Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauber-Schloss

Titel: Zauber-Schloss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
die Aufmerksamkeit des Hurra-Vogels. Er stürzte auf den Ast – und die Spinne sprang zwanzig Fuß weiter auf einen anderen Ast. Sie schnatterte laut. Dor wußte, daß der Vogel Hüpfers eigentliche Worte nicht verstehen konnte, aber ihr Ton war ganz unmißverständlich.
    Aber warum sollten Vögel nicht auch Spinnensprache verstehen? Die beiden Arten hatten schließlich oft genug miteinander zu tun. Was nur einmal mehr zeigte, wie mutig Hüpfer war, denn das, was er am meisten fürchtete, waren Vögel. Um seinen Freund und eine Fremde zu retten, bot sich die Spinne seinem eigenen Alptraum von einer Gefahr als Lockmittel an.
    »Das kannst du aber besser, Krächzkopf!« schnatterte Hüpfer. Dann machte er einen weiteren Satz, während der Vogel sich in der Luft überschlug. Der Hurra-Vogel war äußerst wendig für seine Größe.
    Nach mehreren erfolglosen Versuchen begriff der Vogel, daß Hüpfer zu schnell war, um sich fangen zu lassen. Das war auch ganz gut so, denn die Übersetzungen der Beleidigungen der Spinne ließen die zierlichen Ohrmuscheln des Mädchens inzwischen erröten. Der Hurra-Vogel blickte umher und hielt nach weiterer Beute Ausschau. Zum Glück brauchten sie sich nur still zu verhalten.
    Dor versuchte, seinen ermüdenden Arm zu bewegen, und veränderte seinen Griff. Das Mädchen rutschte ein Stück hinab, und ihre Brust wurde etwas gequetscht. Sie schrie auf, fast ohne vorher einzuatmen, und brachte ihn damit aus der Fassung.
    O nein! Dor hatte beim Versuch, sich mit der Rechten zusätzlich am Ast festzuklammern, ihren Mund freigegeben. Was für ein dämlicher Fehler! Der Hurra-Vogel reagierte sofort, als er den Schrei hörte, und jagte direkt auf sie herab. Hüpfer befand sich hinter seinem Rücken und konnte ihn deshalb auch nicht ablenken. Der Hurra-Vogel hatte ein Gespür für leichte Beute.
    Dor hatte einen verzweifelten Einfall. Er durchsuchte hastig die Taschen des Mädchens mit seiner Rechten. Sie schrie auf, als würde man sie belästigen, was ja nicht ganz falsch war, doch schließlich hatte er die Zuchtperlen aus dem Nest gefunden. »Worüber ärgerst du dich am liebsten?« fragte er und warf die erste Perle in die Luft.
    »Da bin ich ganz neutral«, erwiderte die Perle. »Aber ich hasse Leute, die mich von Ästen schmeißen!« Sie fiel hinunter und war nicht mehr zu sehen – doch der Hurra-Vogel, der ihre Stimme gehört hatte, flog hinter ihr her.
    Hüpfer kam auf sie zu, halb sprang er, halb schwang er sich herüber. »Ausgezeichnete List!« schnatterte er. »Wirf die nächste zur Seite, dann lasse ich euch leise zu Boden gleiten.«
    »In Ordnung!« sagte Dor. Er blickte das Mädchen an. »Und wage es bloß nicht, zu schreien!« warnte er sie.
    Sie holte Luft, um zu schreien.
    »Sonst kitzle ich dich!« drohte er.
    Das genügte. Eingeschüchtert atmete sie wieder aus. Sie reichte ihm sogar eine Perle aus der Brusttasche ihrer Schürze, damit er sie nicht selbst hervorzukramen brauchte. Das war fast kooperativer, als ihm lieb war…
    »Und worüber ärgerst du dich gerne?« fragte er die Perle und warf sie beiseite.
    »Ich hasse unkultivierte Leute, die keine kultivierten Perlen zu schätzen wissen!« schrie sie.
    Sie hörten ein »Hurraahh!« in der Ferne, als der Vogel ihr nachflog. Der wußte kultivierte Perlen aber nicht zu schätzen!
    Als sie am Boden angekommen waren, da waren ihnen die Perlen beinahe ausgegangen – aber außer Gefahr waren sie nun auch. Sie hatten den Vogel abgehängt. Dor sammelte ein paar Stöcke ein, für den Fall, daß der Hurra-Vogel wiederkehrte, dann machten sie sich zu dritt eilig auf den Weg.
    »Siehst du!« rief der Ring an Dors Finger. »Ich habe dir deinen Wunsch erfüllt. Jetzt bist du sicher unten angekommen!«
    »Dagegen läßt sich wohl kaum etwas einwenden«, mußte Dor zugeben. Aber innerlich bewahrte er sich einen gesunden Zweifel.
    Dor schätzte, daß sie nun ziemlich nahe an Schloß Roogna sein mußten, da der Hurra-Vogel sie in die richtige Richtung getragen hatte, aber der Tag ging seiner Neige entgegen, und er wollte nichts überstürzen, damit sie nicht wieder in eine Falle liefen. Also machten sie sich auf die Suche nach etwas Eßbarem und entdeckten ein paar Lakritzsträucher, eine Apfelkiefer und ein paar Eisteeblätter. Hüpfer nibbelte an einem Stück Lakritz, behauptete aber, daß ihm Schalentiere besser schmeckten. Das Mädchen hatte die Spinne endlich als Begleiter akzeptiert und ließ es sogar zu, daß Hüpfer sie zur Nacht

Weitere Kostenlose Bücher