Zauber der Sonneninsel
Katastrophe.”
“Vor zehn Jahren hatten wir einen Brand auf Sa Virgen”, entgegnete Torres trocken, “verschuldet von Campern, die sich dort ohne Erlaubnis aufhielten. Alle zwei oder drei Jahre passiert so etwas, und immer sind irgendwelche Naturliebhaber daran schuld.” Sein Blick war kalt. “Menschen wie Sie, Petra.”
“Das ist unfair!”
“Aber es ist wahr. Andererseits brauchen Leute, die eine Kochgelegenheit in ihren eigenen Apartments haben, kein Feuer im Wald anzuzünden.” Er wies auf das Modell der Insel. “Auf jeden Fall wird im Dorf Personal sein, das für alle Notlagen gerüstet ist.”
“Aber Sie können Ihre Gäste nicht die ganze Zeit überwachen. Es wäre doch möglich, dass sich einer von ihnen trotzdem danebenbenimmt.”
“Das Problem gibt es in jedem Hotel. Aber abgesehen davon, werden wir Sa Virgen speziell für Urlauber anbieten, die Ruhe, Einsamkeit und die Natur lieben. Es wird keine Läden geben, keine Nachtclubs, keine Diskotheken.”
“Aber Sie müssen doch einsehen, dass …” Petra gab sich noch nicht geschlagen, und Torres hörte sich geduldig ihre Einwände an. Während sie mit ihm stritt, war die Sonne herausgekommen, schien durchs Fenster und füllte den Raum mit ihrem goldenen Licht. Über der Insel, die Gegenstand ihrer Diskussionen war, flogen jetzt wahrscheinlich die Falken hoch in die klare Luft.
Fast eine Stunde lang versuchte Petra, seine Argumente zu widerlegen. Aber Tomás Torres hatte auf alles eine Antwort. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass sein Plan kein unüberlegter und grausamer Angriff auf die Schönheit der Insel war, sondern tatsächlich ein exaktes und sorgfältig durchdachtes Projekt. Und sie begann zu spüren, dass sie es mit einem Mann von Torres’ Format wohl kaum aufnehmen konnte. Dazu bedurfte es mehr Information und eines sehr viel schärferen Verstandes – wie zum Beispiel Barry Lears.
“Das ist alles neu für mich”, gab sie schließlich zu und betrachtete das Modell nachdenklich. “So etwas habe ich noch nie gesehen.”
“Keiner hat das bisher. Alles, was ich Ihnen erzählt habe, ist streng vertraulich. Aber ich habe es seit langem geplant, und niemand wird mich daran hindern.”
“Wenn Ihr Plan wirklich so gut ist, dann verstehe ich nicht, warum Sie damit nicht schon längst an die Öffentlichkeit gegangen sind.”
“Ich bin nicht verpflichtet, meine Pläne mit irgendjemand zu besprechen.”
“Aber es gibt viele Leute, die das für eine moralische Verpflichtung halten”, erklärte sie. “Wenn Sie Ihnen die Wahrheit erzählen würden …”
“Sie akzeptieren also meinen Plan?” unterbrach er sie ironisch.
“Nicht unbedingt”, wich Petra aus. “Mir wäre es lieber, wenn auf Sa Virgen alles so bliebe, wie es ist. Aber ich gebe zu, dass Ihr Plan nicht schlecht klingt. Und deshalb glaube ich, dass Sie zu unserer Versammlung kommen sollten, um die Leute über Ihre Absichten aufzuklären.”
“Halten Sie es denn für möglich, dass Ihre Freunde das alles überhaupt verstehen wollen?” fragte Torres skeptisch.
“Na ja, Sie können dieses Modell natürlich nicht mit in die Ramon-Lull-Halle bringen. Aber trotzdem sollten Sie hingehen. Es ist wichtig, dass Sie Ihren Kritikern einmal Rede und Antwort stehen, und zwar persönlich, nicht durch Vertreter.”
Er sah sie forschend an. “Und wenn Sie mich vertreten würden?”
“Also darauf wollen Sie hinaus”, rief sie empört. “Sie wollen mich zu Ihrer Verbündeten machen! Sie dachten, wenn Sie mich für Ihren Plan gewinnen könnten, würde ich ein gutes Wort für Sie einlegen?”
“So direkt würde ich es nicht ausdrücken. Aber im Prinzip haben Sie Recht. Ich habe gehofft, wenn ich Sie umstimmen könnte, würden Sie mir helfen, auch andere zu überzeugen.”
“Darauf können Sie lange warten”, entgegnete sie wütend. “Ich stehe immer noch auf der Seite der Falken, Señor Torres!”
“Dann sind Sie also gegen mein Projekt?”
“Auf jeden Fall unterstütze ich es nicht”, erklärte Petra entschlossen. “Und eines weiß ich genau: Ihre schmutzige Arbeit für Proyecto Sa Virgen können Sie allein tun!”
Einen Moment starrten sie sich schweigend an. Dann legte Torres den Füllfederhalter beiseite, mit dem er gespielt hatte. Er sah nicht einmal unzufrieden aus. “Bueno. Zumindest haben Sie sich die Wahrheit angehört, und das ist schon ein Anfang. Lassen Sie uns jetzt nicht mehr über Sa Virgen reden. Wir wollen doch nicht den ganzen Nachmittag mit
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