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Zauber der Vergangenheit

Zauber der Vergangenheit

Titel: Zauber der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Goldbach
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Ich wollte endlich ankommen.
    Nach circa einer weiteren halben Stunde erreichten wir schließlich die ersten Häuser des Dorfes. Sie sahen alle sehr gepflegt aus, mit wunderschönen, blumenübersäten, wilden Gärten. Um jeden Garten war ein niedriger Gartenzaun gezogen, der wohl eher Tiere und Unkraut draußen halten sollte, als ungebetene Besucher, denn die Zäune waren so niedrig, dass man mühelos darübersteigen konnte.
    Das Dorf selbst zählte kaum mehr als fünfzehn Häuser, die um einen kleinen Marktplatz herum standen. In der Mitte des Platzes befand sich ein alter Steinbrunnen, aus dem gerade ein junges Mädchen mit einem Holzeimer Wasser schöpfte. Unweigerlich fielen mir meine schmerzenden Füße wieder ein. Ich steuerte auf den Brunnen zu. Das Mädchen mit dem Eimer hatte sich bereits auf den Rückweg gemacht. Ich beugte mich über den Brunnen und spritzte mir das kalte Wasser ins Gesicht. Dann setzte ich mich auf die Umrandung, zog meine Schuhe aus und ließ meine Füße in das eiskalte Wasser gleiten. Es war die reinste Wohltat. Meine Füße waren mittlerweile mit Blasen und Striemen übersät.
    Anthony lief unterdessen dem Mädchen hinterher und hielt sie auf. Ich sah, wie sie den Eimer abstellte und ihr langes, blondes Haar nach hinten warf. Dann fiel ihr Blick auf mich. Sie bedachte Anthony mit einem strahlenden Lächeln und zeigte dann in eine Richtung. Anthony nickte und lächelte zurück. Dann lachte sie kurz. Es war ein glockenhelles Lachen. Eines von der Sorte, die man mit einem vielsagenden Augenaufschlag kombinierte. Schließlich nahm sie den Eimer wieder auf und ging davon. Dabei sah sie Anthony, der sich auf den Weg zu mir gemacht hatte, schmunzelnd hinterher.
    »Du lässt wohl auch nichts anbrennen, was?«, fragte ich herausfordernd. Doch er ging nicht auf meine Bemerkung ein.
    »Ich hab sie nur nach dem Weg gefragt«, antwortete er stattdessen betont gelassen.
    »Und das fand sie so lustig?«, forschte ich weiter.
    »Nein, ich musste ihr als Gegenleistung für die Auskunft etwas versprechen«, antwortete er amüsiert.
    »Und was hast du ihr versprochen? Dass du einmal nackt über den Marktplatz läufst?« Er grinste.
    »Wusste ich's doch, dass du das gerne sehen würdest. Nein, ich hab ihr versprochen, dass ich dich in den Brunnen schubse, wenn du das nächste Mal deine Füße reinhältst. Violet, die Leute wollen das Wasser hier noch zum Kochen benutzen. Also, komm schon. Zieh die Schuhe wieder an und lass uns gehen. Das Haus von Mr Conners ist nur zwei Straßen weiter.«
    Ich zwängte mich widerwillig in meine Schuhe und folgte ihm über den Platz in eine der Seitenstraßen.
    Das Haus von Mr Conners unterschied sich optisch nicht von den anderen, nur der Garten war etwas größer und es wuchsen weniger Blumen darin. Stattdessen schien Mr Conners sehr viel Wert auf eine ausgedehnte und gepflegte Rasenfläche zu legen, auf der jeder Grashalm exakt die gleiche Länge hatte. Ich stellte mir vor, wie er mit einem Lineal und einer Nagelschere seinen Garten frisierte, und musste schmunzeln.
    Wir stiegen über den kleinen Zaun und die Stufen zur hölzernen Vordertür empor. Es gab keine Klingel, nur einen altertümlichen Ring, der an einem Löwenkopf aus Messing befestigt war. Anthony griff nach dem Ring und klopfte damit dreimal gegen die Tür.
    Eine Weile schien es so, als würde gar nichts geschehen, doch dann waren Schritte auf der anderen Seite zu vernehmen. Schließlich drehte sich der Türknauf und eine große, schlanke Gestalt erschien im Türrahmen.
    »Sind Sie Mr Conners?«, fragte Anthony höflich.
    »Höchstpersönlich«, antwortete er beschwingt. Mr Conners war ganz offensichtlich einer der wohlhabenderen Bewohner des Dorfes. Er trug eine sandfarbene Stoffhose über, wie es für diese Zeit üblich zu sein schien, kniehohen, weißen Strümpfen und einen dunkelgrünen Gehrock, der mit goldenen Fäden durchwirkt war, die im Licht der Sonne schimmerten. Er war schätzungsweise Ende fünfzig, hatte kurzes, dunkles Haar, einen Schnäuzer und trug ein Monokel im rechten Auge. Ungefähr so hatte ich mir immer Sherlock Holmes vorgestellt.
    »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte er ebenso höflich wie interessiert.
    »Mein Name ist Anthony Clark und das ist Miss Violet Harrison.«, antwortete Anthony und verbeugte sich kurz, bevor er auf mich zeigte. Ich machte automatisch einen Knicks. Ich war mir nicht sicher, ob die Etikette das überhaupt von mir verlangte, aber so hatte ich es

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