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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Renner
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einen Moment lang in die darauffolgende Stille hinein. Die Wächterin muss aus dem Raum gekommen sein, in den Otter Aidan gebracht hat. Aber wieso? Hat sie dort auf sie gewartet?
    In weniger als einer Minute bin ich zurück im Dachgeschoss und ermahne meine Füße, leise zu sein, während ich mich der Tür nähere, aus der die Wächterin auftauchte. Meine Vermutung bestätigt sich, sie sind tatsächlich dort drin. Laute Stimmen dringen aus dem Raum, genauer gesagt, eine laute Stimme. Die andere ist ruhig und bestimmt. Ich weiß sofort, wem sie gehören: Aidan und Otter.
    »… du kannst mich mal!«, zischt Aidan gerade verächtlich. »Was für ein Mann bist du überhaupt? Du hast noch nicht einmal einen richtigen Namen, sondern bist nach einem Tier benannt, verdammt. Wahrscheinlich hältst du dich für etwas Besonderes, dabei bist du nichts weiter als ein erbärmlicher Eunuch, ein Sklave, der tut, was dieses Monster ihm befiehlt. Warum schließt ihr euch nicht zusammen und schlagt zurück? Er kann euch nicht alle töten. Du bist ein elender Feigling! Ich sterbe lieber, als eine seiner Marionetten zu werden.«
    »Du würdest noch nicht einmal diese Wahl haben. Dein Schicksal liegt nicht länger in deiner Hand.« Otters Stimme ist nach wie vor ruhig, aber es liegt eine Schärfe darin, die ich noch nie zuvor gehört habe. Dem Erschaffer ist gelungen, was ich bisher nie erreicht habe – er hat den Hüter aus der Fassung gebracht.
    »Lord Benedict hat sich äußerst geduldig mit dir gezeigt,Erschaffer, aber damit ist es nun vorbei. Das hier ist deine Werkstatt. Du findest darin alles, was du für deine Arbeit brauchst. Dein Befehl lautet, die Uhren zu reparieren, die dort auf der Werkbank stehen. Du wirst auf der Stelle damit anfangen, sonst wirst du bestraft.«
    Lautlos trete ich näher an die Tür heran. Ich muss sehen, was dahinter vor sich geht. Die Magie, die ich dafür aufwenden muss, ist nicht der Rede wert. Nicht einmal ein Großmeister würde sie bemerken. Der Türriegel ist aus Eiche, ein störrisches Holz, aber ich überzeuge die Holzfasern, dass sie sich von der sich verdichtenden Luft tragen lassen wollen. Ganz langsam hebe ich den Riegel mit meinem Geist, schiebe die Tür so weit auf, wie ich es wage, und spähe dann vorsichtig in den Raum.
    Der Hüter hat sich drohend vor Aidan aufgebaut und versucht ihn allein durch seine Größe und Kraft einzuschüchtern. Der Erschaffer ist einen Kopf kleiner und gerade mal halb so breit. Otter könnte ihn mit bloßen Händen entzweibrechen.
    Verdammt, Aidan! Warum tut er das? Warum kann er nicht einfach die Uhren reparieren? Ist es Stolz? Oder bloße dumme Sturheit? Vermutlich beides, aber ich glaube, dass es vor allem Unwissenheit ist. Er hat nicht die geringste Ahnung, mit wem er es zu tun hat. Er kennt meinen Vater nicht.
    Instinktiv setze ich dazu an, ihn zu warnen, dann presse ich mir die Hand auf den Mund. Ich kann Aidan nicht helfen. Ich muss darauf vertrauen, dass Otter ihn nicht töten wird. Wenn ich mich jetzt einmische, wird Benedict erfahren, dass ich mich seiner Anordnung widersetzt habe, undmich mit Sicherheit rund um die Uhr überwachen lassen. Das darf nicht passieren. Nicht jetzt. Nicht, wenn ich für die Erkenntnissuchenden vielleicht endlich einmal wirklich von Nutzen sein könnte.
    Die Emotionen, die durch den Raum wirbeln, machen mich benommen und plötzlich stutze ich. Sie stammen von zwei verschiedenen Menschen. Der Hüter scheidet aus – Otter besitzt keine Gefühle mehr, er ist vollkommen leer. Es muss also noch eine dritte Person in dem Raum sein. Jemand, der so große Angst hat, dass er kurz davor steht, das Bewusstsein zu verlieren. Als ich meinen Blick schweifen lasse, sehe ich ihn ein paar Schritte hinter Otter kauern – ein kleiner Junge in der schwarzen Tunika eines Tribut-Kindes, schmächtig mit zerzausten weißblonden Haaren. Sein Gesicht ist vor Entsetzen aschfahl, der Mund geöffnet, als würde er weinen, doch er gibt keinen Laut von sich. Ich höre ihn trotzdem – seinen stummen Schrei. Er hallt verzweifelt durch meinen Kopf.
    »Dein Lehrling wartet.« Otters Stimme ist hart. »Dein Werkzeug liegt bereit. Fang mit der Arbeit an.« Die in der Luft liegende Anspannung steigt empor wie heißer Wasserdampf.
    Ich beiße mir auf die Unterlippe und das Herz schlägt mir bis zum Hals. Bitte, Aidan! Tu, was er dir sagt!
    Aber der Erschaffer reckt das Kinn und verengt die blauen Augen zu schmalen Schlitzen. »Du kannst

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