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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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abschrauben kann, und davon muss ich dann der Kreditunion 1,5 Prozent abgeben, damit sie die Portefeuilles auch ordentlich verwaltet, dann bleibt mir also ein halbes Prozent für mich.
    Ha, erinnerte sich Kuster dunkel, da war doch mal was mit einem Dreisatz oder so. Also, wenn ein halbes Prozent 2,5 Millionen sind, wie viel sind dann hundert Prozent? Die Spitze des Montblancs zitterte über dem leeren Blatt, und Kuster widerstand der Versuchung, an seinem Füller zu knabbern. Vielleicht lassen wir das mit dem Dreisatz, dachte er dann, step by step, das bringt es immer. Also, ein Prozent sind 5 Millionen, dann sind hundert Prozent 500 Millionen. Es gibt doch keine Aufgabe, an der ein Private Banker scheitern würde, dachte Kuster triumphierend. Dann sickerte die Zahl in sein Bewusstsein.
    500 Millionen? Verdammte Kacke, dachte Kuster, das ist ja mehr, als ich im Augenblick in meiner Wurmbüchse habe. Also irgendetwas kann an dieser Rechnung nicht stimmen, da muss ich mal die möglichen Optionen klären. Option eins, ich delegiere es an Müller. Kommt nicht in Frage. Option zwei, ich rechne noch mal nach. Bringt wohl auch nichts. Option drei, ich halte das Problem pendent.
    Kuster nickte zufrieden. Das ist es, dachte er, es gibt doch keine Situation, aus der ein Private Banker nicht durch sorgfältige Analyse den richtigen Lösungsansatz extrahieren kann.

Fünfzehn
    Hinderli saß an seinem Schreibtisch in der Fürstlichen Effektenbank und betrachtete grimmig den Ölschinken an der Wand. Eine Jagdszene aus der fürstlichen Sammlung, und bislang hatte sich Hinderli immer mit dem kühnen Jäger verglichen, der triumphierend seinen Fuß auf den Kopf eines eben erlegten Hirsches stellte. Seit der Besprechung mit seinem Chef Busperli sah sich Hinderli aber eher in der Rolle des armen Hirsches, der mit gebrochenen Augen aus dem Gemälde glotzte.
    Nach Kasachstan versetzt, dachte Hinderli, warum habe ich bloß Russisch gelernt? Kasachstan, der wilde Osten, Erdöl bis zum Abwinken, Oligarchen im Doppelpack, Kalaschnikows werden dort häufiger getragen als Aktenkoffer, dazu korrupter als jeder Königshof. Hinderli zuckte zusammen und schaute sich um, aber der Jäger aus der fürstlichen Sammlung hatte keine Miene verzogen. Grauenhaft, dachte Hinderli, und Almaty liegt noch am Arsch von Kasachstan, nicht weit weg ist China, und Afghanistan liegt gleich um die Ecke. Zuerst hatte Hinderli gedacht, er würde nach Moskau versetzt, russischer Sekt und Kaviar, Kreml und Kirchen. Da Hinderli leiblichen Genüssen nicht ganz abgeneigt war, hatte er sich gleich über die kulinarischen Höhepunkte der Kasachen im Internet informiert. Schnell fand er eine Website, auf der ihm ein angeschmorter Schafskopf entgegenstank. Da sieht ja noch der Hirsch auf diesem Ölschinken appetitlich dagegen aus, dachte er erbittert. Beschbarmak heißt der Fraß, hatte er dann gelesen, fettes Hammel- oder Pferdefleisch, aus Teigfladen mit der Hand gegessen. Himmel hilf, dachte Hinderli, das darf ja alles nicht wahr sein.
    Busperlis Sekretärin Hinterbühler bewies ihm aber mit ihrer sprichwörtlichen Effizienz, dass es sehr wohl wahr war. Ohne anzuklopfen war sie in sein kleines Refugium getreten, einen Packen Papiere unter dem Arm. »Das hier, in der Reihenfolge der Wichtigkeit, ist mal Ihr provisorischer Anstellungsvertrag, den definitiven kriegen Sie dann in Moskau, dort haben wir unsere HR-Abteilung für den Osten. In dieses Formular tragen Sie ein, wann Ihr Umzug stattfinden soll und welches Volumen das ist, müssen Sie nur schätzen. In Moskau wird man Ihnen auch Ihre Wohnung in Almaty zuweisen, falls das nicht klappt, logieren Sie halt zuerst im Astana International, das ist ganz okay, guter Sicherheitsdienst, einigermaßen sauber.«
    »Wieso, gibt es dort denn kein Hyatt oder Interconti?«, fragte Hinderli naiv.
    »Sicher«, sagte Frau Hinterbühler, »aber erst ab Direktorenstufe bezahlen wir mehr als 500 Dollar pro Nacht, und da ist es für Sie doch ein Stück hin.«
    »500 Dollar für ein Einzelzimmer«, fragte Hinderli fassungslos.
    »Im Intercontinental sind es 639, um genau zu sein«, sagte Frau Hinterbühler, damit ein weiteres Mal ihre gnadenlose Effizienz unter Beweis stellend. »Aber item, das erklärt Ihnen dann alles Moskau. Hier ist noch der Auflösungsvertrag zu Ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis, natürlich nur pro forma. Dann hätten wir noch die Flugtickets, Zürich-Moskau, Moskau-Almaty und die Reiseinstruktionen. In Almaty sollte

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