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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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bestehenden wie neuen Klienten als Depotbank berücksichtigst, da können wir dir je nach Volumen auch attraktive Angebote machen.«
    Hält der mich denn für blöd, dachte Kuster bitter, als ob ich nicht wüsste, dass sich die Kreditunion bei jedem Multimillionär mindestens ein bis zwei Prozent einfach so abgriff, wenn es ein Steuerflüchtling war, der ja kaum öffentlich Krach mit seinem Schwarzgeldbunkerbetreiber anfangen würde, konnten das auch locker fünf Prozent und mehr werden. »Das ist sehr großzügig von dir, und das weiß ich auch durchaus zu schätzen, selbstverständlich sehe ich das genau gleich wie du«, schleimte Kuster stattdessen, und damit eroberte er sich drei Kunden, bei denen er eigentlich mit mehr Widerstand bei Bürgisser gerechnet hatte. Aber Kuster wusste, dass die eigentliche Knacknuss noch bevorstand, der Showdown, das Duell, der Nahkampf.
    Und da war er auch schon: »Wladimir, nun da müssen wir ja nicht groß drüber diskutieren, der bleibt natürlich bei uns, keine Frage, oder?« Und Bürgisser wollte schon ein Häkchen hinter dem Namen machen.
    »Es ist keine Frage, dass Wladimir bei mir bleibt, dessen Handling kann nur ich weiter übernehmen. Alles andere könnte dazu führen, dass Wladimir sich woanders umschaut, lieber Franz, das weißt du doch auch genau.«
    Bürgisser machte ungerührt einen großen Haken vor dem Namen und sagte: »Mach dich doch nicht lächerlich, lieber Philipp, wir sprechen hier von 278 Mio, und das nach den ganzen Massakern an den Börsen, du bildest dir doch nicht im Ernst ein, dass du so etwas ohne das Backoffice einer internationalen Großbank bewältigen könntest.« Kuster seufzte leicht, ist doch eigentlich unglaublich, dass alle Argumente, die ich immer benützt habe, um Kunden bei uns reinzuziehen, die auch mit einer privaten Vermögensverwaltung liebäugelten, nun gegen mich verwendet werden.
    »Bedaure«, sagte Kuster, »damit sich das nicht zu einem Konflikt auswächst, hätte ich einen Vorschlag zur Güte: Überlassen wir die Entscheidung doch Wladimir.«
    Bürgisser tat so, als ließe er sich diesen Vorschlag durch den Kopf gehen: »Ich glaube eher nicht, dass es zielführend ist, eine solche Entscheidung einem Kunden abzufordern. Waldimir gehört nun eindeutig zu unseren UHNWI-Klienten, daher verstehe mich bitte richtig: Ich könnte dich auch ohne einen einzigen eigenen Kunden hier rausmarschieren lassen. Und wir haben uns bisher an die Kleiderordnung gehalten und deinen Klientenstamm noch nicht über deine, ähm, berufliche Neuorientierung informiert.«
    Der kann ja mindestens so gut lügen wie ich, dachte Kuster anerkennend, meint der eigentlich, ich ließe mich hier so über den Tisch ziehen, wie wir das mit unseren Ultra High Net Worth Individuals machen? »Okay«, sagte Kuster wieder, »ich bin mir dieser Umstände ja bewusst. Jetzt habe ich aber einen dringenden Termin, du verstehst, the show must go on, nicht wahr, also bitte ich um Vertagung.«
    Die wurde ihm huldvoll gewährt, aber beim Hinausgehen rief ihm Bürgisser noch nach: »Wladimir bleibt bei uns, und niemand kontaktiert ihn, ich nicht, du auch nicht.«
    Kuster nahm den Lift nach ganz unten, spazierte durch den diskreten Nebeneingang der Kreditunion in einer Seitengasse der Bahnhofstrasse, der normalerweise nur von ganz diskreten Kunden benutzt wurde, und setzte sich in aller Ruhe auf eine Bank, die als Gratisdienstleistung, wahrscheinlich die einzige, von der Kreditunion extra aufgestellt worden war, Dienst an der Öffentlichkeit.
    Kleiderordnung, schnaubte Kuster, der hält mich wirklich für bescheuert.
    Nicht umsonst hatte Kuster nach dem Rausschmiss fast 24 Stunden am Stück an seinem Privathandy verbracht und alle seine Kunden, denen er genügend vertrauen konnte, über seine berufliche Neuorientierung informiert. Spiele mit dem Gedanken, bin ehrlich gesagt in letzter Zeit mit der Performance unseres Backoffices nicht mehr wirklich glücklich, die Finanzkrise entschuldigt ja nicht alles, glaube Ihre Interessen viel besser wahren zu können, wenn ich unabhängig, für Sie würde sich praktisch nichts ändern, unsere persönliche und mit der Zeit gewachsene Beziehung fortsetzen, stellen Sie sich vor, Sie müssten sich plötzlich mit einem neuen Vermögensverwalter arrangieren müssen, der sich ja auch erst in Ihr Dossier, nicht wahr. War alles gut gegangen, hatten dicht gehalten und ihn dann reihenweise darüber informiert, dass die Kreditunion sie kontaktiert habe, wie

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