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Zauber-Schloss

Titel: Zauber-Schloss Kostenlos Bücher Online Lesen
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verschränkte Dor wieder seine Arme.
    Die Spinne schnatterte. »Aha«, sagte die Scheide. »Jetzt weiß sie, daß sie dich überrumpelt hat. Nun kauerst du dich vor Entsetzen zusammen. Sie kann dich jetzt ohne jeden Widerstand verspeisen.«
    Jetzt verwandelte sich Dors Verlegenheit in Zorn. »Jetzt hör mir mal gut zu, Ungeheuer!« bellte er und schüttelte seine linke Faust vor dem haarigen grünen Gesicht des Wesens. »Ich will nicht unbedingt gegen dich kämpfen, aber wenn du mich dazu zwingst –«
    Erneutes Schnattern. »Endlich!« sagte die Scheide. »Du hast dich dafür entschieden, ihr auf gleicher Stufe entgegenzukommen, sagt sie, weder drohend noch verzagt. Sie ist fremd hier und bereit, einen Pakt mit dir zu schließen.«
    Erstaunt und zufrieden blieb Dor so stehen, wie er gerade war. Die Spinne schob ihr linkes Vorderbein vor. Dor rührte sich nicht, um nicht wieder mißverstanden zu werden. Langsam hob sich das segmentierte Bein, bis die faustähnliche Spitze Dors Faust berührte. »Pakt«, sagte die Scheide.
    »Pakt«, stimmte Dor erleichtert zu. Plötzlich sah das Ungeheuer gar nicht mehr so scheußlich aus. Sein grüner Pelz sah auf seine Weise sogar ausgesprochen elegant aus, und seine Augen glühten wie makellose Juwelen. Der obere Teil seines Leibes war buntgefleckt, so daß er von oben einem lächelnden menschlichen Antlitz ähnelte: zwei runde schwarze Pelzaugen, ein weißer Pelzmund, ein dichter schwarzer Schnurrbart und eine zartgrüne Gesichtsfarbe. Vielleicht diente dieses Gesichtsbild dazu, Raubtiere abzuschrecken, obwohl Dor sich fragen mußte, welches Wesen es wohl auf eine Spinne dieser Größe abgesehen haben könnte. Die acht Beine waren grau, die beiden Fänge orangebraun, und einige der Augen waren von langen Haarbüscheln umrahmt. Eigentlich war es ein recht hübsches Geschöpf, wenn auch sehr furchteinflößend.
    Plötzlich griffen die lauernden Kobolde im Rudel an. Dors Körper reagierte. Er wirbelte herum, zog sein Schwert und hieb auf den nächsten Gegner ein. »Ich dürste nach deinem schwarzen Blut, du Gezücht der Dunkelheit!« rief das Schwert in einem fröhlichen Singsang. »Komm und laß mich dein verfaultes Fleisch kosten!«
    Die Kobolde ließen sich davon kaum beeindrucken. Zwei von ihnen stürzten auf Dor zu. Sie waren nur halb so groß wie er, und ihre unproportionierten, übergroßen Extremitäten ließen sie wie grausame Karikaturen des Guten Magiers Humfrey aussehen. Doch dort, wo der Magier lediglich verdrießlich aussah, sahen sie bösartig aus. In ihren mißgestalteten Gesichtern funkelte eine unglaubliche Gemeinheit. Ihre Körper waren dünn wie Krautstengel und bucklig. Sie waren primitiv bewaffnet mit Steinen, Holzsplittern und kleinen, dornigen Ästen.
    »Zurück!« schrie Dor und schwang sein hungriges, durstiges Schwert. »Ich will euch nicht weh tun!« Aber gefühlsmäßig wollte er ihnen doch weh tun: Ohne ersichtlichen Grund durchflutete ihn plötzlich ein gewaltiger Haß. Er haßte eben einfach Kobolde. Vielleicht eignete das jedem Menschen, diese Abscheu vor den Karikaturen des Menschen. Etwas völlig Fremdes wie die Spinne konnte man ja noch dulden, aber etwas, das so aussah wie ein verzerrter Mensch –
    Dann sprang er in die Luft. Ein dritter Kobold hatte sich seitlich an ihn herangeschlichen und ihn in den Oberschenkel gebissen. Es tat entsetzlich weh. Dor verpaßte ihm einen Faustschlag auf den Kopf – das tat ja noch mehr weh! Der Kopf des Kobolds war hart wie Stein. Dor versuchte, mit der Linken das Geschöpf am Arm zu packen und fortzuschleudern, doch es klammerte sich zäh an ihn fest, brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht und fuhr fort, an ihm zu nagen. Inzwischen kamen die anderen näher, blickten mit runden, glänzenden Augen die glitzernde Klinge an und versuchten, ungeschoren an ihr vorbeizukommen. Dahinter tauchten immer mehr Kobolde auf.
    Da schob sich ein haariges Bein zwischen den Kobold und Dors Bein und drückte seitlich nach außen. Der Kobold wurde wutheulend fortgerissen.
    Dor drehte sich um – und blickte geradewegs in ein Auge des Spinnenungeheuers. Er sah seine eigene Spiegelung: ein großes flaches, bärtiges Männergesicht, völlig anders als sein eigenes, selbst wenn man die Verzerrung der Linse mitberücksichtigt. »Äh… danke«, sagte er.
    Da sprangen ihn die beiden vordersten Kobolde an. Ihre kleinen, knorrigen Beine besaßen eine enorme Sprungkraft, vielleicht auch deswegen, weil ihre Körper so klein und leicht

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