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Zauber-Schloss

Titel: Zauber-Schloss Kostenlos Bücher Online Lesen
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vertäute. Sie fürchtete sich vor Käfern und Erdtieren, gab sie geziert zu, und im Augenblick war sie auch nicht gerade wild auf Vögel, die in Bäumen hausten.
    So hingen die drei bequem an seidenen Fäden, geschützt vor den Beutejägern von oben wie von unten. Das Spinnendasein hatte auch seine Vorteile, mußte Dor einräumen.
    Hüpfer schwieg schon bald. Zweifellos war er eingeschlafen und erholte sich von seinen beachtlichen Anstrengungen. Doch Dor und das Mädchen unterhielten sich noch eine Weile miteinander, allerdings mit leiser Stimme, um keine ungewünschte und/oder gefährliche Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Woher kommst du?« wollte sie wissen. »Wohin gehst du?«
    Dor antwortete ihr so knapp wie möglich, wobei er die Einzelheiten über sein Alter und über das Verhältnis von seiner Welt zu ihrer ausließ. Er erzählte ihr, daß er aus einem fremden Land gekommen sei, das diesem hier zwar ähnelte, jedoch sehr weit davon entfernt sei, und daß er den Zombiemeister suche, der ihm ein Elixier bereiten solle, um einem Freund von ihm, Dor, zu helfen. Er erzählte, daß Hüpfer aus demselben Land stamme und sein treuer Freund sei. »Schließlich wären wir ohne Hüpfer nie aus dem Nest des Hurra-Vogels entkommen.«
    Ihre eigene Geschichte war ebenfalls sehr schlicht. »Ich bin ein Mädchen von knappen siebzehn Lenzen, aus dem Westdorf an der schönen Meeresküste, wo die Hypno-Kürbisse wachsen. Ich reise in die neue Hauptstadt, um dort mein Glück zu machen. Aber als ich einen hohen Felsgrat überquerte, um den Tigerlilien auszuweichen, denn die finden ja großen Geschmack an süßen jungen Dingern, diese Lilien des Tales, da hat mich der Hurra-Vogel erspäht. Und obwohl ich geschrien und getreten und mein Haar umhergeworfen habe, wie eine Maid das zu tun hat… na ja, den Rest kennst du ja.«
    »Wir können dir dabei helfen, zum Schloß Roogna zu gelangen, denn wir wollen ja auch dorthin«, erwiderte Dor. Das war vermutlich kein besonders merkwürdiger Zufall, denn schließlich war das Schloß der gesellschaftliche und magische Mittelpunkt Xanths. Wahrscheinlich begab sich jeder, der überhaupt irgend etwas darstellte, zum Schloß Roogna.
    Sie klatschte in der ihr eigenen mädchenhaften Art in die Hände und zappelte mit der verlockenden weiblichen Anmut, die ihr ebenfalls zu eigen war, in ihrem Netz. »Ach ja, wirklich? Das wäre ja wunderbar!«
    Dor war ebenfalls erfreut. Sie war wirklich eine entzückende Begleiterin. »Aber was hast du auf Schloß Roogna vor?« fragte er.
    »Ich hoffe, daß ich dort als Kammerzofe eingestellt werde, damit ich dort völlig unvermutet einem schmucken höfischen Kavalier begegne, der sich unsterblich in mich verliebt und mich dort herausholt; dann will ich immer glücklich in seinem prunkvollen Haus leben, wo ich doch nur erwartet hatte, bis zum Ende meiner Tage mein Leben als Kammerzofe zu fristen.«
    Trotz seiner Jugend war es Dor klar, daß das eine wohl recht vereinfachende Darstellung und Hoffnung war. Warum sollte ein Höfling eine gewöhnliche Kammerzofe zur Frau nehmen? Aber er war gescheit genug, ihr ihre Illusionen nicht zu nehmen. Statt dessen fiel ihm eine Frage ein, die er bisher völlig übersehen hatte, wahrscheinlich weil er zu sehr mit ihren anderen Eigenschaften beschäftigt war. Mit den Eigenschaften nämlich, mit denen sie so unverhohlen und freizügig umherwarf und -strampelte. »Wie heißt du eigentlich?«
    »Oh!« Sie lachte melodisch und zappelte kurz in ihrem Netz. »Habe ich dir das noch gar nicht gesagt? Ich heiße Millie.«
    Wie betäubt hing Dor in den Seilen. Natürlich! Er hätte sie eigentlich erkennen müssen! Zwölf Jahre jünger – achthundertzwölf Jahre jünger! – als zu der Zeit, als er sie kennengelernt hatte, jung und unerfahren und hoffnungsfroh, und vor allem unschuldig. Ohne die grimmige Erfahrung eines achthundertjährigen Gespensterdaseins, ein naives hübsches Mädchen, das kaum älter war als er selbst.
    Kaum älter? Fünf Jahre immerhin – und das waren fünf sehr schwerwiegende Jahre. Sie war bereits jeder Zoll eine Frau, während er nur ein Junge von – »Ich wünschte, ich wäre ein Mann!« murmelte er.
    »Gebongt!« rief der Ring an seinem Finger. »Ich ernenne dich hiermit zum Mann!«
    »Was?« fragte Millie sanft.
    Natürlich erkannte sie ihn nicht. Er befand sich nicht nur in einem fremden Körper, er würde auch erst in achthundert Jahren anfangen zu existieren. »Äh, ich wünschte mir gerade nur

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