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Zauber einer Winternacht

Zauber einer Winternacht

Titel: Zauber einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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richtig gewesen wäre. Nicht für Michael, nicht für dich oder mich. Weil ich euch beide viel zu sehr liebe.«
    Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und bemühte sich, in ihren Augen zu lesen. »Du wärest nicht sehr weit gekommen.«
    Das Lächeln breitete sich langsam auf ihrem Gesicht aus. »Ich hoffe nicht. Gabriel, ich weiß, was ich tun muss, und ich weiß auch, dass ich es tun kann.«
    Er schwieg, dachte über ihre Worte nach. Erst redete sie von Liebe und gleich danach davon, was sie allein tun würde, nicht davon, was sie beide tun würden. »Allein?«
    »Falls nötig. Ich weiß, du siehst Michael auch als dein Kind an. Dennoch musst du wissen, dass es ziemlich mies und schmutzig werden wird, wenn Lorraine wirklich ihre Klage durchzieht. Und was dabei über mich behauptet werden wird, wird auch dich und deine Familie betreffen.« Sie zögerte, während sie all ihren Mut zusammennahm, um ihm die Wahl zu lassen. »Wenn du mit dem, was mir jetzt bevorsteht, lieber nichts zu tun haben möchtest, so verstehe ich das.«
    Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, waren seine Wahlmöglichkeiten beständig geringer geworden. Als sie ihm Michael in die Arme gelegt hatte, waren sie gleich null geworden. Weil er nicht wusste, wie er es ihr erklären sollte, ging er die Sache einfach ganz konkret an.
    »Wo ist Michael?«
    Die Erleichterung ließ sie fast schwindlig werden. »Er ist bei deiner Mutter.«
    »Dann holen wir ihn jetzt ab und nehmen ihn mit nach Hause.«

11. K APITEL
    Schlafen konnte sie nicht. Erinnerung und Fantasie, beide arbeiteten gegen Laura, während sie Revue passieren ließ, was geschehen war und was noch geschehen konnte. Es war jetzt fast ein Jahr her, dass sie aus Boston geflohen war. Und nun, Tausende von Meilen entfernt, hatte sie beschlossen, den Kampf aufzunehmen. Aber sie war nicht mehr allein.
    Gabriel hatte sich nicht damit begnügt, um einen Sprechstundentermin bei seinem Anwalt zu bitten. Er hatte angerufen und noch für den Abend ein Treffen arrangiert.
    Ihr Leben, ihr Kind, ihre Ehe und ihre Zukunft waren bei Kaffee und Keksen im Salon durchdiskutiert worden, während sich von der Bucht her eine tief liegende Nebelbank über das Land geschoben hatte. Die anfängliche Peinlichkeit, mit einem Fremden über ihr Leben, ihre erste Ehe und ihre Fehler zu sprechen, war fast unerträglich geworden und hatte sich dann gelegt. Es kam ihr vor, als redete sie über die Erfahrungen eines anderen Menschen, je offener darüber gesprochen wurde, je genauer die Details geklärt wurden, desto weniger Scham empfand sie.
    Matthew Quartermain war seit vierzig Jahren der Anwalt der Bradleys. Er war ein barscher, mit allen Wassern gewaschener Mann und, trotz seiner übertrieben konservativen Aufmachung, nicht so leicht zu schockieren. Er nickte, machte sich Notizen und stellte Fragen, bis Laura der Mund vor lauter Antworten trocken wurde.
    Quartermains unbeteiligte, sachliche Art machte es ihr leichter, darüber zu reden. Und als die Wahrheit endlich heraus war, fühlte sie sich wie nach einem inneren Reinigungsprozess.
    Endlich hatte sie alles ausgesprochen, all den Schmerz und das Elend in Worte gefasst. Sie hatte sich die Vergangenheit buchstäblich von der Seele geredet.
    Quartermain war von ihrem Entschluss wenig begeistert gewesen, aber sie hatte sich nicht davon abbringen lassen. Bevor irgendwelche juristischen Schritte unternommen würden, würde sie noch einmal mit Lorraine sprechen, von Angesicht zu Angesicht.
    Neben Laura lag Gabriel, ohne einschlafen zu können. Wie ihr, so ging auch ihm das Gespräch mit dem Anwalt nicht aus dem Kopf. Jedes Wort, das ihm wieder in den Sinn kam, steigerte seinen Zorn. Laura hatte Dinge erwähnt, die sie ihm nie erzählt hatte, und Details, die sie ihm zuvor erspart hatte.
    Er hatte nichts von dem blauen Auge gewusst, das sie fast eine Woche lang ans Haus fesselte, nichts von der aufgerissenen Lippe, die Lorraine Gästen gegenüber mit der angeblichen Ungeschicklichkeit ihrer Schwiegertochter erklärte. Laura hatte ihm nichts von den Schlägen erzählt, die es setzte, wenn Tony mitten in der Nacht betrunken nach Hause kam. Nichts von seinen Eifersuchtsanfällen, wenn sie einmal mit einem anderen Mann sprach. Und nichts von der angedrohten Rache und Gewalt, mit der er auf ihren Entschluss, ihn zu verlassen, reagierte.
    Jetzt kannte er jede Einzelheit, jede Grausamkeit, jede Qual.
    Er hatte sie nicht berührt, als sie zu Bett gegangen waren. Er fragte sich, wie

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