Zauber einer Winternacht
die Arme. Er fühlte, wie sie zitterte, und hielt sie noch eine Weile fest. »Du warst wunderbar.« Er küsste sie aufs Haar, bevor er sie losließ. »Eigentlich, Engel, warst du sogar faszinierend. Lorraine wird eine Menge Zeit brauchen, bis sie sich davon erholt hat. Wenn sie es überhaupt jemals tut.«
Ein Gefühl des Stolzes durchströmte sie warm und irgendwie erregend. »Es war nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte«, sagte sie und hielt seine Hand, während sie zum Lift gingen. »Was hatte ich früher für eine Angst vor ihr. Keine zwei Worte habe ich herausgebracht. Jetzt sehe ich sie endlich als das, was sie ist. Eine einsame Frau, gefangen im Netz ihrer selbst auferlegten Familienehre.«
Gabriel lachte geringschätzig, als die Fahrstuhltür sich öffnete. »Mit Ehre hat das nicht viel zu tun.«
»Nein. Aber sie sieht es so.«
»Ich sage dir was.« Er drückte auf den Knopf für die Hotelhalle. »Wir werden den Rest des Tages nicht mehr an Lorraine Eagleton denken. Wir werden sogar eine ganze Weile nicht mehr an sie denken. In der Nähe gibt es ein kleines Restaurant. Nur ein paar Blocks entfernt. Nicht zu ruhig und sehr teuer.«
»Es ist zu früh fürs Abendessen.«
»Wer hat etwas von Abendessen gesagt?« Er legte ihr den Arm um die Taille, als sie die Hotelhalle betraten. »Wir suchen uns einen Tisch am Wasser und leeren eine Flasche Champagner. Und ich werde beobachten, wie alle meine wunderschöne Frau anstarren.«
Seine Worte ließen es ihr warm ums Herz werden, und es schlug heftiger, als er ihre Hand an die Lippen führte. »Meinst du nicht, wir sollten mit dem Feiern warten, bis Lorraine sich entschieden hat?«
»Dann werden wir auch feiern. Aber jetzt möchte ich etwas anderes feiern. Ich bin der erste Mensch, der einen Feuer speienden Engel erlebt hat.«
Lachend ging sie mit ihm nach draußen. »Vielleicht nicht zum letzten Mal. Eigentlich …«
»Eigentlich was?«
Sie sah zu ihm hoch. »Eigentlich speie ich ganz gern Feuer.«
»Das klingt, als müsste ich mich zukünftig gehörig in Acht nehmen.«
12. K APITEL
»Du siehst erschöpft aus.« Amanda warf Laura einen fragenden Blick zu, als sie ins Haus trat.
»Michael zahnt.« Die Erklärung war durchaus plausibel, aber es lag nicht nur an ihrem unruhigen Baby, dass Laura nachts wenig Schlaf fand. »Er schläft seit ganzen zehn Minuten. Vielleicht hält er ja mal eine Stunde am Stück durch.«
»Warum gönnst du dir nicht auch ein Nickerchen?«
Amanda war bereits in den Salon geeilt, und Laura folgte ihr. »Weil du angerufen und deinen Besuch angekündigt hast.«
»Oh.« Mit einem leisen Lächeln nahm Amanda Platz und warf ihre Handtasche auf den Tisch. »Das habe ich. Nun, ich will dich nicht lange aufhalten. Gabriel ist nicht zu Hause?«
»Nein. Er sagte, er müsse sich um etwas kümmern.« Laura setzte sich ihrer Schwiegermutter gegenüber hin und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Auch der kleinste Luxus war manchmal himmlisch. »Kann ich dir etwas holen? Kaffee oder etwas Kaltes?«
»Du siehst nicht aus, als ob du wieder auf die Beine kommst. Nein, danke, ich möchte nichts. Wie geht’s Gabriel?«
»Der hat in der letzten Zeit auch nicht viel Ruhe bekommen.«
»Das wundert mich nicht. Habt ihr schon etwas von Lorraine Eagleton oder ihrem Anwalt gehört?«
»Nichts.«
»Ich nehme nicht an, dass du dich zu der Auffassung durchringen kannst, keine Nachricht sei eine gute Nachricht.«
Laura lächelte schwach. »Ich fürchte, das kann ich wirklich nicht. Je länger diese Sache dauert, desto schlimmer werden die Dinge, die ich mir ausmale.«
»Und wenn sie damit vor Gericht zieht?«
»Dann werden wir kämpfen.« Trotz ihrer Erschöpfung fühlte sie, wie die neu gewonnene Kraft sich in ihr regte. »Ich habe jedes Wort gemeint, das ich ihr gesagt habe.«
»Das wollte ich hören.« Amanda lehnte sich zurück und rückte die Nadel an ihrem Revers zurecht. Etwas zu schmal, etwas zu blass, dachte sie, während sie Laura musterte. Aber alles in allem schien ihre Schwiegertochter die Sache gut zu verkraften. »Wenn ihr das hinter euch gebracht habt, könnt ihr euch überlegen, wie ihr euch das weitere Leben einrichten wollt.«
Laura zwang sich, wach zu bleiben. »Was meinst du damit?«
»Nun, Gabriel hat seine Kunst, ihr beide habt Michael und dann vielleicht noch so viele Kinder, wie ihr haben möchtet.«
Amandas Worte vertrieben ihre Müdigkeit schlagartig. Über mögliche Geschwister für Michael hatten sie noch nie
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