Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
starrsinnig ist! »Wenn ich dir gesagt hätte, dass ich Benedicts Tochter bin, hättest du mir also auf der Stelle vertraut, ja? Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Verstehst du denn nicht – je mehr ich dir erzähle, desto größer wird die Gefahr für uns beide. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob du das alles überhaupt wert bist, Aidan von Gengst!«
»Willst du es herausfinden?« Mit funkelnden Augen lässt er den Blick über mein Gesicht, mein Haar und meinen Körper wandern. Ich spüre, wie ich rot werde. »Du siehst ganzanders aus bei Tageslicht. Hübscher.« Um seine Mundwinkel zuckt erneut ein Lächeln.
Ich mustere ihn ebenfalls, stelle fest, dass seine Haare, wenn sie gewaschen sind, die Farbe von hellem Weizen haben, folge dem Schwung seiner Lippen, die nun nicht mehr von einer blutenden Platzwunde entstellt werden, und entdecke eine dünne weiße Narbe, die mitten durch eine seiner sandfarbenen Augenbrauen verläuft. Froh darüber, genauso groß zu sein wie er, hebe ich das Kinn. »Und du stinkst nicht mehr.«
Die Spannung zwischen uns löst sich. Aidans Gesicht leuchtet auf und er lacht.
»Ich habe Neuigkeiten«, sage ich. »Die Leute, von denen ich dir erzählt habe, haben sich bereit erklärt, uns dabei zu helfen, dich hier herauszuholen.«
»Wann?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Wir müssen erst noch die nötigen Vorkehrungen dafür treffen. Geh einfach weiter deiner Arbeit nach, bis es so weit ist, und vermeide alles, was die Aufmerksamkeit des Erzmagiers auf dich lenken könnte!«
Wieder verdüstert sich sein Gesicht. »Ich mache diese Arbeit bloß wegen dem Jungen. Aber ich gebe mir nur gerade so viel Mühe, wie ich unbedingt muss, und ich habe keine Ahnung, wie lange ich noch damit durchkomme. Du musst mich so schnell wie möglich hier rausholen, Zara, oder ich finde selbst einen Weg!« Es ist eine leere Drohung, aber das weiß er nicht. Ich kann seinen verletzten Stolz spüren, seine Frustration. Er brodelt wie ein Topf, der kurz vor dem Überkochen steht.
Auf einmal reißt mir der Geduldsfaden und ich packe ihn an den Schultern und schüttle ihn. »Ich riskiere alles, um dir zu helfen! Aber was nützt das, wenn du am Ende irgendetwas Dummes tust und deswegen getötet wirst? Vielleicht denkst du ja auch mal an die Menschen, die dir helfen wollen. Sie setzen dafür ihr Leben und das ihrer Familien aufs Spiel.«
Er runzelt die Stirn, lässt es aber zu, dass ich ihn weiter festhalte. »In Ordnung«, sagt er langsam und seine Züge entspannen sich, während er mir ins Gesicht sieht, als stünde er vor einem Problem, das er unbedingt lösen muss.
Ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden. In seinen Augen regt sich etwas – Überraschung, wachsende Verwunderung. Ein warmes Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. Hastig lasse ich ihn los und trete mit pochendem Herzen von ihm zurück.
Ich spüre, dass uns jemand beobachtet, und als ich mich umdrehe, entdecke ich Aidans Lehrling. Der kleine Junge starrt mich mit großen grauen Augen an, die ernst unter seinem Schopf weißblonder Haare hervorschauen. Er ist schrecklich dünn und seine Haare sind so buschig, dass er wie eine Pusteblume aussieht, die auf den Wind wartet. Plötzlich lächelt er und neigt schüchtern den Kopf zur Seite. Es ist, als warte er darauf, dass ich irgendetwas Verblüffendes sage.
»Hallo.« Nicht gerade verblüffend, aber das Einzige, das ich hervorbringe. »Wie heißt du?«
»Er kann es dir nicht sagen.« Aidan geht zu ihm und zaust ihm lächelnd durch die Haare. »Er ist mein kleines Küken. Er ist ein guter Junge, aber er kann nicht sprechen. Oder will nicht.« Der Erschaffer sieht mich an und sein Blick nimmteinen ernsten Ausdruck an. »Ihm muss etwas Schlimmes zugestoßen sein.«
»Etwas Schlimmeres, als ein Tribut zu sein?«
Aidan zuckt mit den Achseln. »Ich weiß nur, dass ich ihn zum Uhrmacher ausbilden soll. Und er ist ein sehr aufgewecktes kleines Küken, hab ich recht?« Der Erschaffer zwinkert dem Jungen zu und zieht eine schlichte Holzflöte aus seiner Tasche, die der Kleine mit leuchtenden Augen behutsam entgegennimmt. »Setz dich da drüben hin und übe das Lied, das ich dir beigebracht habe. Ich bin gleich bei dir, muss mich nur noch kurz mit der Lady hier zu Ende unterhalten.«
Der Junge wirft mir einen fragenden Blick zu, und als ich ihm lächelnd zunicke, sieht er mich noch einen Moment lang zögernd an, läuft dann aber zu dem um die Uhr errichteten Gerüst, setzt sich auf eine der
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