Zauber der Leidenschaft
er bloß auf die Idee gekommen, dass du ihm abnimmst, er würde wegen irgendwelcher Pflichten Sex mit einer schönen Frau ablehnen, die ihn geradezu darum anfleht? So einen Quatsch hab ich ja noch nie gehört. Könnte es sein, dass du langsam nachlässt, altes Mütterchen?«
»Du kannst mich mal, Lästerschwester. Die Verlockung war einfach noch nicht groß genug.«
»Soll ich dir vielleicht ein paar Tipps geben?«
Das war ein heikles Thema zwischen ihnen. Nachdem Sabine klar geworden war, dass sie in den kommenden Jahrhunderten mit keinem Mann richtig zusammen sein würde, hatte sie angenommen, dass auch Lanthe aus Solidarität Jungfrau bleiben würde. Als Sabine das zur Sprache gebracht hatte, hatte Lanthe gelacht. Laut. Man konnte es schon fast ein Wiehern nennen.
»Ich verfüge durchaus über einige Fähigkeiten.« Auch wenn Sabines Jungfernhäutchen immer noch intakt war, hatte sie so ziemlich alles andere ausprobiert.
»Ach ja, Sabine – Königin der Ill…«, Lanthe hielt kurz inne, »illegalen Blowjobs.«
Das war gar nicht mal so falsch, denn aufgrund des Verbotslebte jeder Mann gefährlich, der mit Sabine auf Tuchfühlung ging. Sie beneidete Paare, die den ganzen Tag gemeinsam im Bett faulenzen konnten, doch sie lebte in ständiger Furcht, dass Vrekener auftauchten oder Omort es herausfinden könnte.
Als die Inferi dem Dämon den dünnen Pullover ausgezogen hatten, stieß Lanthe einen leisen Pfiff aus. »Kein Gramm Fett am ganzen Leib.«
Als Sabine zum Bett hinüberging, um besser sehen zu können, folgte Lanthe ihr eifrig.
Der Dämon schien ganz und gar aus verborgener Stärke zu bestehen, aus langen, harten Muskeln, die sich unter seiner Haut abzeichneten. Und doch wirkte er nicht unförmig – zum Glück war er keiner von diesen Muskelprotzen ohne Hals.
Über seinem Bizeps trug er einen breiten Ring aus mattem Gold, den er offensichtlich nicht ablegen konnte. Vermutlich trug er ihn schon seit Jahrhunderten.
»Sieh dir mal das Tattoo an.« Sabine deutete auf einen Punkt unten an seiner Flanke, wo pechschwarze Tinte seine Haut bedeckte. »Es geht noch weiter.« Als sie ihn bewegte, um seinen Rücken sehen zu können, entdeckte sie das Bild eines Drachen, der sich um seinen Leib wand.
In der Ebene von Rothkalina, in einer Gegend, die auch das Reich der Düsternis genannt wurde, lebten angeblich Basilisken, uralte Drachen, die von den Dämonen verehrt wurden.
Männliche Dämonen trugen häufig Tätowierungen, allerdings hatte sie nicht erwartet, dass Rydstrom eine haben würde. Als Sabine mit einem Finger über das Bild strich, zuckten die unnachgiebigen Muskeln darunter.
»Dein Blick wirkt ziemlich begehrlich, Abie.«
»Und?«
»Und … wenn du seine ihm bestimmte Frau bist, dann fühlst du dich vielleicht auch zu ihm hingezogen. Vielleicht könntest du dich verlieben«, sagte sie mit großen, sehnsüchtigen blauen Augen.
Lanthe war ein Widerspruch in sich – eine böse Zauberin, die sich die Liebe wünschte. Sabine hatte nie jemanden getroffen, der sich dermaßen danach sehnte wie ihre Schwester. Sie schien von frühester Jugend an mit ihrem ganzen Sein danach zu suchen. Sie hatte schon Dutzende von Selbsthilfebüchern gelesen und verschlang tragische Liebesgeschichten auf DVD.
»Die einzige Liebe, zu der ich fähig bin, ich schwesterlich«, sagte Sabine. »Du Glückspilz.«
Sabine ging davon aus, dass, wenn es in den letzten fünf Jahrhunderten zu keiner romantischen Bindung gekommen war, es sicherlich auch in absehbarer Zeit nicht passieren würde. Sie hegte schon seit Langem den Verdacht, dass der Teil von ihr, der möglicherweise fähig gewesen wäre, einen Mann zu lieben, bei einem ihrer zahlreichen Tode für alle Zeit gestorben war. Außerdem würde sie niemals jemand anders als Lanthe vertrauen können, und sowohl die gängige Meinung als auch die Bücher ihrer Schwester besagten, dass es ohne Vertrauen keine Liebe gab.
»Jedenfalls bedeutet es noch lange nicht, dass er für mich bestimmt ist, nur weil ich für ihn bestimmt bin.« Die Sorceri glaubten nicht an das Schicksal, darum glaubten sie auch nicht an einen Lebensgefährten, der ihnen vom Schicksal zugeteilt wurde.
Trotzdem würde Sabine mit ihrer Beute vorsichtiger umgehen müssen. Zuneigung zu ihm, genauer gesagt zu seinem Körper oder seinen verführerischen Küssen, würde ihre Lage ziemlich … unangenehm machen, sobald sie mit ihm fertig war.
»Bereit für die Hose?« Lanthe klatschte in die Hände und rieb sie
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