Zaster und Desaster

Sie dann Ihr Bodyguard am Flughafen erwarten. Falls er nicht da ist, kleiner Tipp von mir, bewegen Sie sich ja nicht aus dem Flughafen raus, sondern rufen Sie sofort Moskau an.«
    »Sollte ich da dann nicht vielleicht eine schusssichere Weste tragen?«, machte Hinderli einen müden Versuch, lustig zu wirken.
    »Also Kessler hätte die auch nichts genützt«, erwiderte Frau Hinterbühler gnadenlos, »der wurde dreimal im Gesicht getroffen; den Trick mit schusssicheren Westen kennt dort jedes Kind. So, dann kämen wir noch zur Übergabe, führen Sie alle Dossiers sauber nach, Pendenzen, Potencials, Probleme, das Übliche halt.«
    »Ja und mein neues Gehalt, Fringe Benefits, Versicherungen und so weiter?«, fragte Hinderli leicht angeschlagen.
    Frau Hinterbühler seufzte: »Ach, hat Ihnen das Busperli mal wieder nicht bis ins Detail erklärt? Nun, über Saläre bin ich natürlich nicht informiert, also lassen Sie sich das in Moskau erklären, denn Busperli hat in den nächsten zwei Wochen einen randvollen Terminkalender, und anschließend geht er drei Wochen in die Ferien. Und Versicherungen, nun, da hätte ich noch einen Tipp für Sie: Schließen Sie eine gute Lebensversicherung ab. Soviel ich weiß, macht das für Almaty nur Lloyd’s in London, die versichern ja sogar Kriegsreporter im Einsatz. Ach, und wenn Sie ernsthaft krank werden sollten, dann empfehle ich dringend, sich von der Schweizer Rega heimfliegen zu lassen, werden Sie da doch noch schnell Mitglied, kostet nicht alle Welt, ist der Gesundheit aber ungemein zuträglich. Und vergessen Sie nicht, was auch immer in Almaty passieren mag, Sie repräsentieren dort die Fürstliche Effektenbank, also bewahren Sie Haltung. Es gibt da vielleicht ein paar von unseren Gebräuchen abweichende Verhaltensweisen.«
    Hinderli traute sich nicht, da nachzufragen, denn er befürchtete, dass Frau Hinterbühler in ihrer teuflischen Effizienz mehr Dinge schildern würde, als er im Moment vertrug. Also nickte er ihr zum Abschied zu, betrachtete dann trübe den Papierstapel auf seinem Schreibtisch, stand auf und zündete in der Domkirche St. Florin so viele Kerzen an, wie es ihm seine zitternden Hände erlaubten.

Sechzehn
    »Das ist eine großartige Idee«, sagte Winterhaider, Dozent für die Ausbildung von Executive Masters of Business Engineering an der Hochschule für Gesamte Wirtschaft. »Das hat den richtigen Praxisbezug, damit können wir Transformationsprozesse in der Praxis studieren, change the business statt run the business, fabelhaft.«
    Innovativ, dachte Winterhaider, raus aus der Theorie und herbeigequälten Praxisbeispielen, eine schlagende Antwort auf die gelegentlich gestellte Frage, ob der Fortbildungsstudiengang im Change Management mit international anerkanntem Abschluss als »Executive MBA« seine 60000 Fränkli wirklich wert war. Mit so was habt ihr die schnelleren Schuhe an als die Konkurrenz, beim race to the top, ließ sich Winterhaider schon die ersten knackigen Sprüche einfallen.
    Sein Assistent stand immer noch vor ihm und wartete geduldig auf die Antwort seines Chefs.
    »Okay«, sagte Winterhaider, »setzen wir um. Sie erledigen das Ground Work, Versuchsanlage, klare Zieldefinition, first Steps, Follow-ups, dann hauen wir noch ein paar Zusatzgadgets rein, Marktumfeld analysieren, Burn-rate von Anfang an festlegen, time to market, wie sieht der Hockey-Stick in diesem Fall aus, wann ist Break-even erreicht, das kriegen wir in einer Woche hin.«
    Wir ist gut, dachte der Assistent, ich kriege es vielleicht in einer Woche hin, und Winterhaider sonnt sich in meiner Idee, so läuft das doch hier.
    »Also«, sagte Winterhaider, der seinem Assistenten mal zeigen wollte, was schnelle Auffassungsgabe ist, »das habe ich alles richtig verstanden: Das Irish Pub Singing Dubliner hat die Bücher deponiert, zu wenig Saufnasen wollten lauwarmes Guinness trinken und sich grauenhafte Dudelsackmusik anhören.« Dudelsackmusik ist eigentlich schottisch, dachte der Assistent, aber er wollte seinen Chef natürlich nicht unterbrechen. »So, und unsere angehenden MBAs übernehmen die Klitsche, schrauben einen Businessplan zusammen, der es in sich hat, schieben die Sache von der Rampe und zeigen mal ganz praxisbezogen, wie ein Business abhebt und wegfliegt, wenn echte Profis das in die Hand nehmen. Das ist eine echte Challenge, Change Management at its best. Da springen dann sicher auch die Medien drauf an, da haben wir dann gleich noch einen added value, vor allem, wenn wir