Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
kann. Der Wahrheit sieht jeder von uns allein ins Auge.
Als ich spüre, wie sein Schmerz langsam wieder abbebt, höre ich mich selbst vor Erleichterung seufzen. »Der Erzmagier möchte, dass du unsere Uhren reparierst«, sage ich schließlich.
Er nickt. »Und neue baue. Und ein paar von euren Sklaven ausbilde. Sie haben mir erzählt, dass eure Uhrmacher-Gilde vor einer Generation ausgestorben ist.«
Ich beschließe, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt ist, ihn darüber aufzuklären, dass die Uhrmacher getötet wurden, weil sie sich gegen ihre Herren aufgelehnt haben.
»Ich soll der Meister eurer neuen Uhrmacher-Gilde werden.« Aidans Lachen ist trocken und hart. »Solange der Frieden anhält, bleibe ich am Leben. Bis ich alles weitergegeben habe, was ich weiß, und dann …« Er starrt zu Boden.»Meine Leute haben mich verkauft. Sie haben mich geopfert, wie man ein Schaf der Wintersonne opfert.«
»Willst du zu ihnen zurück?«
»Alles ist besser, als der Sklave eines elenden …« Er zuckt zusammen und verstummt.
»… eines elenden Magiers zu sein. Du kannst es ruhig laut aussprechen.« Ich überspiele meine eigene Verzweiflung mit einem Achselzucken. Ich will nicht, dass er sie mir ansieht. Vielleicht ist das der Grund, warum ich es sage – vielleicht ist es das Bedürfnis, ihm zu beweisen, dass ich anders bin, es mir selbst zu beweisen. »Ich kenne Leute, die dir helfen können, nach Hause zurückzukehren. Ich werde einen Weg finden, dich zu ihnen zu bringen.« Es ist ein kühnes Versprechen, und noch während ich es gebe, wird mir klar, dass die Chancen denkbar schlecht stehen.
»Wer sind diese Leute?« Sofort richtet er sich auf und beugt sich zu mir vor.
»Das kann ich dir noch nicht sagen. Es wäre zu gefährlich für dich, wenn du es weißt. Ich muss erst mit ihnen sprechen und die nötigen Vorkehrungen treffen. Aber ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um dich zu befreien.«
Sein Blick hält meinen fest und ist voller Hoffnung. Ich spüre, wie mein Herz flattert und zu rasen beginnt. Plötzlich habe ich das Gefühl, wieder in dem Falken zu sein und hoch über Asphodel zu kreisen. Ich nehme Aidans Hand und seine Finger schließen sich um meine. Er schüttelt den Kopf, als würde er etwas Seltsames sehen, das er sich nicht erklären kann.
»Gibt es dich wirklich, Zara? Oder bist du nur ein Traum? Ich bin noch nie jemandem begegnet, der so ist wie du.«
»Genauso geht es mir mit dir«, flüstere ich.
»Und du wirst mir wirklich helfen?« Seine Augen versuchen in meinen zu lesen. Er möchte nichts lieber, als mir zu glauben, trotzdem spüre ich den Zweifel, der an den dunklen Rändern seines Verstandes nagt.
Ich fühle einen stechenden Schmerz in meiner Brust, aber ich sage es dennoch: »Ich schwöre es!«
Ich habe einen Schwur geleistet und mir damit in gewisser Weise selbst abgeschworen – diesem Jungen zu helfen wird mich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit das Leben kosten – oder Schlimmeres –, aber das ist mir gleichgültig.
Er schüttelt wieder den Kopf, lässt mich nicht aus den Augen. »Wann?«
»Ich weiß es nicht. Das kann ich dir leider nicht sagen. Du wirst noch eine Weile Geduld haben müssen.«
»Ich werde die Uhren nicht reparieren!« Aidan lässt meine Hand los und starrt trotzig in die Dunkelheit.
»Du musst. Er wird dich dazu zwingen!« Ich packe ihn am Arm, spüre die lebendige Wärme seiner Haut, die Kraft seiner Muskeln. Und weiß, dass diese Stärke bloß eine Illusion ist. Mein Vater könnte diesen Jungen mit einem einzigen Gedanken in Stücke zerbrechen. »Tu erst mal so, als würdest du dich auf die Forderungen des Erzmagiers einlassen«, sage ich drängend. »Was ist schon dabei? Wenn du dich weigerst … Du hast keine Ahnung, wozu er in der Lage ist. Du würdest damit niemandem etwas beweisen … sondern nur dir selbst schaden.«
» Ich bin kein Sklave! « Obwohl er flüstert, treffen mich sein Schmerz und seine Wut mit voller Wucht. »Mein ganzes Leben lang haben andere entschieden, wer ich sein und was ichtun soll. Aber das … nein! « Aidan befreit sich aus meinem Griff und steht auf. Er atmet ein paarmal tief durch und zwingt sich, sich zu beruhigen. Schließlich sagt er, ohne mich anzusehen: »Danke, Zara, für dein Versprechen, mir zu helfen. Aber du solltest jetzt besser gehen. Ich muss nachdenken und … bitte geh.«
Ich bin wieder eine Magierin. Vielleicht nicht länger eine Feindin, aber dennoch keine Freundin. Unendliche
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