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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Verhandlungen fort. Todesmutig hatte Hinderli einigen angekokelten Schafsköpfen ins Auge gestarrt und das traditionelle kasachische Gericht Beschbarmak heruntergewürgt.
    Nach sieben Monaten hatte er das postrealsozialistische Hotel Astana International und das Stadtzentrum mitsamt der ewigen Smogglocke unter sich gelassen und war für 7000 Dollar Monatsmiete in ein Zweizimmerapartment etwas außerhalb umgezogen. Quietschender Fahrstuhl, fast immer Strom, meistens Heizung, »gute Security, das ist das Wichtigste hier, Alfons«, hatte Josef anerkennend gesagt.
    Eigentlich funktioniert Kasachstan nicht viel anders als Liechtenstein, hatte Hinderli schnell herausgefunden, bloß heißt hier der Fürst Präsident, und man sah Nursultan Nasarbajew seine nichtadlige Herkunft deutlich an. Aber regieren tut er wie ein Fürscht, dachte Hinderli und schaute einen Moment erschreckt den Ölschinken aus der fürstlichen Sammlung an der Wand an, aber der Jägersmann konnte offenbar nicht Gedanken lesen.
    Am Anfang hatte sein Chef Busperli aus Vaduz jeden zweiten Tag angerufen, um sich nach dem Gang der Dinge zu erkundigen. Hinderli hatte schnell Kontakt zu den richtigen Kreisen gefunden, also zu allen, die um den Präsidenten herumschwirrten und von denen er einige überzeugen konnte, dass 100 Prozent Gewinn in zwei Monaten eine feine Sache sei, aber vielleicht sei es auch keine schlechte Idee, ein paar Prozent des zusammengerafften Vermögens in die Sicherheit der Fürstlichen Effektenbank zu überführen. Denn die Wege des Herrn und auch eines Fürsten oder Präsidenten sind ja unerforschlich, schnell kann es passieren, dass die Gnade und Huld des obersten Lenkers nicht mehr so hell über einem strahlt wie auch schon. Das waren nachvollziehbare Argumente.
    Und während sich Josef mit den Bodyguards seiner Klienten in Fachsimpeleien über die überlegene Durchschlagskraft von Hohlspitz- oder teflonummantelten Patronen vertiefte, wurde das Anlagegespräch gelegentlich von kleinen Schießübungen unterbrochen, mit denen einer der Leibwächter sein Argument unterstreichen wollte. Am Anfang war Hinderli noch zusammengezuckt und hatte sich bekreuzigt, während seine Gesprächspartner in schallendes Gelächter ausgebrochen waren. Aber mit zunehmender Akklimatisierung setzte er das Gespräch ungerührt fort: »Investieren Sie mit der fürstlichen Strategie«, peng, »im Rahmen unseres Wealthmanagements«, krawum, »das ergibt einen absolut bombensicheren Return on Investment«, ratatata.
    So hatte Hinderli schon in den ersten zwölf Monaten zackige 80 Mio in die Fürstliche Effektenbank geschaufelt, und Busperli hatte nur noch einmal im Monat angerufen, um zu sagen: »Prima, Hinderli, super, der Fürscht höchstpersönlich geruhte, mir gegenüber seine Zufriedenheit mit dem Geschäftsgang im Osten auszudrücken, und dabei hat er sicher auch an Sie gedacht.«
    Nach einem Jahr wurde Hinderli genauso huldvoll sein erster Heimaturlaub gewährt. »Na, Hinderli, immer Kaviar und Krimsekt und Luxusleben in einer 7000-Dollar-Wohnung, da ist es doch gut, mal wieder im Vaterland zu sein«, begrüßte ihn Busperli munter. »Leider habe ich es nicht geschafft, Sie auf die Short List des Weihnachtsempfangs auf dem Schloss zu kriegen, aber nächstes Jahr sollte das klappen. Allerdings«, fuhr Busperli fort und schaute schon auf seine Uhr, »immer diese Termine«, murmelte er dabei, »wir wollen uns ja nicht auf den Lorbeeren ausruhen, für das kommende Jahr haben wir Ihre Vorgabe auf 110 Mio gesetzt, Kasachstan boomt ja weiter, Öl bis zu den Nasenlöchern, straff gelenkte Wirtschaft, stabiles politisches System, da können Sie wahrscheinlich bereits nach sechs Monaten Vollzug melden und dann ein wenig die Schönheiten des Landes kennenlernen, soll ja landschaftlich sehr interessant sein.«
    »Ja, aber …«, sagte Hinderli, doch Busperli hatte ihn sofort unterbrochen: »Nächster Termin, tut mir leid, Sie wissen ja, gerade vor Weihnachten, man kommt zu nichts. Aber Sie werden den Stier schon bei den Hörnern packen, oder das Kamel bei den Höckern, haha.«
    Hinderli war am 2. Januar wieder in seine Luxuswohnung zurückgekehrt. Die war eiskalt, und aus dem Wasserhahnen tropfte nur eine braune Brühe, bis sich ein Eiszapfen bildete. Josef hatte nicht nur mit seiner Kalaschnikow winken müssen, sondern auch noch den Hausverwalter einen Blick auf seinen Colt Anaconda Magnum werfen lassen, bis der im Keller einer anderen Wohnung Heizung und Wasser

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