Zauber-Schloss
Nichts und niemand hatte irgend etwas Auffälliges bemerkt.
Dann hatte Hüpfer eine Idee. »Wenn sie das Opfer einer faulen Sache geworden sein sollte, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß irgend eine andere Person dafür verantwortlich ist. Also müssen wir feststellen, wo sich jede lebende Person zur Zeit ihres Verschwindens aufgehalten hat.«
»Sie haben eine ungewöhnlich scharfe Beobachtungs- und Kombinationsgabe«, sagte König Roogna zu der Spinne. »Sie gehen die Dinge von völlig neuen Richtungen her an.«
»Das ist nur zu natürlich, wenn man Augen im Hinterkopf hat«, meinte Hüpfer nüchtern.
Sie überprüften die anderen. Die Zentauren hatten die Zombies auf den Mauern bei der Wache unterstützt. Dor, Hüpfer und König Roogna hatten geschlafen. Der Zombiemeister hatte bis in die frühen Morgenstunden gearbeitet, war kurz auf die Toilette gegangen und hatte sich von dort zu seiner Pritsche begeben. Der Magier Murphy hatte einen harmlosen Rundgang auf dem Gelände gemacht, hatte ebenfalls die Toilette aufgesucht und sich dann schlafen gelegt. Die Neo-Zauberin Vadne hatte dem Zombiemeister geholfen, war aber kurz bevor er Millie entlassen hatte zur Damentoilette gegangen. Sie war zurückgekehrt, um noch lange mit dem Zombiemeister zu arbeiten, und hatte sich danach in ihrem Zimmer schlafen gelegt. Also nichts.
»War Millie auch auf der Damentoilette?« fragte Hüpfer.
»Oft. Junge Frauen gehen häufig an diesen Ort.«
»Ist sie beim letzten Mal wieder herausgekommen?«
Die Männer starrten ihn an. »Dort haben wir noch gar nicht nachgesehen!« rief Dor.
»Ihr Männer sollt bloß aufhören, an einem solchen Ort herumzuschnüffeln!« protestierte Vadne. »Das ist unanständig!«
»Wir werden nur reine Sachfragen stellen«, beruhigte der König sie. »Nichts Intimes.«
Vadne wirkte zwar immer noch nicht zufrieden, protestierte aber nicht weiter. Sie begaben sich zur Damentoilette, wo Dor die Tür betont beiläufig fragte: »Ist Millie gestern abend hier reingegangen?«
»Ist sie. Aber ich werde dir nicht verraten, wozu«, erwiderte die Tür geziert.
»Ist sie danach wieder herausgekommen?«
»Jetzt, wo du’s erwähnst – nein«, sagte die Tür überrascht. »Die muß aber viel zu tun gehabt haben!«
Dor blickte hoch und sah, wie eines von Hüpfers grünen Augen ihn ansah. Jetzt hatten sie Millie gefunden! Fast.
Sie traten ein. Die Toilette war leer.
»Sie ist nicht hier«, sagte Dor enttäuscht.
»Dann ist sie auch hier verschwunden«, schloß der König. »Befragen Sie jeden Gegenstand hier, wenn es sein muß, bis wir genau wissen, wie sie verschwunden ist.«
Dor tat, wie ihm geheißen. Millie war hereingekommen, zu einem Waschbecken geschritten, hatte ihr hübsches, aber müdes Gesicht in einem mundanischen Spiegel betrachtet – und da war Vadne hereingekommen. Vadne hatte die magische Laterne ausgelöscht. In der Dunkelheit hatte Millie überrascht und entsetzt aufgeschrien, und es hatte ein Wischen wie von herumwirbelnden Haaren gegeben, ein Fußgetrappel auf dem Boden – und das war auch schon alles.
Vadne hatte den Raum allein verlassen. Das Licht war bis zum Morgen gelöscht geblieben – und am Morgen war kein Anzeichen von Millie zu sehen gewesen.
Vadne bewegte sich langsam auf die Tür zu. Hüpfer warf plötzlich eine Schlinge und hatte sie auch schon verzurrt und damit ihre Flucht verhindert. »Ihr wart das also!« rief der Zombiemeister, das hagere Gesicht vom Zorn verzerrt.
»Das habe ich nur für Euch getan«, sagte sie und versuchte zu bluffen. »Sie hat Euch ohnehin nicht geliebt; sie liebte Dor. Und außerdem ist sie bloß eine Feld-Wald-und-Wiesen-Maid und kein Talent von Magierformat. Ihr braucht eine –«
»Sie ist meine Verlobte!« schrie der Zombiemeister. Dor konnte seine Gefühle gut verstehen. Der Mann liebte Millie – wie Dor auch. »Was hast du mit ihr gemacht, du Schlampe?«
»Ich habe sie dort aufbewahrt, wo du sie niemals finden wirst«, sagte Vadne wütend.
»Das ist Mord«, sagte König Roogna grimmig.
»Nein, ist es nicht!« rief Vadne. »Ich habe sie nicht umgebracht. Ich habe sie lediglich… umgewandelt.«
Dor erkannte ihre Strategie. Eine Tote hätte der Zombiemeister wieder als Zombie auferstehen lassen können. Doch so war er hilflos.
»Wir reißen den ganzen Laden in Stücke, bis wir sie gefunden haben!« rief der König.
»Und dann?« fragte Vadne. »Was wollt Ihr dann tun? Ohne mich könnt Ihr sie nicht wieder in ihre dumme
Weitere Kostenlose Bücher