Zauber des Orients
Morgen tat, einer Verabredung mit dem Schicksal gleichkam.
Die lästige kleine Stimme in seinem Inneren beschrieb es wesentlich profaner.
Er konnte die Sache drehen und wenden, wie er wollte, schlussendlich würde er Sex mit einem Reagenzglas haben.
Den Samstag hatte er damit verbracht, fünfzig Seiten in reinstem Juristenkauderwelsch zu lesen, wie seine „Spende“ aufbewahrt würde und wie sie benutzt werden konnte.
Danach war ihm das Lesematerial ausgegangen.
Vielleicht hatte er deshalb Sonntagnacht diesen Traum gehabt.
Mit der Blondine. Madison Whitney. Der Traum war heiß gewesen, unglaublich erotisch und … verdammt ärgerlich. Er war ein erwachsener Mann, zum Teufel noch mal, kein sexuell ausgehungerter Teenager!
Das einzig Gute, was die Episode vom Freitagabend gebracht hatte, war die Erkenntnis, dass es als Prinz seine Pflicht war, eine Ehefrau zu finden und nicht ein schnelles Abenteuer. Dennoch zögerte er, als er vor der Tür zur Praxis seines Arztes stand. Stell dich nicht so an, schalt er sich innerlich, hob das Kinn, straffte die Schultern und klingelte.
Die ganze Prozedur ging in wenigen Minuten über die Bühne.
Tariq unterschrieb ein paar Papiere, trat mit einem Glasbehälter in der Hand in einen kleinen Raum und lehnte mit der arroganten Überheblichkeit eines Mannes, der sich seiner eigenen Sexualität sicher war, das Angebot eines Playboy Ma gazins ab …
Doch seine Fantasie ließ ihn im Stich. Rein gar nichts passierte, bis er die Augen schloss und sich an die Blondine erinnerte – an den Geschmack ihrer Lippen, den Duft und die Zartheit ihrer Haut …
Dann, erst dann gelang es ihm, das zu tun, wozu er hergekommen war.
Gott sei Dank konnte er danach die Erniedrigung dieses Morgens und den Zorn auf diese Frau hinter sich lassen.
Madison begann ihre Tage normalerweise in aller Ruhe.
Ihre automatische Kaffeemaschine war so programmiert, dass sie um sechs Uhr morgens ansprang, während ihr Wecker um fünf nach sechs klingelte. Spätestens eine Viertelstunde später stand sie in der Küche, frisch geduscht, angezogen und bereit für die erste Koffeindosis des Tages. Wieder zehn Minuten später hatte sie die Haare geföhnt, ein dezentes Make-up aufgelegt und die Wohnung verlassen.
Montagmorgen funktionierte nichts von alledem.
Der Kaffee war nicht gebrüht. Ihr Föhn gab den Geist auf, als sie ihn anstellen wollte. In ihrer Kommode fand sie keine frische Strumpfhose. Sogar die Wimperntusche streikte. Nachdem sie ein Auge geschminkt hatte, gab die Tube nichts mehr her.
Ihr Fehler. Alles.
Eigentlich hatte sie am Wochenende frischen Kaffee, einen neuen Föhn und Wimperntusche kaufen sowie ihre Wäsche waschen wollen …
Stattdessen hatte sie lauter Dinge getan, die nicht nötig waren.
Zum Beispiel hatte sie ihre komplette Wohnung so lange geputzt, bis auch das Gesundheitsamt sie für keimfrei befunden hätte. Abends saß sie vor dem Fernseher und schaute sich endlose Wiederholungen von Sex and the City an.
„Und weshalb?“, fragte sie ihr Spiegelbild am Montagmorgen im Bad.
Weil sie den Fremden, der sie beinahe verführt hätte, nicht aus dem Kopf bekam. Weil selbst die Erinnerung daran erniedrigend war.
Weil sie tief im Inneren wusste, dass es heuchlerisch gewesen war, ihm die Schuld an allem zu geben.
Er hatte sie nicht über seine Schulter geworfen und davongetragen.
Er hatte sie nicht unter einem Vorwand in das Sommerhaus gelockt.
Er hatte sie geküsst, das hatte er getan, und ihre Libido hatte den Rest besorgt – hatte sie in eine Frau verwandelt, die sie nicht kannte, die zuließ, dass ein Fremder Dinge mit ihr anstellte, die sie immer noch zum Erröten brachten …
Die immer noch Verlangen in ihr auslösten, wenn sie nur daran dachte.
Verdammt.
Es war völlig verrückt, dass ausgerechnet sie sich von der Sorte schmieriger Don Juan den Kopf verdrehen ließ, der im Leben ihrer Mutter aus- und eingegangen war.
Also gut, er hatte hervorragend ausgesehen, aber das taten alle Don Juans. Groß. Dunkel. Umwerfend. Dazu einen Touch Exotik.
Madison schnaubte verächtlich.
Vermutlich war er in Brooklyn geboren – warum verschwendete sie überhaupt ihre Zeit damit, an ihn zu denken?
Zur Hölle mit der Strumpfhose. Dem glatten, gezähmten Haar. Kaffee? An der Ecke lag ein Starbucks. Sie musste sich auf die Gegenwart konzentrieren, nicht auf die Vergangenheit.
Rasch zog sie sich an. Bequem. Weiße Bluse. Hellrosa Rock. Weiße Sandalen mit moderatem Absatz, keine
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