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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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Donnerstag, wieso müssen Sie denn zu den Hoschis nach
Grewenthin, wieso denn nach Schmalditz, diese Flachköppe, die brauchen doch keinen
Club. Ja, wieso, wieso? Mir passt das doch auch nicht. Aber das wurd nun mal so
festgelegt, weil eine Gemeinde alleine sich keine Jugendclubleiterin leisten
kann oder will, und das haben sie auch gleich gesagt, als sie mir die ABM
angeboten haben, dass ich da aber drei Clubs zu betreuen hab, immer zwei Tage
hinternander, Montag bis Sonnabend. Tja, was sollt ich denn machen, sollt ich
nee sagen, das könnt ich ja wohl schlecht.
    Meine Vorgängerin, die
Nielich, die hatte das ja gut im Prinzip, die hatte bloß den Club hier in
Bresekow, und das mit den drei Clubs, das wollte die dann nicht machen, konnte
sie ja auch gar nicht, ohne Auto, aber n bisschen stinkig war die denn doch,
als sie gehört hat, dass ich nun die Stelle krieg, ausgerechnet ich, die noch
kein Jahr hier wohnt, und andre hätten das ja wohl viel nötiger, die würden da
schon viel länger drauf warten. Tja, da frag ich mich aber doch, wieso sich
denn keiner weiter drum beworben hat, so dass die letztendlich mich gefragt
haben. Die Nielich, die ist ja wohl anscheinend davon ausgegangen, dass sie das
nun bis in alle Ewigkeit machen kann, und da ist die denn natürlich aus allen
Wolken gefallen. Und seitdem ist die komisch zu mir. Die tut zwar immer so,
»na, Sonja, wie geht dir dat«, aber gönnen tut die mir das nicht. »Ick hab dat
ja damals immer« so und so gemacht, mit so was kommt die jedesmal. Die tut
grade so, als ob sie da nun Wunder was veranstaltet hätte, dabei hat die sich
doch da n Bunten gemacht, die hat sich doch bloß ihr Hinterteil da
plattgesessen und Kaffee geschlürft, ich war ja mal da, als sie noch in Amt und
Würden war und ich aber schon gehört hatte, dass ich die Stelle jetzt krieg,
und ich wollte mal gucken, was die so machen. Und da saß die und hat gestrickt!
Ich hab gefragt, »sag ma, Gisela, was machst du denn so mit denen«, und da hat
sie denn paar Sachen aufgezählt, »na, ma ins Kino, ma zum Baggersee, und denn
harn wir uch ma gegrillt letztens«. Und da hat sie noch zu mir gesagt: »Du,
Sonja, ick muss mir hier nich den Arsch uffreißen, die wolln doch sowieso nix,
und denn musste dir noch blöd kommen lassen, weißt, da mach ick mir doch hier
nich krumm für, und für die paar Piepen!«
    Und dann, wo sie raus war und
ich nun ihre Nachfolgerin wurde, sagt die doch glatt zu mir: »Na, da zieh dir
ma schon warm an, da lass dir ma immer wat einfalln für die Bagage! Die sind
sonst nur am Rumnörgeln! Ach, und denn musst du ja nu uch noch immer fahren,
wa? Na viel Spaß denn!«
    Und was soll ich dir sagen?
Die hatte recht, die Nielich. Und zwar mit beidem.
    Ich glaub, das ist, weil die
gar nix mehr anfangen können mit sich. Die sind so leer, »das kannst du dir gar
nicht vorstellen«, sag ich immer zu Romy.
    »Doch, kann ich«, sagt sie,
ich glaub, ich geh ihr manchmal ganz schön auf die Nerven mit meinen
Club-Geschichten. Aber ich bin dann immer so froh, dass mein Kind nicht so ist,
dass Romy ganz anders ist, weil hätt ja sein können, dass sie auch so war, dass
sie auch mit denen rumhängt und Scheiße baut, und dann? Hätt doch sein können.
Ich mein, wir kommen doch auch nirgendwo anders her, Friedhelm und ich, wir
sind doch auch bloß vom Dorf, wir haben doch auch nie groß was andres zu sehen
gekriegt. Wir habens ja auch grade mal bis Anklam geschafft, und da war man
damals schon stolz drauf, da hab ich schon gedacht, jetzt bin ich da raus. Wie
ich dann mein kleines Zimmer in Anklam hatte, und das war mir ganz egal, dass
das ohne richtige Küche und Bad war, bloß so abgeschlagen mit nem Vorhang, und
das Klo eine Etage tiefer aufm Hausflur, und dass ich immer die Kohlen ausm
Keller bis ganz da hoch schleppen musste, wenn Friedhelm nicht da war, der war
ja die Woche über in Berlin. Aber ach, das war schön, wenn er dann am Wochenende
kam, meistens schon Freitagabend, und ich war dann auch nicht traurig, wenn er
Sonntag wieder losfuhr, wir hatten beide unsre Arbeit, und so ne Woche ging
immer schnell rum. Und ich hab ja gemerkt, dass er gerne in Berlin ist, dass
ihm das Spaß macht da, mit seinen Kollegen und auf der großen Baustelle.
    Heute kann er sich so was gar
nicht mehr vorstellen. Wenn das nun noch mal heißen würd, los, auf Montage, das
würd der nicht machen. Der weiß gar nicht, wie gut er das hat. Muss bloß bis
nach Anklam, war noch nie arbeitslos, höchstens mal

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