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Zaster und Desaster

Zaster und Desaster

Titel: Zaster und Desaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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kleine Räntierjagd, Spass muss sein, und dann Lagerfeuer mit dän Tschutschken, das ist russischä Sääle und kaine Schwaizär Schokolade. Do swedanja, wenn habe mähr Zeit, wir trinkän Wodka und brächen Brot, wie Ihr sagen: Freundschaft.«
    Klick. Kuster saß wie ein begossener Pudel an seinem Schreibtisch, den Hörer immer noch ans Ohr gepresst. Da machte es ein zweites Mal klick im Hörer. Kuster sprang wutentbrannt auf, raste zur Türe und riss sie auf. Müller hatte die Hand immer noch auf dem Telefon und lief leicht rötlich an.
    »Das ist der Gipfel«, brüllte Kuster, »Sie sind entlassen. Fristlos. Geben Sie mir sofort Ihren Badge, Sie werden hinausbegleitet.«
    Müller stand auf, nestelte den Büroschlüssel von seinem Bund und warf ihn auf den Schreibtisch. »Von wem denn«, sagte er bösartig, »Sie schulden mir dann noch vier Monatslöhne. Und viel Spaß bei der Vermögensverwaltung. Bürgisser wird sich totlachen, wenn ich ihm das erzähle.«

Achtundvierzig
    Ignaz Benz ging federnden Schrittes die paar Meter bis zu Bürgissers Schreibtisch hin. Jung, dynamisch, erfolgreich wollte er wirken, das war er seiner neuen Position als Vize Executive Junior Director Private Banking schuldig. Ein Winnertyp holt das erste Feedback seines Vorgesetzten ein, ein Mann war unterwegs zur Spitze. Doch Bürgisser starrte in seinen Computerbildschirm und ignorierte den Auftritt von Benz vollständig. Ignaz überprüfte kurz den Sitz seiner Krawatte und fragte sich einen Moment lang, ob er sich setzen solle, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, doch dann knöpfte er sich mutig seinen Zweireiher auf und nahm Platz.
    »Ach Benz«, sagte Bürgisser, als hätte er ihn erst jetzt wahrgenommen, »wie ist denn der erste Vormittag so gelaufen?«
    »Super«, sagte Benz, »ich habe mich bereits in die wichtigsten Dossiers eingearbeitet und erste Kontakte geknüpft, ich bin zuversichtlich, dass …«
    Bürgisser unterbrach ihn mit einer ärgerlichen Handbewegung: »Ach ja, und warum musste ich dann Herrn Bachentobler beruhigen, nachdem Sie mit ihm am Telefon gesprochen hatten? Anscheinend haben Sie nicht mal seinen Namen richtig auf die Reihe gekriegt. Jetzt habe ich den mit seinen schlappen 17 Mio wieder an der Backe.«
    Benz begann, leicht zu transpirieren, und unterdrückte nur mühsam den Wunsch, die Überreste eines Fingernagels an seinen Mund zu führen: »Nun, Herr Bachentobel war wohl etwas über die Performance seines Portefeuilles echauffiert, was natürlich vor meiner Zeit liegt, und daher …«
    »Bachentobler heißt der Mann«, unterbrach ihn Bürgisser schneidend, »ein gutes Namensgedächtnis ist etwas vom Wichtigsten für einen Private Banker. Jedenfalls für einen, der nicht nur diesen Titel trägt.«
    Benz konnte sich nicht mehr zurückhalten, da er keinen knabberfähigen Fingernagel an seinem Daumen fand, begann er, am Nagelbett zu nagen.
    Bürgisser schaute ihn leicht irritiert an: »Aber wir wollen uns nicht in Details oder Titeln verlieren, hier braucht es den Blick auf das Wesentliche. Sie haben drei Anrufe gemacht und dreimal einen äußerst miesen Eindruck hinterlassen. Eine vierte Chance gibt’s nicht, dazu ist die Luft hier im Private Banking zu dünn. Wir können und wollen es uns nicht leisten, Kunden zu verlieren, auch wenn die mal kurzfristig etwas verloren haben.« Bürgisser machte eine Pause. Solche Momente liebte er, das war fast so schön wie ein Bonus, fast so schön wie Sex. Das war Macht, Überlegenheit, einen Blitzstrahl niederfahren lassen, einen Wurm zertreten. Und was für einen, dieser Benz mit seinem lächerlichen Bürstenhaarschnitt, der geschmacklosen Krawatte und dieser ekelhaften Angewohnheit, an seinen Fingernägeln zu knabbern. Kriegte von mir die Einladung, mal mit den big boys zu spielen, und hat jämmerlich versagt. Na, dann wollen wir mal, dachte Bürgisser: »Ich muss Ihnen also mitteilen, dass Ihr Arbeitsvertrag per sofort aufgelöst ist.« Benz schluckte und begann, hilflos an seiner Krawatte rumzufingern.
    »Es tut mir leid«, stammelte er, »wenn ich die in mich gesetzten Erwartungen, also ich meine, nun, wenn ich zukünftig meine Aufgaben im Bereich der Chart-Dokumentation, was ja mein angestammtes Gebiet ist, also wenn ich dann vielleicht in einem Jahr …«
    »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt«, unterbrach ihn Bürgisser, »Sie sind entlassen, und zwar fristlos. Als kleines Entgegenkommen habe ich hier«, Bürgisser hob ein Blatt Papier von seinem

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