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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Hugentobler nickte mitfühlend, während sein COO erbleichte.
    »Also das ist nun doch etwas out of proportion«, sagte der COO, aus Gewohnheit wieder in Banglish verfallend. »Aber wir hätten da einen Rettungsplan ausgearbeitet, dem auch das IRS und das amerikanische Justizministerium zustimmen können.«
    »Na, dann schießen Sie mal los, meine Lippen sind versiegelt«, sagte Hugentobler aus reiner Neugier.
    »Wie Sie wissen«, erklärte der COO und beugte sich doch tatsächlich verschwörerisch nach vorne und senkte die Stimme, »sind wir ja etwas in der Zwickmühle. So oder so, mehr als 68000 Namen und Kontounterlagen von US-Bürgern müssen wir rausrücken, sonst kommen wir in den USA nie aus der Schusslinie. Andererseits verbietet uns das das Schweizer Bankkundengeheimnis, und eine so große Ausnahmebewilligung kriegen wir von der Regierung niemals.«
    »Ja«, sagte Hugentobler, »wer hätte gedacht, dass die EBS mal sehr dafür ist, das Bankgeheimnis abzuschaffen.«
    Der COO ignorierte die Bemerkung und fuhr fort: »Nun, die einzige Lösung ist folgende: Wir starten die Aktion Winkelried.«
    »Wie bitte?«, frage Hugentobler verblüfft, »der Freiheit eine Gasse, sorgt für mein Weib und Kind und alles? Und dann rein in die Lanzen der Habsburger, äh der Amis? Wie soll das gehen?«
    »Nun, nicht ganz so, ähem. Also, ein Mitarbeiter der EBS behändigt, mit unserem Einverständnis natürlich, diese Kontounterlagen, reist in die USA und händigt sie dort den amerikanischen Behörden aus. Wir verzichten auf eine Strafverfolgung, die Schweizer Regierung macht übergeordnete Interessen unseres Landes geltend und stellt die offizielle Strafuntersuchung ein. Offiziell einigen wir uns in Miami auf ein paar hundert Kontodaten, und dann vergessen wir die ganze Angelegenheit.«
    Hugentobler war beeindruckt, ein kühner Plan, aber nicht zu Ende gedacht: »Fein, nehmen wir einmal an, Sie finden den Winkelried, was passiert, wenn die Amis anfangen, allen 68000 US-Kunden der EBS die Daumenschrauben anzulegen und die wie am Spieß zu schreien anfangen?«
    »Dann wissen wir nur eins: Von uns hat die amerikanische Steuerfahndung die Daten nicht.«
    »Und abgesehen davon, dass die EBS als seriöse Schweizer Bank niemals öffentlich Auskunft zu einzelnen Kunden erteilt, verbietet ihr das Schweizer Bankgeheimnis ein solches Vorgehen«, kicherte Hugentobler, »nicht ganz übel, da haben ein paar Gnomen ja Überstunden geleistet. Aber bevor Sie die Frage stellen: Die Antwort ist nein.«
    »Ich bin autorisiert, Ihnen dafür …«
    »Die Antwort ist nein«, unterbrach Hugentobler, »Sie können mich nicht mehr kaufen, ich habe ausgesorgt, ich bin raus.«
    »50 Millionen von Seiten der EBS, ich lege aus meiner Privatschatulle nochmals 50 drauf.«
    Hugentobler brauchte zwei Sekunden, bis er wieder sagte: »Die Antwort ist zum letzten Mal nein.«
    »100 Millionen, oder Sie haben keine ruhige Sekunde in Ihrer 12-Zimmer-Villa in Boca Raton am Rodeo Drive 1217. Baubehörde, Feuerinspektion, das Gebäude ist genau 12 Zoll zu hoch gebaut, das hat eine Nachmessung bereits ergeben, der Kaufvertrag beinhaltet auch ein paar juristische Probleme, bis zu deren Klärung das Anwesen nicht bewohnt werden darf, Sie kommen auf die Liste der Terrorverdächtigen, Ihre Konten werden bis zur Abklärung der Herkunft Ihres Vermögens eingefroren, soll ich fortfahren?« Der COO setzte sich energisch die schwarze Hornbrille auf und starrte Hugentobler kalt an. Das Mütterchen EBS hat Krallen, dachte Hugentobler, man räumt in aller Ruhe sein Büro aus, und dann das.
    »Haben Sie noch mehr auf Lager?«, fragte er vorsichtig.
    Der COO zog ein Blatt Papier aus seiner Jacketttasche: »Meine Liste umfasst noch genau 57 weitere Punkte, soll ich sie Ihnen vorlesen?«
    Hugentobler stand auf, haute dem COO eins in die Fresse, dass seine schwarze Hornbrille wegflog, und sagte: »Okay, das mussten Sie auf Ihr Angebot noch drauflegen. Wie gehen wir’s an?«

Siebenundvierzig
    »Es wären dann einige Rechnungen zu bezahlen«, sagte Müller beim nächsten Daily Briefing, das Kuster als proaktive Maßnahme zur Optimierung der Performance eingeführt hatte.
    »Belästigen Sie mich doch nicht mit so Kleinscheiß«, bellte Kuster aus alter Gewohnheit, »habe Wladimir gestern nicht erreichen können, steht heute ganz zuoberst auf meinem Schedule.«
    Müller ließ sich nichts anmerken und fuhr ungerührt fort: »Büromöbelleasing, Miete an Vetterli & Vetterli,

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