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Zauber der Vergangenheit

Zauber der Vergangenheit

Titel: Zauber der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Goldbach
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war also Vorsicht geboten.
    »Brauchst du immer so lange, um deine Sachen auszupacken?«, fragte sie schnippisch.
    »Tut mir leid, Tante Clara, ich hab mich nur kurz ausgeruht und bin dabei eingeschlafen. Das Autofahren macht mich immer so müde«, sagte ich entschuldigend.
    Gut, das war nicht ganz die Wahrheit, aber ich wollte mich nicht jetzt schon mit ihr anlegen. Tante Batty wandte sich indessen mit einem vorwurfsvollen Seufzer an meine Mutter.
    »Clarissa, ich habe dir immer gesagt, dass das Kind Ärger machen wird. Du solltest sie besser im Auge behalten. Bestimmt hat sie sich gestern Abend wieder ewig mit ihren Freunden herumgetrieben.«
    Bitte was? Ich musste mich verhört haben.
    »Ich treibe mich nicht herum!«, unterbrach ich sie ärgerlich.
    »Werd' nicht frech, junges Fräulein«, schnauzte sie mich an. »Ich weiß genau, wie das bei euch jungen Leuten abläuft. Ihr solltet lieber etwas mehr Zeit in die Schule stecken, als in irgendwelche Flirtereien und Partys. Du bist ohnehin noch viel zu jung für solche Dinge mit deinen zwölf Jahren.«
    Ich spürte, wie der Ärger weiter in mir hochstieg.
    »Ich bin siebzehn!«, entrüstete ich mich. Aber Tante Batty hörte gar nicht zu.
    »Clara, Violet ist keine schlechte Schülerin«, versuchte meine Mutter sie zu beschwichtigen.
    Das stimmte. Ich war zwar nicht Klassenbeste, aber ich musste mich mit meinen Noten auch nicht verstecken. Doch Tante Batty wischte den Einwand meiner Mutter mit einer wegwerfenden Handbewegung beiseite und fuhr unbeirrt fort.
    »Da du nun endlich hier bist, werde ich dir gleich einmal die Regeln für dieses Wochenende erklären.«
    Regeln? Wovon sprach sie überhaupt? Ich dachte, es ginge darum Spaß zu haben.
    »Wie ich bereits in meiner Einladung erwähnte, richte ich an diesem Wochenende eine Jahrhundertfeier aus. Ich wurde eigens vom Vorstand des Vereins denkwürdiger Wirkungsstätten dafür ausgewählt.« Sie blickte Beifall heischend in die Runde.
    »Der Verein denkwürdiger Wirkungsstätten?«, fragte mein Vater sichtlich amüsiert. »Ist das ein richtiger Verein, oder eine Spaßgesellschaft? Ich meine, seit wann ist dieses Haus eine denkwürdige Wirkungsstätte?« Er kicherte.
    »Seit unser Uuuuuuruuuuuruuuuuurgroßvater« – sie betonte jedes Ur mit eindringlichem Nachdruck – »im 18. Jahrhundert hier in diesem Haus einem jungen Künstler gestattete seine Bilder zu malen. Seine Werke wurden berühmt. Unsere Uuuuuuruuuuuruuuuuurgroßmutter selbst hat ihm sogar einmal Modell gestanden«, entgegnete sie sichtlich verärgert über die Bemerkung meines Vaters.
    Ich konnte sehen, wie sie sich aufregte. Immer wenn sie sich ärgerte, begannen ihre Nasenflügel zu zittern und ihr Gesicht lief ganz langsam von unten nach oben knallrot an, bis sie wie ein überdimensionaler Feuerlöscher aussah. Die ersten dunklen Flecken waren bereits zu sehen. Um das Schlimmste zu verhindern, hakte ich lieber schnell nach.
    »Welcher Künstler war das denn?«, fragte ich, darum bemüht, möglichst interessiert zu klingen.
    »Er hieß Alberto Perez«, beantwortete meine Mutter die Frage.
    Tante Batty war offensichtlich überrascht, dass ihre Schwester den Namen kannte.
    »Ja, so hieß er«, stimmte sie mit einem ehrfürchtigen Nicken zu. Die Flecken in ihrem Gesicht wurden wieder etwas blasser. »Auf jeden Fall werden wir hier eine Feier ausrichten, die sich an den Vorgaben der damaligen Zeit orientiert, was sowohl das Essen als auch die Kleidung betrifft. Und ich erwarte, dass ihr alle euch entsprechend anzieht und benehmt. Eure Kleider habe ich schon hier. Aber das hatte ich ja auch auf eurer Einladung notiert.« Das war also des Rätsels Lösung, schoss es mir durch den Kopf. Darauf wäre ich im Leben nicht gekommen. Tante Batty musste dringend mal an ihrer Handschrift feilen. »Violet, für dich habe ich etwas ganz besonders Hübsches herausgesucht«, fügte sie stolz hinzu. »Da du allerdings den Termin mit der Schneiderin verschlafen hast, müssen wir sehen, wie es dir passt.«
    Ich hatte also mein Wochenende tatsächlich für eine Kostümparty geopfert. Dabei versuchte ich schon immer dem normalen Faschingstreiben aus dem Weg zu gehen. Ich verstand einfach nicht, warum sich erwachsene Menschen an ihrem freien Wochenende trafen, um sich zu kostümieren und im Haus meiner Tante so zu tun, als lebten sie im 18. Jahrhundert. Ich überlegte kurz, ob Tante Batty vielleicht doch einer anonymen Selbsthilfegruppe beigetreten war, oder einfach viel mehr

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