Zauber der Begierde
Ihr eines Tages denken, ich hätte meine Meinung geändert. Ich
werde sie nicht ändern. Ich verachte Euch. Ihr
habt mir etwas genommen, wozu Ihr kein Recht hattet. Und es gibt nichts, was
Ihr jemals tun könntet, damit ich Euch
verzeihe. Ich hasse Euch!«
»Verachte mich so, wie
du mußt«, sagte er ruhig, immer noch ins Feuer starrend. »Aber jetzt kannst du
mich niemals mehr verlassen. Das ist alles, was zählt.«
LUGHNASSADH (Mittsommer)
Mischt ihr alle, mischt am
Schwalle! Feuer, brenn, und Kessel, walle!
Shakespeare, Macbeth
Kapitel
19
Das Zwielicht kroch mit purpurner Ungeduld aus dem Ozean
hervor über die Klippen und tauchte die Mauern von Dal- keith in tiefes
Karmesin. Von seinem Arbeitszimmer aus beobachtete Hawk durch die geöffneten
Türen an der Westseite das Einsickern der Nacht.
Sie stand am Rande der
Klippen, bewegungslos, ihr samtenes Cape wurde ruhelos vom Wind hin- und
hergerissen. Woran dachte sie nur, während sie blind auf die See hinausstarrte?
Er wußte, woran er denken würde - daß selbst der Wind versuchte, sie
zu entkleiden. Er quälte sich selbst mit der Erinnerung an die erregenden rosafarbenen
Spitzen, von denen er wußte, daß sie unter der Seide ihres Kleides ihre Brüste
krönten. Ihr Körper war für diese Zeit geschaffen worden, für anschmiegsame
Seide und weichen Samt. Um eine vortreffliche Schloßherrin abzugeben. Um einem
stolzen Krieger zur Seite zu stehen.
Was zur Hölle sollte er
nur tun? So konnte es nicht weitergehen.
Er hatte versucht, sie
zu provozieren, in der Hoffnung, daß sie ihn wütend machte, so daß er den Kopf
verlieren und sie mit seinem Körper bestrafen könnte. Doch ein ums andere Mal
hatte sie ihm nur kühle Höflichkeit entgegengebracht, wenn er sie bedrängt
hatte, und mit einer solchen Art von Entgegnung konnte ein Mann verdammt noch
mal nichts anfangen. Er wirbelte weg von der Tür und preßte die Augen zusammen,
um all die quälenden Erinnerungen an die Erscheinung seiner Frau auszulöschen.
Wochen waren vergangen
seit jenem Tag bei der Schmiede - Wochen, angefüllt mit leuchtenden Tagen und
traumhaften Morgendämmerungen, rubinfarbenen Nächten und Mittsommerstürmen.
Und in jenen vorüberziehenden Tagen, diesen Juwelen von Schottlands Sommer,
gab es tausend Wunder, die er mit ihr teilen wollte.
Verflucht! Er hämmerte
mit der Faust auf den Schreibtisch und ließ Papiere flattern und Statuen
umfallen. Sie war sein Weib. Es gab für sie keinen Weg zurück, wo auch immer
sie hergekommen war. Wann würde sie das endlich begreifen und das Beste daraus
machen? Er würde ihr geben, was sie wollte. Alles, außer ihn zu verlassen. Das
niemals.
Sein Leben hatte alle
Wesenszüge einer vergoldeten Hölle auf Erden, und er konnte keinen Ausweg
finden.
So schnell, wie der Zorn
ihn befallen hatte, verflüchtigte er sich auch wieder.
Adrienne. Stumm formten seine
Lippen ihren Namen. Wie sind wir nur in diese Sackgasse geraten? Wie habe ich
das nur anrichten können?
»Geh mit mir spazieren, Mädchen«, sagte er leise, und
sie wirbelte am Rand der Klippen herum, ein atemberaubendes Flackern aus Silber
und Kobaltblau. Seine Farben. Die Farben der Douglas. Unwissend, so schien es,
trug sie sie häufig, oder wußte sie, daß sie in lebendiger Ausführung das
Karomuster des Clans der Douglas zeigte? Und daß kein Name sie mit größerer
Sicherheit als seine Lady ausweisen könnte?
Mit einer Handbewegung
ließ er die Wachen wegtreten. Er mußte sich kostbare Momente mit ihr allein
erschleichen, bevor er abreiste. Nach Stunden inneren Kampfes hatte er sich zu
einigen Entscheidungen durchgerungen. Das erste und wichtigste war seine längst
überfällige Visite in Uster, einem seiner vielen Lehensgüter und zugleich das
unbequemste. Er konnte einfach nicht länger in seinem Liebeskummer seinen
Besitz vernachlässigen. Der Herr hatte sich gelegentlich zu zeigen und hatte
sich um die Belange seiner Dorfbewohner zu kümmern.
Davon abgesehen kam er
hier nicht weiter. Sollte sie in seiner Abwesenheit Adam wählen, dann konnte er
endlich innerlich sterben und fortfahren mit dieser Vortäuschung von Leben.
Genauso hatte er die ersten dreißig-und-ein-paar Jahre überlebt. Was für ein
Narr war aus ihm geworden, zu erwarten, daß der Rest seines Lebens so anders
werden würde?
»Schloßherr Douglas.«
Mit dieser Anrede versetzte sie ihm einen Schlag.
Schweigend gingen sie
zusammen an der Felskante entlang, in Richtung des Waldes.
»Ich werde
Weitere Kostenlose Bücher