Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
eine solche Närrin? –, schiebe meine Wut dann aber beiseite. Die Diebin würde es niemals wagen, ohne einen triftigen Grund in den Palast einzudringen.
So schnell ich kann, verhärte ich die Luft um uns herum zu einer durchscheinenden, wie Perlmutt schimmernden Hülle, innerhalb derer wir uns ungehört unterhalten können. Aber es kostet mich mehr Zeit, als es sollte, weil ich mich vor Sorge kaum konzentrieren kann.
»Warum bist du hier?«, frage ich. »Was ist passiert?«
Argwöhnisch beäugt die Diebin die Lufthülle. »Es gibt schlechte Neuigkeiten.« Ihre raue Stimme klingt belegt und für einen Augenblick wird ihr Gesicht von Trauer verzerrt.
»Die Gießerei?«
»Gibt es nicht mehr. Sie haben uns geschnappt.«
Ich wusste, dass es nur das sein kann, aber es fühlt sich trotzdem so an, als hätte mir jemand einen Hieb in den Magen versetzt. »Gibt es Opfer?«
»Alle tot, bis auf einen.« Wieder verdüstert unfassbare Trauer ihre Züge. »Sie haben Bruin mitgenommen.«
Twiss‘ Stimme klingt unbewegt, aber ich sehe, wie das Mädchen vor Entsetzen zittert. Oh ihr Götter, bitte nicht! Ich schließe verzweifelt die Augen. Wenn der Schmied Glück hat, ist er bereits tot. Doch zuvor wird er geredet haben … und er hatte eine Menge zu erzählen. Die Neuigkeiten könnten nicht schlimmer sein, denn damit ist auch mein Schicksal besiegelt.
»Ihr müsst ihm helfen!«
Fassungslos öffne ich die Augen. Ist die Diebin wahnsinnig geworden?
»Niemand kann ihm helfen und das weißt du auch.«
Der Mund des Mädchens nimmt einen störrischen Zug an. »Ich bringe Euch zu Bruin. Ihr habt große magische Fähigkeiten … Mylady. « Die Anrede kommt ihr nur schwer über die Lippen und klingt beinahe wie ein Knurren. »Ihr könnt ihn retten, wenn Ihr nur wollt!«
»Nein, das kann ich nicht. Es tut mir leid, Twiss, aber wenn Bruin nicht schon tot ist, wird er es bald sein. Im Kerker wimmelt es bestimmt vor Magiern. Ich kann es nicht mit ihnen allen gleichzeitig aufnehmen. Man würde mich festnehmen oder töten, und sie würden herausfinden, dass ich mit euch zusammengearbeitet habe.«
»Das werden sie so oder so!« In den Augen des Mädchens glitzert es. »Die Wächter haben die Stadt durchkämmt und jeden Erkenntnissuchenden festgenommen, den sie finden konnten. Euer Geheimnis würde auch ohne Bruin die Nacht nicht überdauern. Meine Gilde bietet Euch Schutz an, aber nur, wenn Ihr mir helft, Bruin zu retten. Wenn nicht, müsst Ihr selbst einen Ausweg finden und seid der Gnade Eurer eigenen Art ausgeliefert. Was glaubt Ihr wohl, werden sie mit Euch anstellen … Mylady?«
Die Diebin sieht mich an. Ihr Gesicht ist ungerührt, aber ihre Stimme verhöhnt mich. Es ist, als hätte sie mich geohrfeigt. Ich atme tief ein und aus. Mir war bislang nicht klar, dass Twiss mich hasst.
»Werden sie Euch für Euren Verrat töten?« Die in die Dunkelheit gezischten Worte klingen wie ein bedrohliches Fauchen. »Werden sie Euch die Luft aus den Lungen quetschen oder Euch vollkommen austrocknen lassen, sodass Ihr einen langsamen und qualvollen Tod sterbt und Euch vor Schmerzen windet? Werden sie jeden Knochen in EuremKörper erhitzen, sodass Ihr von innen heraus verbrennt? Werden sie Euch Schicht für Schicht die Haut abziehen?«
»Sie werden mich nicht töten.« Ich versuche, ruhig zu bleiben, spüre jedoch, wie das Blut aus meinem Gesicht weicht, und schaffe es nur mit Mühe, mich weiter aufrecht zu halten. Ich habe mich auf diesen Moment vorbereitet, habe ihn immer und immer wieder durchgespielt, aber wenn der Ernstfall dann wirklich eintritt, fühlt es sich ganz anders an. Twiss hat recht: Ich kann nicht länger im Palast bleiben. Doch genauso wenig kann ich den Schmied retten. Oder Aidan!
Beim Gedanken an den Erschaffer zieht sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Ich habe keine andere Wahl, als ihn und das Tribut-Kind im Stich zu lassen. Ich muss von hier fliehen, zu den überlebenden Erkenntnissuchenden Kontakt aufnehmen und sie um Hilfe bitten. Es ist die einzige Chance, die noch bleibt. Wenn ich gefasst werde … Das Gefühl der Hilflosigkeit verschlingt den letzten Rest meiner Selbstbeherrschung, und ich bin kurz davor, in Tränen auszubrechen.
»Ich kann dir nicht helfen.«
»Dann stirb!« Twiss macht auf dem Absatz kehrt.
Schnell schicke ich einen Gedanken aus und lasse ihre nackten Füße mit dem Holzboden verwachsen.
»Verdammte Magierin! Ausgeburt des Teufels!«, stößt Twiss hervor und schlägt wild um sich,
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