musst ja so weit
    Ick heww dat koomen seihn
    All de Johr
    All de Johr hemms
    Un keene Füerwiehr dat olle
Vihekel dat
    Wi hemm noch nie nich ne
richtje
    Öwer früher Aber früher
    Weitst noch wie dat da brannt
het mancheis Einma
    Der große Brand Mensch wie
lang is dat her dat muss
    Wie der Bullenstall brannte
    As de Stall un dotau noch de
Scheun
    Nich de Schaul dei nich
    Do wiern wi jo noch ganz lütte
    Siebzig rum muss dat gewesen
sein
    Achtundsechzig als ick ausse
    Apropro dat gibt jetz son Buch
mit sämtliche Leute
    Nur so Fotos von
neunundsechzig bis heute Nee
    Jeenfalls sind se alle drin na
du nich
    Öwer die Müllersche inne
Molkerei wie se da steiht
    Und Sonja
    Jaa Sonja in ihrm Laden da war
die ja noch
    Aber dat hab ick sofort
    Dat war doch noch schön da
bin'ck gerne hin Un nu
    Mit diese vermaledeiten
    Kann se doch froh sein manch
einer
    Verdient doch nix da
    Die hat doch wat Bessres
    Verdient wa
    Dat segg ihr ma
     
    SONJA
     
    Heut hatt ich den Club für
mich alleine. Dabei dacht ich, es würd rappelvoll werden, jetzt, wo sie nicht
mehr auf die Elpe können, erst mal, wurd ja alles abgesperrt, die Polizei war
da. Als ich heute nachmittag dadran vorbeifuhr, kam mir das vor wie - wie das
Ende der Welt, so gries und keine Menschenseele. Romy würd nu lachen und sagen,
Mama, das ist
ja auch
das Ende der Welt hier. Aber ich mein das noch anders. Als war nu endgültig
alles vorbei, oder als würden wir das jetzt erst merken. Das ist mitten im
Dorf, dieses ganze Gelände, da muss jeder dran vorbei, wenn er von einem Ende
zum andern will - obwohl das ja auch kaum noch einer macht: durchs Dorf gehen,
wozu auch. Höchstens noch mal zum Friedhof, notgedrungen. Die meisten pflanzen
jetzt Erika und Efeu, muss man sich kaum drum kümmern. Aber was ich sagen will:
Die Alten wie die paar Jungen, die leben alle nur noch in ihrem Haus, die bauen
das aus noch und nöcher, aber mehr nicht, lauter einzelne Häuser. Das ist kein
Dorf mehr. In der Mitte ist nichts. Das kann man sehen, aber man muss nicht.
Man kann sich in sein Auto setzen und wegfahren, nach Anklam, nach Greifswald,
zum Baumarkt, die Gutscheine vom letzten Geburtstag einlösen. Und wenn man
zurückkommt, ist es dunkel.
    Wie ich da heut so geschlagene
fünf Stunden im Club saß, da herrschte eine Totenstille. Als um vier noch
keiner da war, wollt ich eigentlich abschließen und losgehen. Gar nicht mal
unbedingt nach Hause, obwohl ich auch nicht wusste, wohin sonst, bisschen
rumflöckern in Anklam vielleicht, was ja auch Quatsch ist, trifft man auch bloß
Leute, die einen kennen, und wer kennt mich da nicht. Na, Frau Plötz, heute
frei? Außerdem, es gibt ja auch nix mehr, wie viele Geschäfte gibts denn noch,
die kann man an einer Hand abzählen, sogar das K unstgewerbe hat
zugemacht, das war noch so die letzte Bastion. Leisten könnt ich mir das
eigentlich nie richtig, aber ich war da gerne. Drei Etagen voll Schnickschnack,
da hatt ich ja schon immer n Faible für, manchmal bin ich da bloß lang, um das
Schaufenster anzugucken, besonders in der Weihnachtszeit, das hatten sie immer
so schön gemacht. Neulich hab ich alte Fotos sortiert, mit Romy

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