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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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die Journis freigiebig bewirten, vielleicht lassen wir zur Eröffnung so eine kleine Horde Dudelsackbläser aus Dublin einfliegen, stellen einen Topf, wie heißt das schon wieder, genau, Irish Stew auf den Tisch, Happy Hour, Stonehenge, na, ich will nicht alle Arbeit selbst erledigen, haha.«
    Stonehenge liegt in England, dachte der Assistent, aber auch er wollte sich ja nicht zusätzliche Arbeit aufhalsen.
    Winterhaider legte nun seine Stirne in nachdenkliche Falten: »Aber da gibt es noch einen Punkt, da entstehen am Anfang ja auch ein paar Kosten, wie immer bei einem Change Management. Die spielen sich natürlich in kurzer Zeit locker wieder ein, aber am Anfang brauchen wir da etwas Cash, nicht wahr.«
    »Da hatte ich an die Alumni gedacht«, sagte der Assistent, der sich sicher war, dass ihm auch diese Idee geklaut würde.
    »Genau, Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund«, sagte Winterhaider prompt, »da zapfen wir doch mal diese Geldsäcke an, zapfen ist gut.« Der Assistent stimmte pflichtschuldig in das Gelächter von Winterhaider ein und machte sich an die Arbeit.
    Konkreter Beitrag zum Management des Wandels, trompetete die HGW an der Pressekonferenz zur Neueröffnung des Singing Dubliner heraus, die geballte Kompetenz von erfahrenen Business-Ingenieuren besteht den Praxistest. Die Communication-Fuzzis hatten darauf bestanden, dass man alles etwas einfacher und möglichst auf Deutsch sagte. Dabei hätte Winterhaider viel lieber über Geschäftsprozesse, multifaktorielle Businesspläne auf Nano- und Makroebene, Orientierungswissen in Transformationsproblemen, ganzheitliches Gestaltungsverhalten unter systematischem Einbezug der relevanten Anspruchsgruppen gesagt, just for starters, wie er sich immer gerne auszudrücken beliebte.
    Aber stattdessen nippte er an einem lauwarmen Guinness und stocherte angewidert in einem Töpfchen voll mit Lammfleisch und Kartoffelbrocken. Das muss das Irish Stew sein, dachte er, hätte ich mir nicht ganz so vorgestellt. Gibt aber sicher den entsprechenden Lokalkolorit, ein Unterteam der Arbeitsgruppe Singing Dubliner hatte sich vertieft mit der Bedeutung der Authentizität in der heutigen globalisierten Wirtschaft beschäftigt, deshalb gab es neben Guinness auch Ale und Cider, und natürlich Chips.
    Eigentlich grauenhaft, dachte Winterhaider, aber die Journalisten ließen sich brav volllaufen und veröffentlichten anschließend Lobgesänge über dieses einmalige praxisorientierte Studienexperiment.
    »Während es im Change Management normalerweise darum geht, im globalen Markt bedeutende Firmen neu auszurichten, wollten wir hier einfach mal zeigen, dass sich unsere Kompetenz nicht nur in der Volkswirtschaft, sondern auch in einer Wirtschaft implementieren lässt«, diktierte er. An dem Satz hatte er ganz schön lange geschraubt, umso saurer war Winterhaider, als er nur verstümmelte Bruchstücke im Presse-Clipping der Uni entdeckte, auf das er natürlich hochgespannt gewartet hatte.
    Ein halbes Jahr nach der Wiedereröffnung stellte das kompetente Finanzteam der Task Force Singing Dubliner, intern abgekürzt als TAFSID, fest, dass die Burn rate des bei den Alumni zusammengesammelten Risk capital doch leicht höher war als angenommen, was eine leichte Adjustierung des Finanzplanes nach sich ziehen müsse. Oder kurz und knapp gesagt, das Lokal konnte weder die nächste Miete noch die Gehälter der drei Angestellten mehr bezahlen, und die Brauerei schrieb auch schon unverschämte Briefe, in denen sie mit juristischen und publizistischen Schritten drohte, falls die Rechnungen der letzten sechs Monate nicht endlich mal beglichen würden. Eine echte Herausforderung für Change Management, sagte sich Winterhaider und präsidierte höchstpersönlich die Sonder-Task-force New Financial Revenues.
    Die entwickelte aus dem Stand siebzehn verschiedene Zwischenfinanzierungsmodelle, verwarf nach längeren und teilweise sehr ins Grundsätzliche abgleitenden Diskussionen sechzehn davon und schrieb einen Bettelbrief an die Alumni. Nachdem die zwar leise murrend, aber brav nachgeschossen hatten, sorgte Winterhaider dafür, dass als offizielle Zwischenbilanz verkündet wurde, dass sich der Singing Dubliner, wie zu erwarten, auch in einem verschärften Marktumfeld bestens zu behaupten wisse, nach sechs Monaten seien alle Parameter eines New Business erfüllt, kleine, als flexible Reaktion auf die Antwort des Marktes nötige Adjustierungen seien vorgenommen worden, the Singing Dubliner is going

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